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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Alkoholate; Alkohole

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Alkoholate - Alkohole

sondern nur Stärkemehl, wie z. B. die Kartoffeln oder die reifen Samenkörner der Getreidearten (Roggen, Weizen, Reis, Mais). Dann aber muß durch einen eigentümlichen Prozeß das Stärkemehl erst in Zucker verwandelt werden. Es geschieht dies durch die Einwirkung eines in den Pflanzen in geringer Menge vorkommenden Stoffs, der Diastase (s. d.), und man kann den Zuckergehalt der so verwandelten Pflanzenstoffe, z. B. im Malz und in der Maische, an dem süßen Geschmack wahrnehmen. Vermischt man diese zuckerhaltigen Stoffe mit Wasser, wenn sie dasselbe nicht schon, wie der ausgepreßte Saft der Weintrauben, enthalten, und überläßt sie der Gärung, so erhält man einen sehr stark mit Wasser verdünnten und mit vielen andern Stoffen vermengten A. Man nennt diese alkoholhaltige Flüssigkeit, wenn man sie durch Gärung von Traubensaft erhalten, Wein, wenn aus in Wasser eingemaischter, in Malz verwandelter Gerste, Bier. Diese Getränke enthalten aber verhältnismäßig wenig A., die stärksten südländischen Weine, sofern sie nicht mit A. vermischt sind, was freilich bei ihrer Bereitung vielfach geschieht, nie mehr als 14 Proz., die stärksten deutschen Biere etwa 6 Proz. Will man alkoholreichere Getränke haben, so muß man, wie dies bei der Branntweinbereitung geschieht, die durch Gärung erhaltene weingeistige Flüssigkeit der Destillation unterwerfen. Dadurch gewinnt man einen stärkern, 80 - 90 Proz. haltigen A., den sog. Spiritus, den man durch Verdünnung auf 30 - 50 Proz. in ein Branntwein genanntes Getränk verwandelt. Außer der gegorenen Kartoffel- und Kornmaische destilliert man auch noch den Wein und erhält so den Franzbranntwein und Cognac. Auf gleiche Weise gewinnt man auf den Antillen und in Ostindien aus gegorenem Zuckerrohrsaft, auch aus Melasse und andern Zuckerabfällen, den Rum und aus gegorenem Reis und dem Zuckersafte der Kokos- und Dattelpalme den Arrak.

Durch bloße Destillation läßt sich der A. nicht ganz vom Wasser trennen, obwohl er viel flüchtiger ist als dieses. Er nimmt immer von dem Wasserdampfe eine bedeutende Menge mit sich fort. Bei der ersten Destillation erhält man in geeigneten Apparaten einen Spiritus mit etwa 80 Proz. A., den Rohspiritus. Wird diese Flüssigkeit noch einmal destilliert, so hat das zuerst übergehende Destillat etwa 90 Proz. A. und bildet den Spiritus vini rectificatissimus. Dieser kann durch Destillation höchstens noch auf 95 Proz. gebracht werden; will man ihn weiter entwässern und absoluten, d. i. wasserfreien A. bereiten, so muß man einen Körper hinzusetzen, der noch größere Verwandtschaft zum Wasser als der A. hat, man destilliert ihn zu diesem Behufe wiederholt über geschmolzenes Chlorcalcium oder besser über gebrannten Kalk. Die Verwandtschaft des A. zum Wasser ist sehr groß. Er entzieht dieses nicht nur einigen Salzen, sondern absorbiert es auch aus der Luft, aus tierischen und vegetabilischen Geweben. Darauf beruht der brennende Geschmack des reinen A. und seine giftige Wirkung. Wenn Wasser mit A. gemischt wird, erwärmt sich die Mischung und zieht sich zu einem kleinern Raume zusammen, als der A. und das Wasser vor der Mischung zusammen einnahmen. Diese Kontraktion ist am stärksten, wenn man 47,7 Volumen Wasser mit 52,3 Volumen A. mischt; diese geben zusammen nicht 100, sondern nur 96,4 Volumen. Mit Äther, vielen Säuren, flüchtigen Ölen u. s. w. ist der A. in jedem Verhältnis mischbar; er löst Fette, viele Alkaloide, Harze, Farbstoffe, ferner Jod, geringe Mengen Schwefel und Phosphor, viele Salze, und namentlich absorbiert er viele Gase reichlicher als Wasser. Durch oxydierende Stoffe wird der A. in Aldehyd (s. d.) und Essigsäure (s. d.) übergeführt. Wenn man stark verdünnten A. mit gewissen stickstoffhaltigen organischen Substanzen (Fermenten) und Luft in Berührung setzt, entsteht Essigsäure. Hierauf beruht das Sauerwerden geistiger Getränke und die Essigbereitung. (S. Essigfabrikation.)

Der A. findet eine sehr ausgedehnte Verwendung, und wichtig ist vor allen Dingen sein Gebrauch als Genuß- und Nahrungsmittel in Form geistiger Getränke. Im verdünnten Zustande in Form von Wein, Bier, Branntwein genossen, bewirkt er in kleinen Dosen eine Anregung des Nervensystems, beim Genuß größerer Mengen Rausch, bei öfterm Mißbrauch Zerstörung des Organismus. (S. Alkoholismus.) Der Gebrauch des A. zu technischen Zwecken ist äußerst mannigfaltig. So dient er z.B. wegen seiner wasserentziehenden Kraft zur Aufbewahrung von leicht veränderlichen Stoffen, wegen seines Vermögens, viele Stoffe zu lösen, zur Bereitung von Lacken und Firnissen, in der Parfümerie zur Herstellung von Essenzen u.s.w. Der Chemiker und Pharmaceut verwendet ihn zur Bereitung unzähliger alkoholischer Präparate (Äther, Chloroform, Chloral, gewisser Teerfarben), Lösungen und Tinkturen. Ferner dient er als Brennmaterial, besonders in Lampen, die dazu bestimmt sind, eine bedeutende Hitze ohne Rußbildung zu geben. Zur Beleuchtung kann er mit Terpentinöl vermischt (Kamphin) verwendet werden, oder, wie neuerdings, in Spirituslampen (s. d.), deren Flamme durch einen Glühkörper leuchtend gemacht ist. Auch dient er wegen seiner leichten Oxydierbarkeit zur Essigbereitung. Über technische Darstellung des A. s. Spiritusfabrikation. (s. d.).

Alkoholate, Metallverbindungen der Alkohole

Alkohole, organische Verbindungen, die in ihren Eigenschaften und Bildungsweisen dem gewöhnlichen Alkohol (s. d.) oder Äthylalkohol ähnlich sind. Sie leiten sich ab von den Kohlenwasserstoffen durch Ersatz eines oder mehrerer Wasserstoffatome durch eine oder mehrere einwertige Hydroxylgruppen (OH), deren jede an ein besonderes Kohlenstoffatom gebunden sein muß. Alkoholradikal nennt man den organischen Rest, welcher nach Abzug der Hydroxylgruppen von der Formel des Alkohols verbleibt. Die A. sind neutral, können sich aber mit Säuren unter Wasseraustritt verbinden zu den zusammengesetzten Äthern oder Estern. Das Wasserstoffatom der Hydroxylgruppe kann auch durch Metallatome, z. B. Natrium, ersetzt werden unter Bildung von Alkoholaten, z.B. Natriumäthylat. Je nach der Anzahl der vorhandenen Hydroxylgruppen unterscheidet man ein-, zwei-, drei- und mehrwertige A.; je nach der Stellung der Hydroxylgruppe im Molekül primäre, sekundäre und tertiäre A.

1) Die einwertigen primären A. sind die am längsten und besten bekannten. Sie enthalten die Gruppe -CH2OH ^[-CH<sub>2</sub>OH] und leiten sich vom Methylalkohol in der Weise ab, daß ein Wasserstoffatom desselben durch Alkyle (s. d.) ersetzt ist. Die A. der folgenden Reibe unterscheiden sich immer durch eine CH2-Gruppe ^[CH<sub>2</sub>-Gruppe] voneinander:

Methylalkohol CH3OH ^[CH<sub>3</sub>OH] = CH4O ^[CH<sub>4</sub>O]

Äthylalkohol CH3.CH2OH ^[CH<sub>3</sub>.CH<sub>2</sub>OH] = C2H6O ^[C<sub>2</sub>H<sub>6</sub>O]

Propylalkohol CH3.CH2.CH2OH ^[CH<sub>3</sub>.CH<sub>2</sub>.CH<sub>2</sub>OH] = C3H8O ^[C<sub>3</sub>H<sub>8</sub>O]