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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Aktion – Aktivum

gänge, sowie die Beschaffenheit des entleerten Eiters; man findet in demselben regelmäßig kleine gelbe Körner, welche aus einem Gewirr von Pilzfäden bestehen und an der Peripherie in charakteristische kleine keulenförmige Sprossen auslaufen.

Der Aktinomycespilz gehört nach neuerer Auffassung zu den pleomorphen Bakterien, und zwar den Cladothricheen; er bildet kokkenähnliche Ketten, vor allem aber dichte fädige Pilzrasen, welche schon mit bloßen Augen als kleine gelbe Körner in den Eiter- resp. den Geschwulstmassen zu erkennen sind. Das periphere Ende der Fäden zeigt kolbenförmige Anschwellungen (welche dem Pilz den Namen «Strahlenpilz» verschafft haben); dieselben werden gegenwärtig als Involutionsformen aufgefaßt. Der Pilz wurde zuerst bei Tieren von Bollinger (1877), beim Menschen von I. Israel (1878) gefunden, von letzterm sowie namentlich von Boström in Reinkulturen von sehr charakteristischem Aussehen (trockne gelbliche Schuppen) dargestellt. Der Pilz vegetiert auf Getreide und infiziert Tiere oder Menschen, indem er mit Grannen in die Mundhöhle gelangt: die Grannen verletzen entweder die Schleimhaut und bringen den Pilz dadurch direkt in das Gewebe, oder derselbe dringt von hohlen Zähnen aus in dasselbe ein. Zum Zustandekommen der Aktinomyceseiterung gehört übrigens wahrscheinlich noch ein eitererregender, gleichzeitig eingeführter Pilz, etwa Strepto- oder Staphylococcus pyogenes.

Die Prognose ist in den meisten Fällen ungünstig; die Behandlung ist eine vorwiegend chirurgische. – Vgl. Ponsick, Die A. des Menschen, eine neue Infektionskrankheit (Berl. 1882, mit 6 Tafeln).

Aktion (lat.), Handlung, That; auch eine Summe von Handlungen mit einheitlichem Charakter und Zweck, z. B. parlamentarische A. einer Regierung. In der Redekunst die Unterstützung des Wortes durch Gebärde. In neuerer Zeit gebraucht man A. meist in diesem Sinne (theatralische A.), sofern der Darstellende in Bewegungen den Charakter auszudrücken hat, früher auch allgemein für Theaterstück (s. Haupt- und Staatsaktionen). In der Reitkunst ist A. (hohe, flache, runde, leichte, schwere) die Art des Sprungs und Tritts des Pferdes.

Aktĭon, griech. Name der Landspitze Actium (s. d. ).

Aktionär (frz.), Teilnehmer einer Aktiengesellschaft, Aktienbesitzer, s. Aktie und Aktiengesellschaft.

Aktionsturbine, eine Turbine, bei der ausschließlich die lebendige Kraft, die dem Wasser vermöge seiner Geschwindigkeit innewohnt, zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Man unterscheidet solche mit freiem Strahl, bei denen der Wasserstrahl die Schaufelräume nicht ausfüllt, und solche mit geschlossenem Strahl (Grenzturbinen), bei denen der Strahl an den Schaufelwänden anliegt. Gegensatz der A. sind die Reaktionsturbinen (s. d.).

Aktische Spiele, s. Actium.

Aktistēten, s. Monophysiten.

Aktiv und passiv (vom lat. agere, wirken, handeln, thätig sein, und pati, erleiden), «wirkend» und «leidend», zwei Begriffe, die bei Aristoteles zu den Kategorien zählen, während Kant sie auf die Kategorie der Kausalität zurückführt, indem das Verursachende aktiv, das, worauf die Wirkung ausgeübt wird oder welches sie erfährt, passiv genannt wird. In engerer Bedeutung werden sie da gebraucht, wo die Thätigkeit und ebenso ihre Wirkung sich in einem Bewußtsein kundgiebt; die Thätigkeit wird dann bestimmter zur Handlung, das Erleiden zum Erlebnis eines Subjekts, welches freudig oder schmerzlich empfunden wird. Aktiven Widerstand leistet, wer sich thätlich zur Wehr setzt, passiven, wer das Bestreben des andern durch seine Unthätigkeit zu lähmen sucht. Aktives Wahlrecht hat, wer seine Stimme abgeben, passives, wer selbst gewählt werden darf; in aktivem Dienst steht der zur Fahne einberufene Soldat. Bei studentischen Verbindungen heißt aktiv ein jeder, der das öffentliche Auftreten seiner Verbindung in jeder Beziehung mitzumachen verpflichtet ist. Über Aktiv und Passiv in der Sprachlehre s. Aktivum und Passivum.

Aktiva und Passiva. Aktiva sind in der Geschäftssprache die Bestandteile des wirklichen Vermögens, ohne Berücksichtigung der darauf haftenden Schulden, also bares Geld, Wechsel, Wertpapiere, Waren, Gerätschaften, Maschinen und Werkzeuge, Häuser und Grundstücke sowie ausstehende Forderungen; Passiva sind die noch zu lösenden Verbindlichkeiten überhaupt, wie Schulden, Wechselaccepte, rückständige Steuern u. s. w. Beim Verkauf eines Handelsgeschäfts wird angezeigt, der Geschäftsübernehmer habe das Geschäft mit Aktiven und Passiven übernommen, damit die Geschäftsschuldner wissen, daß sie dem Geschäftsnachfolger liefern und zahlen, die Gläubiger, daß sie von ihm fordern können. Das kaufmännische Verzeichnis sämtlicher Aktiva und Passiva heißt Inventar (s. d.), ein das Verhältnis der Aktiva und Passiva darstellender Abschluß dagegen Bilanz (s. d.); die Aktiva nach Abzug der Passiva ergeben das eigentliche Vermögen. Übersteigen die Passiva die Aktiva, so ist Insolvenz (s. Bankrott) da. Über Behandlung der Aktiva und Passiva der Aktiengesellschaften bei Aufstellung der Bilanz giebt das Handelsgesetzbuch (Art. 239a, 240, 244a) noch besondere Vorschriften.

Aktiver Sauerstoff, soviel wie Ozon (s. d.).

Aktivgeschäfte und Passivgeschäfte der Banken, s. Banken.

Aktivhandel und Passivhandel. Mit dem erstern Worte wurde früher wohl der Ausfuhrhandel, mit dem letztern der Einfuhrhandel bezeichnet. Gegenwärtig versteht man unter Aktivhandel die Handelsthätigkeit eines Volks, welches sowohl Ausfuhr wie Einfuhr vorzugsweise mit eigenen Kapitalien und Arbeitskräften betreibt, unter Passivhandel die Handelsthätigkeit eines Volks, das seine Erzeugnisse von Fremden abholen und seinen Bedarf an fremden Waren sich zuführen läßt. Der letztere ist leichter und gefahrloser, entspricht aber einem niedrigern Kulturstande und ist mit dem Fortschritte der Produktion, der die Erwerbung neuer Absatzgebiete verlangt, nicht vereinbar. England und China liefern Beispiele der einen und andern Art. Wo miteinander verkehrende Nationen, wie die meisten Kulturvölker, in Aus- und Einfuhr wetteifern, hört jener Unterschied auf.

Aktivität (lat.), Thätigkeit, Wirksamkeit.

Aktīvum (lat.), in der Grammatik die Gruppe von Verbalformen, die weder medial noch passivisch sind (s. Medium und Passivum). An und für sich deuten die Endungen des A. (s. Personalendungen) kein bestimmtes Verhalten des Subjekts als eines Handelnden an, worauf der Name A. führen könnte. Denn die aktiven Formen sind von urindogerman. Zeit her ebensogut transitiv als intransitiv gewesen, z. B. lat. do «ich gebe» und sum «ich bin». Der Gegensatz von transitiv und intransitiv lag in der Verschiedenheit der Wurzelbedeutung.