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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Armenische Sprache und Schrift

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Armenische Sprache und Schrift

Sintflut bis 925, dem Todesjahr des Verfassers, reicht (Jerus. 1843; Mosk. 1853; französisch von Saint-Martin, Par. 1841), und Thomas Artsruni, der eine Geschichte der Fürsten der Artsrunier verfaßte, die jedoch zugleich allgemeine Weltgeschichte ist, bis 936 reicht und später bis 1220 fortgeführt wurde (Konstant. 1352; Petersb. 1887; französisch von Brosset, 1874). Etwas später fallen Khosrow, genannt der Große, dessen Kommentar zum armenischen Brevier geschätzt ist, und Mesrop der Priester, der als Verfasser einer Biographie Nerses' des Großen und einer Geschichte der Armenier und Georgier (Madras 1775; Vened. 1853; vgl. Langlois, Collection II, S. 19-44) gilt. Der gefeiertste Autor des 10. Jahrh. ist Grigor Narekensis (951-1003), dessen zahlreiche theol. Werke (Vened. 1840) von Gabriel Avetikhean kommentiert wurden. Um dieselbe Zeit schrieben auch Uchtanes von Urrha (armenisch 1871; französisch von Brosset, 1870) und Moses Kalankatuensis, Verfasser einer Geschichte der (kaukas.) Albanier (Par. 1860; Mosk. 1860; russisch von Patkanean, Petersb. 1861).

Ins 11. Jahrh. gehört Steph. Asolik, der eine bis 1004 reichende Chronik verfaßte (Par. 1859; russisch von Emin, Mosk. 1864; französisch von Dulaurier, Tl. 1, Par. 1883), sowie Aristakes von Lastiwert, dessen Geschichtswerk (Vened. 1844) die Zeit von 989 bis 1071 umfaßt (französisch von Prud'homme, Par. 1864), und endlich Mattheos der Priester, der eine Biographie des Johannes Chrysostomus (Vened. 1751) schrieb.

Der berühmteste armenische Schriftsteller des 12. Jahrh. ist Nerses Schnorhali, der sich als Theolog und Dichter gleich ausgezeichnet hat (poet. Werke, Vened. 1830). Daneben sind zu nennen der Geschichtschreiber Mattheos von Urrha, der die Ereignisse von 952-1136 schilderte und in dem Priester Grigor einen Fortsetzer bis 1162 fand (Jerus. 1869; französisch von Dulaurier, Par. 1858); ferner Nerses von Lambron, ein ausgezeichneter Gelehrter und Kanzelredner, unter dessen Werken (Vened. 1847) sich auch eine vortreffliche "Synodalrede" (Vened. 1812; deutsch von Neumann, Lpz. 1834) befindet; endlich Michael der Syrer, von 1167-1200 jakobitischer Patriarch, der eine allgemeine Chronik von Adam bis 1198 in syr. Sprache verfaßte, welche bis 1250 von einem andern fortgesetzt wurde und bis zu der kürzlich erfolgten Auffindung des Originals nur in armenischer Übersetzung vorlag (hg. nach zwei verschiedenen Recensionen zu Jerusalem 1870 und 1871; französisch von Langlois, Vened. 1868).

Ins 13. Jahrh. gehören die Geschichtschreiber Wardan d. Gr. von Bardserberd, der außer Fabeln und theol. Werken eine Geschichte von Anfang der Welt bis 1267 schrieb (hg. von Emin, Mosk. 1861; Vened. 1862); Kirakos von Gandzak, dessen Geschichtswerk von 300-1265 reicht (Mosk. 1858; Vened. 1865; französisch von Brosset, 1870); Malathia der Mönch, der ein Werk über die Züge der Tataren von 1228-72 verfaßte (Petersb. 1870; russisch von Patkanean, 1871), und Wahram, genannt Rabuni, der außer andern Schriften auch eine Geschichte der Rubeniden bis 1280 in Versen (Par. 1859; englisch von Neumann, Lond. 1832; französisch von Bedrossian, Par. 1864) hinterlassen hat. In dasselbe Jahrhundert fällt noch Stephanus Siunensis, der Orbelier, der als Verfasser einer Geschichte der Provinz Siunikh bis 1297 (hg. von Schahnazarean, Par. 1859; von Emin, Mosk. 1861; französisch von Brosset, Petersb. 1864-66) bekannt ist. Auf der Grenze des 13. und 14. Jahrh. lebte der Oberfeldherr Sembat, der ein Wert über die Zeit von 952-1244 (1331) (Mosk. 1856; von Schahnazarean, Par. 1859) verfaßt hat.

Seit dem 14. Jahrh. beginnt die Litteratur zu sinken. Im 15. Jahrh. verfaßte Thomas von Metsoph eine Geschichte Timurs (Par. 1860) und im 17. Jahrh. Arakhel von Tabris eine Geschickte seiner Zeit von 1601-62 (Amsterd. 1669; französisch von Brosset, 1874). Dem 18. Jahrh. gehören an: Michael Tschamtschean, der eine allgemeine Geschichte seines Volks von den ältesten Zeiten an verfaßte (3 Bde., Vened. 1784-86; in kürzerer Fassung englisch von Avdall, 2 Bde., Kalkutta 1827), und Lukas Indschidschean, dessen armenische Altertumskunde (Vened. 1835) für uns wertvoll ist.

In Werken der Poesie hat die armenische Litteratur nichts Erhebliches geleistet. Außer den Hymnen der armenischen Kirche sind nur die Gedichte des Nerses Schnorhali (Vened. 1830) zu nennen, unter denen sich eine Elegie über die Einnahme von Edessa auszeichnet (Par. 1828). Andere Dichter sind Petros Getadardz im 11. Jahrh. (französisch von Nève, Löwen 1855) und Nerses von Lambron. Sonst verdienen noch Erwähnung die Fabeln des Mechithar Gosch (Vened. 1854) und des Wardan (armenisch und französisch, Par. 1825) aus dem 12. und 13. Jahrh. Übrigens haben die Armenier der Litteratur ihres Vaterlandes stets ein lebhaftes Interesse bewahrt, wo sie sich auch seit ihrer Zerstreuung niedergelassen; man kennt armenische Drucke aus Amsterdam, Venedig, Wien, Livorno, Moskau, Astrachan, Konstantinopel, Smyrna, Tiflis, Petersburg, Etschmiadzin, Madras, Kalkutta u. s. w. In mehrern der genannten Städte sind in den letzten Jahrzehnten auch armenische Zeitungen und Zeitschriften entstanden. - Vgl. Sukias Somal, Quadro della storia letteraria di Armenia (Vened. 1829), frei bearbeitet von Neumann im "Versuch einer Geschichte der armenischen Litteratur" (Lpz. 1836); Patkanean, Catalogue de la littérature arménienne (in den "Mélanges asiatiques", Bd. 4, Petersb. 1860); Karekin, Geschichte der armenischen Litteratur (in armenischer Sprache, 2. Aufl., Vened. 1886); Patkanean, Bibliogr. Umriß der armenischen histor. Litteratur (russisch, Petersb. 1880).

Armenische Sprache und Schrift. Die armenische Sprache gehört zur Familie der indogerman. Sprachen, wie Petermann und Windischmann erkannt haben. De Lagarde ("Armenische Studien", Tl. 1, Gött. 1877) und Fr. Müller bezeichneten sie sogar als iranisch; aber nach Hübschmann ("Armenische Studien", Lpz. 1883) ist sie als selbständiges Glied der indogerman. Sprachfamilie anzusehen. Sie hat sich in ihren Lauten und Formen stark von der indogerman. Muttersprache entfernt, zeigt aber einen anatomisch sehr klaren Bau. In ihrem Wortschatz ist sie vom Griechischen, Syrischen und Persischen beeinflußt. Sie ist reich an Konsonanten, darunter zehn Zischlaute. Das Alt armenische, die Sprache der alten Litteratur (seit etwa 400 n. Chr.), ist längst im Volksmunde gestorben und lebt nur noch als Gelehrtensprache fort; aber schon im 13. Jahrh. und wohl noch früher haben Gelehrte sich des vulgären Armenisch in ihren Werken bedient. Die jetzige (neuarmenische) Sprache weicht stark, namentlich auch in der Syntax, von der alten ab (Grammatik von Arsen Aidenean, Wien 1866; Kainz, ebd. 1891) und ist in mehrere, zum Teil schwer