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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Andröceum - Andronikos

reichs». Bei dem Panamaskandal 1892‒93 spielte er eine Hauptrolle, in dem er als angeblich in alle Geheimnisse eingeweihter Ankläger der käuflichen Parlamentarier auftrat.

Andröcēum (grch.), die botan. Bezeichnung für die Gesamtheit der männlichen Geschlechtsorgane in der Blüte der Phanerogamen im Gegensatze zu Gynäceum (s. d.), d. i. die Gesamtheit der weiblichen Geschlechtsorgane. Das A. setzt sich zusammen aus den Staubgefäßen (s. d.). Die Anzahl der Staubgefäße im A. und die Verwachsungen derselben untereinander oder mit andern Teilen der Blüte bilden die Hauptgrundlage des von Linné aufgestellten Systems der Phanerogamen.

Andrōclus, Name eines röm. Sklaven, dessen Geschichte Älian und Gellius erzählen. A. soll der Tyrannei seines Herrn entflohen sein und in einer Höhle der Libyschen Wüste einem Löwen einen Dorn aus dem Fuße gezogen haben, wofür ihm das dankbare Tier treu wie ein Hund geblieben sei. Später wurde A. wieder ergriffen und endlich dem gleichfalls eingefangenen Löwen in der Arena in Rom zum Kampfe gegenübergestellt. Als aber letzterer den A. nicht angriff, sondern sich ihm liebkosend zu Füßen legte, war man erstaunt über dieses seltsame Schauspiel, und der Kaiser (Tiberius oder Claudius) schenkte beiden die Freiheit.

Androgĕnie (grch.), die Mannes- oder Menschenschöpfung; auch die männliche Geschlechtsfolge.

Androglōssa, s. Amazonen (Papageien).

Androgy̆nie (grch.), das Vorkommen von männlichen und weiblichen Geschlechtsteilen an einem Individuum, vom Hermaphroditismus (s. d.) dadurch unterschieden, daß androgynische Individuen sich nur mit andern Individuen gegenseitig begatten können, während hermaphroditische, wie z. B. der Bandwurm, sich selbst befruchten. Bei manchen wirbellosen Tieren (Entozoen, Gliederwürmern, Mollusken) ist die A. ziemlich häufig, während bei den Wirbeltieren und dem Menschen weder A. noch Hermaphroditismus in diesem Sinne vorkommt.

Androīd (grch.), Automat von menschlicher Gestalt; androīdisch, menschenähnlich.

Androlīthen (grch.), s. Anthropolithen.

Andromăche, die Tochter des Königs Eëtion von Theben in Mysien und Gemahlin des Hektor, gehört zu den edelsten Frauengestalten der Homerischen Ilias. Schon in früher Jugend wurden ihr der Vater und sieben Brüder durch Achilleus erschlagen. Darauf wurde sie mit Hektor vermählt, dem sie den Astyanar gebar. Ihr Gespräch mit Hektor, ehe er in die Schlacht eilt, sowie ihre Totenklage über den Gefallenen (Iliade 6 u. 24) gehören zu den schönsten Stücken der Homerischen Poesie. Nach Trojas Eroberung ward sie Pyrrhos, dem Sohne des Achill, zu teil, dem sie einen Sohn (nach andern drei Söhne) gebar. Nach Pyrrhos’ Tode wurde sie die Gemahlin von Helenos, Hektors Bruder, und gebar diesem noch einen Sohn, Kestrinos. Schließlich kehrte sie mit dem einen ihrer Söhne nach Mysien zurück, wo dieser die Landschaft Teuthranien gewann und der Stadt Pergamon (s. d.) seinen Namen gab. A. hatte daselbst ein Heiligtum. Euripides hat sie zur Heldin einer gleichnamigen, noch erhaltenen Tragödie gemacht. – A. heißt auch der 175. Planetoid.

Andromănie (grch.), Mannstollheit, s. Nymphomanie.

Andromĕda L., Lavendel- oder Rosmarinheide, Pflanzengattung aus der Familie der Ericaceen (s. d.). Eine Art, die in Torfmooren häufige A. polifolia L., ist in der nördlich gemäßigten Zone weit verbreitet. Ihre fadenförmigen Stämmchen kriechen auf dem Boden, oft in Moos verborgen, hin und sind mit linealen oder lanzettförmigen, am Rande umgerollten, oberseits dunkelgrünen, unterseits silberweißen Blättern besetzt. Die rötlichweißen Blüten stehen auf langen Stielen.

Andromĕda, Tochter des äthiop. Königs Kepheus und der Kassiepeia (Kassiopeia). Als letztere sich einst rühmte, daß sie die Nereïden an Schönheit übertreffe, flehten diese um Rache bei Poseidon, der ein Meerungeheuer gegen das Land sandte. Das Orakel des Ammon that den Ausspruch, des Gottes Zorn könne nur besänftigt werden, wenn Kepheus A. dem Ungeheuer zur Beute brächte. An einen Felsen geschmiedet, ward A. diesem preisgegeben. Hier erblickte sie Perseus (s. d.), der, von der Schönheit der Jungfrau gerührt, das Ungeheuer zu erlegen versprach, falls man ihm A. vermählen wolle. Der Vater versprach es, und Perseus bestand das Abenteuer. Von der Athene ward A. unter die Sterne versetzt. Sophokles und Euripides haben die Sage in Tragödien behandelt. Auch giebt es noch Vasenbilder, Wandgemälde, Reliefs, Marmorgruppen und Gemmen, welche sie darstellen, namentlich in traulichem Zusammensein mit ihrem Befreier oder im Moment, da dieser sie vom Felsen herabgeleitet. Diese zahlreichen Bildwerke gehören fast durchweg der spätern eleganten Kunst an; nur ganz wenige sind älter als Euripides, darunter eine korinth. Vase, das älteste Dokument des Mythus überhaupt. Während Perseus selbst ein urgriech. Heros ist, scheint die Erzählung von dem Seeungeheuer und der schönen Prinzessin sich an eine phöniz. Sage der Küstenstadt Joppe anzuschließen. A. selbst ist bis jetzt unter den Heroinen des eigentlichen Griechenlands nicht nachgewiesen. In neuerer Zeit hat namentlich Corneille die Schicksale der A. zum Gegenstand eines Dramas «Andromède» (Par. 1650) gemacht. – A. heißt auch ein Sternbild am nördl. Himmel, innerhalb dessen ein mit bloßem Auge sichtbarer Nebelfleck steht. Inmitten des Nebels leuchtete plötzlich am 30. Aug. 1885 ein neuer Stern 5. bis 6. Größe auf, der aber bis Ende des Jahres zur 11. Größe herabsank.

Andromedatoxīn, Andrometoxin, ein von Plugge 1883 in der Andromeda japonica entdecktes Gift, findet sich auch in verschiedenen andern Arten von Andromeda, sowie in mehrern andern Pflanzen aus der Familie der Ericaceen. Das A. ist stickstofffrei und bildet farblose kleine Krystallnadeln, die zwischen 228 und 229° C. schmelzen. Seine Zusammensetzung soll der Formel C31H51O10 ^[C<sub>31</sub>H<sub>51</sub>O<sub>10</sub>]entsprechen. Es hat die merkwürdige Eigenschaft sich in kaltem Wasser ungefähr dreimal leichter zu lösen als in heißem. Das A. ist ein heftiges Respirationsgift, wirkt zunächst brechenerregend und verursacht dann Stillstand der Atmung.

Andronīcus, byzant. Kaiser, s. Andronikos. – A., röm. Dichter, s. Livius Andronicus.

Andronīkos, Name byzantinischer Kaiser: A. Ⅰ. Komnenos (1183‒85), Sohn Isaaks und Enkel Alexios’ Ⅰ., riß nach seines Vetters, des Kaisers Manuel Ⅰ., Tod (1180) das Reich an sich; 1183 ließ er die verwitwete Kaiserin und deren Sohn, den jungen Kaiser Alexios, ermorden, sich selbst aber zum Kaiser ausrufen. Nach einer kurzen Regierung erlag er dem Aufstande des Isaak Angelos und wurde 12. Sept. 1185 ermordet. Er war der letzte