Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ablaßhahn; Ablaßjahr; Ablaßtafeln; Ablation; Ablativ; Ablauf; Ablaufen; Ablaut; Abläuterungsapparat; Ablegemaschine

50

Ablaßhahn – Ablegemaschine

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Ablaß'

Fegefeuerstrafen. Der A. ist entweder ein vollkommener oder ein unvollkommener. Bei jenem werden alle zeitlichen Sündenstrafen nachgelassen, bei diesem nur ein Teil. Das Maß der unvollkommenen A. wird nach der Zeit bestimmt. Wie in der alten Kirche Tage, Quadragenen (die Zeit der vierzigtägigen Fasten) oder Jahre von der Bußzeit nachgelassen wurden, so werden jetzt A. von einer bestimmten Zahl von Tagen, Quadragenen oder Jahren verliehen. Den Seelen im Fegefeuer können A. direkt nicht verliehen werden; wer aber einen A. gewinnt, kann ihn fürbittweise (per modum suffragii) einem Verstorbenen zuwenden, und diese Fürbitte gilt als immer wirksam.

Die Kirchenversammlung zu Trient hat manche Mißbräuche, namentlich die Geldgewinnste beseitigt. Ihre Verordnung aber, bei der Verleihung der A. Maß zu halten, ist in Vergessenheit geraten. Die A. sind jetzt viel zahlreicher und leichter zu gewinnen als früher. Auch kommt noch in neuern päpstl. Erlassen die Formel vor, daß für dieses oder jenes «gute Werk» «vollkommene Sündenvergebung» verheißen wird. – Vgl. von röm.-kath. Seite: Beringer, Die A., ihr Wesen und Gebrauch (9. Aufl., auf Grund der Arbeiten von A. Maurel und J. Schneider, Paderb. 1887); von prot. Seite: E. Bratke, Luthers 95 Thesen und ihre dogmenhistor. Voraussetzungen (Gött. 1884); Dieckhoff, Der Ablaßstreit, dogmengeschichtlich dargestellt (Gotha 1886).

Ablaßhahn, ein Hahn, der, gewöhnlich am tiefsten Punkte eines Gefäßes angebracht, zum Entfernen einer darin enthaltenen oder, wie bei Dampfcylindern u.a., sich darin ansammelnden Flüssigkeit dient. Im Kesselbau heißt A. oder Abblasehahn der am tiefsten Punkte des Kessels angebrachte Hahn, der zum teilweisen oder gänzlichen Ablassen (Abblasen bei noch vorhandenem Druck im Kessel) des Kesselwassers benutzt wird.

Ablaßjahr, s. Jubeljahr.

Ablaßtafeln, Tafeln, auf welchen im Mittelalter die einer Kirche bewilligten Ablässe in dieser angeschlagen wurden.

Ablation (lat.). Abwaschung, in der Geographie die Erniedrigung der Erdoberfläche durch stoffablösende Wirkung des Wassers und der Luft, besonders aber das Abschmelzen der Gletscher. Ursache ist im letztern Falle namentlich die Sonnenstrahlung und die Verdunstung. Außerdem wirken die Wärme und die Feuchtigkeit der Luft, besonders der Regen, der auch in den Gletscherregionen der Alpen nicht selten fällt, sodann das Schmelzwasser und die Bodenwärme. Die A. wird gehemmt durch die auf dem Eise liegenden Fremdkörper, die Moränen, welche die Eisunterlage schützen, während die schuttfreien Umgebungen rasch einsinken. Thalwärts steigt daher auch aus diesem Grunde die Höhe der Moränen. So besteht die Mittelmoräne des Aargletschers anfangs aus einem nur einige Meter, dann aber 20, 30, ja 50–60 m hohen, mit gleichmäßiger Schuttschicht bedeckten Eiswall. A. rings um vereinzelt liegende, schützende Felsblöcke erzeugt die Gletschertische (s. Gletscher). Als einen Komplex zahlreicher verwachsener Gletschertischpfeiler kann man den Eiswall unter einer Moräne auffassen. Wie aber dicke Schuttschichten die A. verzögern, befördert dieselbe feinverteilter Schutt, der in Gestalt von Schlamm, Sand und Steinchen sogar im Eise selbst eingeschlossen liegt und infolge seiner Wärme absorbierenden Beschaffenheit die A. unterstützt. Der Grad der A. verändert ↔ sich bis zu vollständigem Aufhören nach den Tages- und Jahreszeiten, nach der Witterung, und zeigt große Unterschiede je nach den Verhältnissen. Als mittlern Betrag der jährlichen A. rechnet man in der Firnmulde 1 m, in den mittlern Gletscherhöhen 2–2,5 m, für die Gletscherzunge 3–3,5 m. Während des Sommers übersteigt die A. fast überall die Eisneubildung.

In der Chirurgie heißt A. die Wegnahme eines Körperteils von einem andern, mit dem er vereinigt war. In neuerer Zeit gebraucht man A. gleichbedeutend mit Amputation (s. d.) und Exstirpation (s. d.), während man früher zwischen diesen Ausdrücken noch Unterschiede machte.

Ablativ (lat. ablatīvus), ein Casus der indogerman. Sprachen, dessen Grundbedeutung die der Richtung «woher» ist. In lebendigem Gebrauche haben ihn nur Sanskrit, Zend und die italischen Sprachen (Latein, Oskisch, Umbrisch), doch finden sich in den andern Sprachen Spuren des A. (S. Casus.)


Textfigur:

Ablauf, architektonisches Glied in Form einer Verbindungskehle zweier vertikalen Flächen (s. die beistehende Figur). Ferner ist A. soviel wie Böschung.

Ablaufen, im Seewesen, s. Laufen.

Ablaut, in der deutschen Grammatik der regelmäßige Vokalwechsel der Wurzelsilbe, namentlich in der Konjugation. Die Zusammenstellung der möglichen Vokalveränderungen einer bestimmten Wurzelsilbe heißt die Ablautsreihe, die zwei- bis viergliedrig sein kann; man erhält sie, wenn man von einem ablautenden Verbum zusammenstellt: Präsens 1. Pers. Sing., Perfektum (Imperfektum) 1. Pers. Sing., Perfektum (Imperfektum) 1. Pers. Plur., Participium Passivi, z.B. im Gotischen nima (ich nehme), nam (ich nahm), nēmum (wir nahmen), numans (genommen), oder binda (ich binde), band (ich band), bundum (wir banden), bundans (gebunden) u.s.w. Im Neuhochdeutschen sind die Ablautsreihen häufig durch Ausgleichung der verschiedenen Formen gestört, wie z.B. ich band, wir banden (im Gotischen band, bundum). In neuerer Zeit wird oft auch in der Grammatik der andern indogerman. Sprachen der Ausdruck A. in gleichem oder ähnlichem Sinne angewendet, z.B. zur Bezeichnung des Vokalwechsels der Wurzelsilbe im griech. Präsens λείπω leipō, Perfekt λέλοιπα lé-loipa, Aorist ἔλιπον é-lipon. (S. Vokalsteigerung.)

Abläuterungsapparat, s. Bier und Bierbrauerei und Tafel: Bierbrauerei I, Fig. 6.

Ablegemaschine, eine Maschine zum Ablegen (s. d.) des von einer Setzmaschine (s. d.) hergestellten und zum Druck verwendeten Letternsatzes; sie befördert die Lettern mechanisch entweder direkt in die einzelnen Reservoirs der Setzmaschine und bildet dann einen Teil der letztern, oder sie ordnet als selbständige Maschine die Lettern derart, daß ein Einfügen derselben in die Setzmaschine auf einmal erfolgen kann. Übrigens hat man neuerdings angefangen, bei dem Zeitungsdrucke von Stereotypplatten auf Rotationsmaschinen (s. Schnellpresse) von dem Ablegen und von der Wiederbenutzung der Lettern abzusehen, indem man dieselben sofort nach Herstellung von Matrizen für die Stereotypie einschmilzt und das Metall zum Neuguß von Lettern auf der schnell und vorteilhaft arbeitenden sog. Komplett-Gießmaschine (s. Schriftgießerei) benutzt; diese führt auf einer Schiene die Lettern in zur Einfügung in die Setzmaschine bestimmte Metallröhren.