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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Frankreich (Geschichte)

zusammen 50 Panzerschiffe, 14 im Bau; 4 Torpedokreuzer, 8 Torpedoavisos, 9 im Bau, 8 Hochseetorpedoboote, 17 im Bau, 14 Torpedoboote 1. Klasse, 24 im Bau, 83 Torpedoboote 2., 29 im Bau, 53 Torpedoboote 3. Kl., zusammen 20 Torpedofahrzeuge, 26 im Bau; 150 Torpedoboote, 53 im Bau; 9 gedeckte Kreuzer, 12 Kreuzer 1. Kl., 28 Kreuzer 2. Kl., 6 im Bau, zusammen 49 Kreuzer, 6 im Bau; 20 Schraubenavisos, 16 Kanonenboote; außerdem 64 Transportschiffe; zusammen 305 Schiffe und Torpedoboote, außerdem 99 im Bau, darunter 79 Torpedoboote und Fahrzeuge, und 64 Transportschiffe. Die Schulschiffe und Schiffe für den Hafen- und Werftdienst sind hierbei nicht berücksichtigt. Unter den Panzerschlachtschiffen befinden sich 2, Neptun und Magenta, noch in der Zurüstung. In der Zeit von 1872 bis 1886 sind 450 Mill. Fr. für Schiffsneubauten bewilligt worden, wofür 12 Schlachtschiffe, 12 Schiffe für Küstenverteidigung, 28 Kreuzer, 18 Torpedoboote und einige kleinere Fahrzeuge gebaut werden sollten. Anfang 1891 zählte die Marine 17 Vize-, 30 Konteradmirale, 110 Linienschiffs-, 211 Fregattenkapitäne, 737 Linienschiffsleutnants, 423 Fähnriche, 318 Aspiranten, 151 Maschinenoffiziere; die Marinetruppen zählen 429 Artillerie-, 1332 Infanterie-, 28 eingeborne Offiziere, zusammen 3786 Offiziere, 4742 Beamte, 35,884 Deckoffiziere, Unteroffiziere und Mannschaften, 84 Lotsen, 1965 Veteranen. Die Kriegsstärke soll betragen: 55,000 Mann Marinepersonal,45,500 Mann Infanterie, 9000 Mann Artillerie, 275 Kolonialstraftruppen, 1340 Marine- und Kolonialgendarmerie, 16,000 Mann eingeborne Truppen, zusammen 127,115 Mann. Die Küste ist nach den 5 Kriegshäfen in 5 Haupt- mit je einer Anzahl Unterbezirke geteilt, und zwar Cherbourg mit Dunkerque, Le Havre, Cherbourg; Brest mitt St.-Servan, Brest; Lorient mit Nantes, Lorient; Rochefort mit Bordeaux, Rochefort; Toulon mit Marseille, Toulon, Bastia; die Unterbezirke zerfallen wieder in Quartiere, Unterquartiere und Syndikate. Die Küste von Algerien mit Kriegshafen 2. Klasse Algier ist in 12 Quartiere geteilt. Die Marine hat außer den Schiffswerften in den Kriegshäfen noch Werfte in Saigon und Port de France, Werkstätten in Senegal und Neukaledonien. Im J. 1892 sind die in Dienst gestellten Schiffe wie folgt verteilt: 9 Panzerschiffe, 6 Kreuzer, 8 Avisos und Torpedoboote als Geschwader im Mittelmeer und der Levante; 1 Aviso in Konstantinopel; 6 Panzerschiffe, 4 Kreuzer, 2 Avisos, Reservegeschwader im Mittelmeer und bei den Hyèrischen Inseln; 3 Panzerschiffe, 2 Kreuzer, 3 Avisos und Torpedoboote als Norddivision; 4Kreuzer, 1 Aviso, Flottendivision des Atlantischen Ozeans; 3 Kreuzer, 1 Aviso, Flottendivision des Stillen Ozeans; 1 Panzerschiff, 1 Kreuzer, 1 Aviso, 2 Kanonenboote in Ostasien; 1 Aviso, 4 Schaluppen in Kotschinchina; 3 Kreuzer, 1 Aviso, 2 Schaluppen im Indischen Ozean; 2 Kreuzer im Südatlantischen Ozean. Außerdem sind in Guayana, Senegal, Gabon, Tahiti, Neukaledonien, Algerien und Tunis noch Fahrzeuge für den Stationsdienst stationiert.

Vgl. auch den Artikel Volksvertretung, über den Kolonialbesitz Frankreichs den Art. Kolonien.

Geschichte.

Die Tagung der Kammer im Frühjahr und Sommer 1891 wurde fast ganz von der Beratung des neuen Zolltarifs in Anspruch genommen, welchen der unter dem Vorsitz Mélines vereinigte schutz-zöllnerische Ausschuß ausgearbeitet hatte. Obwohl ernste Stimmen sich gegen die Schutzzollpolitik erhoben, welche F. isolieren müsse, waren in der Kammer die Vertreter der in Frage kommenden Interessen, namentlich der landwirtschaftlichen, übermächtig, und im wesentlichen wurden die Anträge des Ausschusses genehmigt. Die Regierung erhob gegen diese Anträge nur selten Einspruch, um eine Milderung herbeizuführen. Dafür zeigte sich die Mehrheit erkenntlich, indem sie das Ministerium treu gegen die Radikalen unterstützte. Auch in F. wurde der 1. Mai von den Arbeitern gefeiert, und es kam dabei an verschiedenen Orten zu Ruhestörungen, in Fourmies sogar zu einem Zusammenstoß der Menge mit Militär, wobei mehrere Ruhestörer erschossen wurden. Bei einer Interpellation der Radikalen über den Vorfall vertrat der Minister des Innern, Constans, die Beamten und die Soldaten entschlossen und rückhaltlos. Ein radikaler Antrag auf volle und ganze Amnestie für alle Vorfälle am 1 .Mai wurde 8. Mai von der Kannner mit 318 gegen 199 Stimmen abgelehnt, obwohl Clemenceau die Regierung in schwungvoller Rede beschwor, die Einheit unter den Republikanern nicht zu zerreißen. Ein erneuter Amnestieantrag (10. Juli) wurde gar nicht zur Einzelberatung zugelassen. Dagegen wäre das Ministerium Freycinet aus einem andern Anlaß beinahe zu Fall gekommen. Die deutsche Regierung, welche seit den Vorgängen im Februar eine schärfere Handhabung der Paßverordnung an der elsaß-lothringischen Grenze angeordnet hatte, war in den Besitz der Statuten und der Mitgliederliste eines Revanchevereins in Nancy gelangt, der unter der Firma einer gegenseitigen Hilfsgesellschaft den Zweck verfolgte, die Rückkehr von Elsaß-Lothringen zu Frankreich zu betreiben und im Handel und Industrie die fremde Konkurrenz fernzuhalten. Daher wurde von der deutschen Botschaft in Paris Handlungsreisenden, welche Mitglieder dieses Vereins waren, das Paßvisum verweigert. Darauf kündigte der ehemals boulangistische Deputierte Laur eine Interpellation in der Kammer an, ob es wahr sei, daß Graf Münster seit dem Anfang dieses Jahres allen Reisenden französischer Handelshäuser, die Elsaß-Lothringen bereisen wollten, das Paßvisum verweigere. Der Minister des Auswärtigen, Ribot, ersuchte die Kammer 6. Juli, die Interpellation, wenn sie überhaupt aufrecht erhalten werde, zu vertagen. Der Vertagungsantrag wurde aber mit 286 gegen 203 Stimmen verworfen, und nur wegen der Abwesenheit des Ministerpräsidenten verschob die Kammer die Erörterung auf den 17. Juli. Indes besann sich inzwischen die Kammer und beschloß 17. Juli mit großer Mehrheit, aus Rücksicht auf die heikeln Beziehungen zu Deutschland in die Erörterung der Interpellation nicht einzutreten. Die Gelegenheit, für die verlornen Provinzen eine Demonstration zu machen, ließ man sich allerdings nicht ungenutzt entgehen. Der Abgeordnete Pichon sagte: Die Bevölkerungen, welche uns nicht aufgeben, müssen wissen, daß auch wir sie nicht aufgeben«, und Ribot äußerte: »Das republikanische F. fordert niemand heraus, aber es gibt auch nichts auf!« Darauf wurde die Tagung 18. Juli geschlossen.

Verschiedene Umstände trafen zusammen, um die Stellung des Ministeriums, das sich schon so lange behauptet hatte, zu befestigen. Zunächst errang es für F. einen glänzenden Erfolg in der auswärtigen Politik. Schon seit langem strebten die französischen Politiker nach einer Annäherung an Rußland, dessen Bündnis F. für den Fall eines Krieges mit Deutschland die ersehnte Revanche und die Wiedereroberung Elsaß-Lothringens zu verbürgen schien. Die russi-^[folgende Seite]