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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Armenische Litteratur

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Armenische Litteratur

nier werden von ihm eingesetzt und je nach drei Jahren von ihm von neuem bestätigt oder abgerufen. Die übrigen Geistlichen haben ähnlichen Rang und ähnliche Beschäftigung wie die Priester in der griech. Kirche; sie haben keine Besoldungen, sondern leben nur von Almosen; ihre Bildung ist gering; die Mönche folgen der Regel des heil. Basilius. Eine eigentümliche Klasse der Geistlichen bilden die Wartabieds, eine Art graduierter Gelehrten, die als Mönche den Wissenschaften leben und lediglich zu Vikarien der Bischöfe verwendet werden. Die Weltpriester müssen sich einmal verheiraten, dürfen aber keine zweite Frau nehmen.

Eine polit. Bedeutung gewann die A. K. in der Türkei dadurch, daß die Pforte, die nach der Einnahme Konstantinopels ihre sämtlichen orthodoxen Unterthanen als Rum Milleti (Römische Nation) dem Patriarchen Gennadios II. (s. d.) nicht allein geistlich, sondern auch weltlich unterstellt hatte, auch die unter ihrer Botmäßigkeit befindlichen Armenier zu einem kirchlich-polit. Körper, der Ermeni Milleti (Armenische Nation), vereinigte und dem mit wichtigen weltlichen Befugnissen ausgestatteten armenischen Patriarchat der Hauptstadt in Pflege gab. In neuerer Zeit mußte der Patriarch seine Gewalt mit einem Rate von 12 Notabeln aus dem Laienstande teilen. Sein Einfluß schwand immer mehr, und es scheint von seinen Rechten kaum mehr als der Ehrenvorsitz im Nationalrate, einer aus freier Volkswahl hervorgegangenen, die Angelegenheiten der Nation beratenden Versammlung, übriggeblieben zu sein. Als um 1835 die "Unierte armenische Kirchengemeinschaft" der Türkei ebenfalls, unter der Benennung Katoluk Milleti (Katholische Nation), Korporationsrechte erhielt, wurde eine Teilung der höchsten hierarchischen Gewalt vorgenommen, indem die weltlichen Befugnisse einem Patriarchen, der als türk. Beamter galt, die geistlichen aber einem die Verbindung mit Rom unterhaltenden Primas zufielen. Der röm. Stuhl hatte beim Übertritt der Armenier vom Schisma zur Union ihre altnationalen Eigentümlichkeiten, die armenische Liturgie, den Julianischen Kalender, die besondern Heiligen u. dgl. zu schonen gelobt, suchte aber doch nach und nach die unierte orient. Kirchengemeinschaft in eine Fraktion der lat. Kirche umzuwandeln. Namentlich war seit 1870 der neue Primas Hassun bestrebt, die Ideen Roms zu verwirklichen (s. Hassuniten). - Vgl. Malan, Divine liturgy of the Armenian chruch (Lond. 1870); Troitzky, Der Ritus der A. K. (Petersb. 1875); Nève, L'Arménie chrétienne et sa littérature (Löwen 1886); Ter-Mikelian, Die A. K. in ihren Beziehungen zur byzantinischen vom 4. bis zum 13. Jahrh. (Lpz. 1892).

Armenische Litteratur. In Armenien galt bis zum 4. Jahrh. n. Chr. die Religion der zoroastrischen Perser, und die Sprache der Bildung war das Persische. Als sich im 4. Jahrh. das Christentum in Armenien verbreitete, wurde es Aufgabe der Geistlichkeit, das Volk von den andersgläubigen Persern zu trennen, mit dem christl. Byzanz zu verbinden und den des Griechischen und Syrischen unkundigen Armeniern das Evangelium in der Volkssprache zu verkünden. Es galt eine armenische und specifisch christl. Nationallitteratur zu begründen. Nach der Schöpfung einer nationalen Schrift (s. Armenische Sprache und Schrift) begann im 5. Jahrh., das zugleich die goldene Zeit der armenischen Litteratur ist, eine rege litterar. Thätigkeit. An der Spitze steht die ausgezeichnete Übersetzung des Neuen und Alten Testaments aus dem Griechischen von Mesrop und Sahak d. Gr., etwa 412 (kritische Ausg., Vened. 1805). Daran schließen sich: Agathangelos, Geschichte des heil. Gregor des Erleuchters (Ausg. Vened. 1862), in der 2. Hälfte des 5. Jahrh. verfaßt (vgl. A. von Gutschmid, Agathangelos, Lpz. 1877; Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Bd. 31); Faustus von Byzanz, Geschichte Armeniens, 344-392 (Vened. 1832; Petersb. 1883; deutsch von Lauer, Köln 1879); Koriun, Biographie Mesrops (Vened. 1833; deutsch von Welte, Tüb. 1841); Elisäus, Geschichte der Kriege Wardans gegen die Perser, 451 (italienisch von Cappelletti, Vened. 1840; französisch, Par. 1844; russisch, Tiflis 1853); ferner Homilien, Ermahnung an die Mönche, Schriften über biblische Bücher (Gesamtausg. Vened. 1859); Lazar von Pharp, Geschichte Armeniens, 388-485 (ebd. 1873); Moses Chorenazi, Geschichte Armeniens u. s. w. (s. Moses von Chorene); Eznik, Widerlegung der Sekten (Vened. 1826; französisch von Levaillant de Florival, Par. 1853); David (s. d.) der Philosoph. Franz. Übersetzungen von Agathangelos, Faustus, Moses Chorenazi, Elisäus, Lazar von Pharp, Koriun u. a. vereinigt Langlois in seiner "Collection des historiens anciens et modernes de l'Arménie" (2 Bde., Par. 1867-69). Zu den genannten Werken kommt eine Menge Übersetzungen griech. und syr. Werke, deren Originale oft nicht mehr erhalten sind: die Chronik des Eusebius (mit lat. Übersetzung hg. von Aucher, 2 Bde., Vened. 1818; bloße lat. Übersetzung von Johrab und Angelo Mai, Mail. 1818; neu revidiert in der Ausgabe von Schöne, Bd. 2, Berl. 1866; Bd. 1, 1875, von Petermann); Reden des Philon (hg. von Aucher, Vened. 1826) und andere Fragmente dieses Schriftstellers (ebd. 1826); Homilien des Chrysostomus (5 Bde., ebd. 1826-62), des Severianus (ebd. 1827), des Basilius Magnus (ebd. 1830), des Ephrem Syrus (4 Bde., ebd. 1836), das Leben Alexanders vom Pseudo-Kallisthenes (ebd. 1842). Eine armenische Übersetzung der Briefe des heil. Ignatius (zuerst Konstant. 1783) hat Petermann (Lpz. 1849) wieder veröffentlicht.

Ins 7. Jahrh. wird Johannes der Mamikonier gesetzt, der Zenob Glaks Geschichte von Taron bis auf seine Zeit fortführte (Vened. 1832; franz. Übersetzung bei Langlois, s. oben). Theol. Schriften verfaßten in demselben Jahrhundert Theodoros Kherthenavor und der Katholikos Sahak III. (Vened. 1833); Sebêos schrieb eine Geschichte Armeniens, besonders der Kriege mit Heraklius und den Arabern, 590-660 (Konstant. 1851; russisch von Patkanean, Petersb. 1862; armenisch 1879).

Aus dem 8. Jahrh. sind zu erwähnen: Johannes Odsnensis, der Katholikos und Philosoph, der unter anderm gegen die Eutychianer und Paulicianer schrieb (Werke mit lat. Übersetzung von Aucher, Vened. 1834), und dessen Zeitgenosse Stephanus, Erzbischof von Siunikh, der zahlreiche Übersetzungen aus dem Griechischen machte, von denen jedoch nur die der Werke des Cyrillus von Alexandria (Konstant. 1717) veröffentlicht ist. Etwas später lebte Ghevond (Leontius), der eine Geschichte der arab. Eroberungen in Armenien von 661-788 verfaßte (hg. von Schahnazarian, Par. 1857; französisch 1856; russisch von Patkanean, Petersb. 1862).

Im 10. Jahrh. schrieben die Geschichtschreiber Johannes VI. Katholikos, dessen Geschichtswerk von der