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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Androsaemum; Androuet du Cerceau; Andrussowo; Andscher; Andujar; Anduze; Andvaranaut; Andvari; Aneantieren; Äneas

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Androsaemum - Äneas (Held)

Felsspalten wachsende Kräuter. Sie haben wie die Primeln eine tellerförmige Blumenkrone und fünf Staubgefäße, unterscheiden sich aber von dieser Gattung durch die Drüsen im Schlunde der Blumenkrone und die fünfklappige, fünf- oder zehnsamige Kapsel. In den Alpen finden sich häufig die als Mannschild oder Harnischkraut bekannten Arten A. helvetica Gaud., villosa L., lactea L. u. a. Auch in tiefer gelegenen Gegenden kommen einige Arten vor, wie A septentrionalis L. als Unkraut auf Ackern.

Androsaemum, s. Hypericum.

Androuet du Cerceau, s. Du Cerceau.

Andrussowo, Dorf im Kreis Krasnyj des russ. Gouvernements Smolensk, 27 km östlich von Krasnyj, bekannt durch den am 20. (nach russ. Angaben 3. [13.] Jan. 1667 zwischen Rußland und Polen abgeschlossenen Frieden von A., durch den Rußland Smolensk, das linke Dnjeprufer und Kiew erhielt.

Andscher, andere Schreibung für Anjer (s. d.).

Andujar (spr. -chahr), Ciudad in der span. Provinz Jaen, 79 km nordöstlich von Cordoba, an der Bahnlinie Manzanares-Sevilla und der andalus. Heerstraße über die Sierra Morena rechts vom Guadalquivir, den jene Straße auf einer Steinbrücke von 17 Bogen überschreitet, in weiter, baumreicher Ebene gelegen, hat (1887) 15 214 E. Der wohlhabende, lebhafte und gewerbreiche Ort von modernem Ansehen besitzt 5 Pfarrkirchen, 4 Nonnen-, 6 ehemalige Mönchskloster, 3 Spitäler, ein Theater und eine hübsche Promenade. Hauptindustriezweig ist die Töpferei, insbesondere die Verfertigung von Alcarrazas (s. d.). Im April findet hier eine Messe statt. Die Umgegend erzeugt viel Getreide, Hülsen- und Gartenfrüchte, Sumach, Wein und vorzügliches Obst. In der Nähe sind laue Mineralquellen. Am Brückenkopf von A. fand 15. bis 18. Juli 1808 ein heftiger Kampf zwischen Spaniern und Franzosen unter Dupont statt. (S. Baylen.) Bei A. el viejo, 6 km von der Stadt, befinden sich Überreste einer Stadt, die man für das keltiberische Illiturgis hält.

Anduze (spr. angdühs', Andusia), Hauptstadt des Kantons A. (108,34 qkm, 8 Gemeinden, 8154 E.) im Arrondissement Alais des franz. Depart. Gard, an dem zum Gard gehenden Gardon d'A., in 131 m Höhe auf dem Plateau von St. Julien, an der Linie Lezan-A. (6 km) der Franz. Mittelmeerbahn, hat (1891) 3064, als Gemeinde 3906 E., Fabrikation von Hüten, Papier, Töpferwaren, Kesseln, Körben; Lohgerberei; Seidenweberei, die jetzt zurückgegangen ist; Maulbeerbaumzucht, Handel mit Getreide, Vieh und roher Seide. - Die 1560 eingeführte Reformation bewirkte 1562 die Zerstörung mehrerer kath. Kirchen. Nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) mußten die Einwohner die neue Lehre abschwören, blieben ihr aber im Herzen treu, und heute sind vier Fünftel Calvinisten.

Andvaranaut, s. Andvari.

Andvari, in der nordischen Mythologie ein Zwerg. Die Asen Odin, Loki und Hoenir hatten dem Hreidmar für die Ermordung seines Sohnes Buße zu zahlen. Loki sollte sie schaffen; er ging zur Meeresgöttin Ran, erhielt von ihr ihr Netz und begab sich nach Alfheim. Hier wohnte A. in Fischgestalt. Loki fing ihn und verlangte sein Gold als Lösegeld. Nur einen Ring behielt A., der sein Gold wieder vermehren konnte. Als Loki auch diesen forderte, schwur A., daß sein Besitz jedem das Leben kosten solle. Dieser Ring führt den Namen Andvaranaut, d. h. Besitz des A. Der nordische Mythus ward später mit der Sigurdssage verbunden und bildet zu dieser die Vorgeschichte; der Fluch liegt hier auf dem Nibelungenhort.

Aneantieren (frz., spr. aneangt, vernichten, für nichtig erklären.

Äneas (grch. Aineias), einer der gefeiertsten Helden der antiken Sagengeschichte, nach Homer der Sohn des Anchises und der Aphrodite. Er wohnte bei seinem Vater zu Dardanos und nahm nicht von Anfang an am Trojanischen Kriege teil. Erst als er von Achilleus auf dem Ida bei seinen Rinderherden überfallen war, führte er die Dardaner gegen das griech. Heer. Ä. erscheint während des Kampfes als ein Liebling der Götter und unter den Helden Trojas als der tapferste nächst Hektor. Die Erzählungen der Alten über seine Geschicke vor, während und nach der Eroberung Trojas sowie über seine spätern Wanderungen sind sehr verschieden. Aus der Ilias geht hervor, daß die älteste Sage den Ä. nach dem Untergange des Geschlechts des Priamos über dessen Land und Volk herrschen ließ. Spätere Dichter erzählen vom Auszuge des Ä. aus der Landschaft Troas nach verschiedenen Gegenden. Stesichorus (um 600 v. Chr.) ist der erste, der den Ä. nach Hesperien gelangen läßt. Mit der Erweiterung der röm. Macht bekam die Sage, daß Ä. nach Latium gekommen und Stammvater des röm. Volks geworden sei, allgemeine Geltung und wurde durch die röm. Sagenschreiber und Dichter, besonders aber durch die Familie der Julier, die sich von Julus, dem Sohne des Ä., ableiteten, gepflegt. Die Lokalsagen, nach denen Ä. bald hier bald dort das Ziel seiner Fahrt oder sein Ende gefunden hätte, wurden von der röm. Sage in Schatten gestellt und mußten sich ihr unterordnen, wobei dann jene Orte als Stationen in die weite Fahrt von Troja nach den ital. Küsten eingereiht wurden. Auf diese Weise wird die Fahrt namentlich von Virgil in der Äneis geschildert. Nach seiner Darstellung rettete Ä. in der Nacht, als Troja von den Griechen genommen wurde, aus der brennenden Stadt die Götterbilder seines Hauses und Vater und Sohn. Seine Gattin Kreusa verlor er auf der Flucht in dem Getümmel. Mit 20 Schiffen segelte er nach Thrazien, wo er die Stadt Änos gründete; allein ein Wunder erschreckte ihn, und er verließ das Land. Nun wendete er sich nach Delos. Mißdeutung des dort erhaltenen Orakels führte ihn nach Kreta; dort ward ihm von den mitgenommenen Göttern geoffenbart, daß Hesperien das auch von Apollon gemeinte Endziel seiner Fahrt sei. Er gelangte nach dem Vorgebirge Actium, nach Epirus, von da an den Fuß des Ätnas ins Land der Kyklopen, dann um Sicilien herum nach dem Vorgebirge Drepanum auf der Westseite der Insel, wo Anchises starb. Ein Sturm verschlug Ä. nach Karthago, wo Dido (s. d.) von leidenschaftlicher Liebe zu ihm erfüllt ward. Jupiter aber sandte durch Merkur dem Ä. den Befehl, nach Italien zu gehen.

Während die von Ä. verlassene Dido ihr Leben freiwillig endigte, segelte er mit seinen Genossen ab und ward durch Sturm nach Sicilien zum Gastfreunde Acestes verschlagen, wo er dem Anchises zu Ehren Totenspiele feierte. Nach Erbauung der Stadt Acesta (Segesta) schiffte er nach Italien, wo er bei Cumä die Sibylla aufsuchte, die ihm seine Zukunft weissagte und ihn zur Unterwelt geleitete. Aus dieser zurückgekehrt, gelangte er nach einer neuen Schiffahrt in den Tiber, an dessen östl. Ufer er, im Lande des laurentischen Königs Latinus, Latium betrat. Dessen Tochter Lavinia war von dem Schicksal einem Fremd-^[folgende Seite]