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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Artedi; Artefákt; Artēl; Artelschtschiki; Artemĭa; Artemidōrus; Artemĭos; Artĕmis

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Artedi - Artemis

erfolgreich. Sein Feldherr Bagoas vergiftete ihn (338). – Die neupers. Geschichtslegende hat die drei A. in eine Person zusammengeworfen, die sie Ardeschir-Derazdest (Langhand) nennt. –Der Stifter der Dynastie der Sassaniden (s. d.) hieß A. Ⅳ.

Artedi, Peter, s. Art.

Artefákt (lat.), Kunsterzeugnis.

Artēl (Artjel), eine Rußland eigentümliche Form von Wirtschafts- und Erwerbsgenossenschaften patriarchalisch-socialistischen Charakters, wird von den neuern russ. Nationalökonomen erklärt als «ein auf Vertrag gestützter Bund mehrerer gleichberechtigter Personen, die zur gemeinsamen Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke sich unter Beobachtung solidarischer Haftbarkeit mit Kapital und Arbeitskraft oder nur mit Arbeit allein vereinigt haben». Die A., ursprünglich auch Drushina oder Wataga genannt, bildeten sich im 13. und 14. Jahrh. zunächst behufs gemeinschaftlicher Ausübung der Jagd und des Fischfangs; späterhin entwickelten sich, und zwar wesentlich beeinflußt durch die in größern Handelsplätzen schon bestehenden Verbände von Gewerbtreibenden und Händlern, die A. der Lastträger (Drägilen), Schiffer, Fuhrleute, Packer, Hanf- und Flachswraker u. a. und die sog. Börsenartels. Die große genossenschaftliche Bewegung in Deutschland (Schulze-Delitzsch) in den sechziger Jahren förderte die Artelbildung in Rußland ungemein; sie erstreckte sich auf die verschiedensten Gebiete des beruflichen Lebens. Man unterscheidet heute 1) gewerbliche, 2) Konsumtions-, 3) Kredit-, 4) Versicherungs-Artels. Zu den ersten gehören die Rohstoff-, Magazin- und alle produzierenden A. Die Konsumtions-Artels befassen sich mit der Beschaffung gemeinsamer Kost oder Wohnung; die Kredit-Artels vermitteln einen Personal-, Real- und Hypothekarkredit (s. Kredit); unter den Versicherungs-Artels sind begriffen die Spar-, Hilfs- und Pensionskassen, die Feuer-, Hagel-, Viehversicherung auf Gegenseitigkeit u. a. m. Bei den gewerblichen A. unterscheidet man selbständige und unselbständige; zu den erstern gehören die Jäger-Artels, die landwirtschaftlichen, Börsen- und die Handwerker-Artels, weil diese auf eigene Rechnung und Gefahr arbeiten oder, im Dienste einer andern Person stehend, von dieser nicht abhängig sind. So namentlich die Börsen-Artels, die Geldbeförderungen, Ausführung aller beim Zollamte vorkommenden Arbeiten, Verpackung von Ausfuhrwaren u. a. besorgen. Unselbständige A. sind die vom Kapital abhängigen, besonders die für Fischfang, für die Jagd auf Walrosse und Seehunde.

Was die Stellung der einzelnen Genossen (Artelschtschiki) innerhalb der A. betrifft, so sind alle gleichberechtigt. Jeder hat Anspruch auf die Ehrenämter, ist stimmberechtigt und nimmt an der Verwaltung teil. Mit dem Versprechen, unausgesetzt thätig sein zu wollen, tritt der Genosse in das A. ein und scheidet aus demselben, sobald seine Kräfte zur vollkommenen Ausführung der Arbeiten nicht mehr ausreichen; männliches Geschlecht ist nicht unbedingtes Erfordernis. Auf gute sittliche Führung wird großes Gewicht gelegt. Die solidarische Haftbarkeit ist das Lebensprincip der A.; diese schafft ihnen unbegrenztes Vertrauen. Bei der Verteilung des Ertrags wird der Grundsatz beobachtet: gleiche Arbeit, gleicher Lohn. Die Gesetzgebung hat bisher, von wenigen polizeilichen Bestimmungen abgesehen, das Artelwesen nicht berührt. – Vgl. Stähr, Ursprung, Geschichte, Wesen und Bedeutung des russischen A., 1. Tl. (Dorp. 1890).

Artelschtschiki, s. Artel.

Artemĭa Leach, s. Blattfüßer.

Artemidōrus von Ephesus, um 100 v. Chr., berühmt durch seine Reisen im Mittelmeere, dem Roten Meere und dem Atlantischen Ocean. Aus seinem «Periplus» in 11 Büchern machte 500 Jahre später Marianus von Heraklea einen Auszug; doch wird der teilweise erhaltene Auszug, der in Sammlungen der «Geographi Graeci minores» Marians Namen führt, jetzt richtiger als dessen Auszug aus Menippus’ «Periplus» bezeichnet.

Artemidōrus, griech. Schriftsteller, Daldianus genannt von Daldis in Lydien, der Geburtsstadt seiner Mutter, lebte gegen Ende des 2. Jahrh. n. Chr., bereiste die Küsten Asiens, Griechenlands und Italien und verfaßte eine Schrift über Traumdeutung «Oneirokritika», die über Sitten und Gebräuche des Altertums und über die Kunst der symbolischen Deutung mannnigfache Belehrung gewährt. Ausgabe von Hercher (Lpz. 1864); Übersetzung von Krauß (Wien 1881).

Artemĭos, byzant. Kaiser, s. Anastasios.

Artĕmis, griech. Göttin, gewöhnlich als Schwester des Apollon und Tochter der Leto bezeichnet und dargestellt als Göttin der Jagd. Aber diese populäre Auffassung wie jene Genealogie enthüllt nur das allerwenigste von dem Wesen dieser universellsten und vielgestaltigsten unter den weiblichen Gottheiten. Eine Ahnung von dieser Mannigfaltigkeit scheint der alte Dichter des in der Hesiodischen Theogonie vorkommenden Hekatehymnus gehabt zu haben. Denn Hekate (s. d.) ist ursprünglich nur ein anderer Name für A. selbst und bedeutet die «Entfernte, Fernwirkende», wie Hekatos, die männliche Form dieses Beiworts, dem Apollon gehört: beides mit Beziehung auf Mond und Sonne, deren Strahlen mit Pfeilen verglichen wurden, daher die Beiworte Jocheaira («die Pfeilschützin») für A., Hekatebolos («Ferntreffer») für den Bruder. Die Homerische A. hat unbedingte Gewalt über Leben und Tod der Mädchen und Frauen, wie Apollon über das Schicksal der Männer. In Athen konzentriert sich diese Macht mehr auf das weibliche Geschlechtsleben, so daß hier A. zum Teil den Charakter einer Eileithyia (s. d.) gewinnt. Die an der attischen Ostküste bis Aulis hin (von wo Agamemnon absegelte) verehrte Iphigeneia (d. i. «Geburtsmächtige») ist ursprünglich A. selbst, wie dies die Kulte des nördl. Peloponnes beweisen, und ist erst allmählich zu einer Heroine, der Agamemnonstochter, geworden. Auch die Nemesis von Rhamnus stellte wahrscheinlich nur eine Besonderheit der A. vor, die zu beiden Seiten des Euripus unter dem Namen A. Amarynthia, d. i. «die Glänzende», hochgefeiert war. Beiwörter wie die «Einsamwandelnde», die «Ruhige» charakterisieren sie als Dämonin der Nacht. Sie ist, ungeachtet ihrer geburtshilflichen Funktion, die jungfräuliche Göttin, die streng über der Tugend ihrer Nymphen und ihrer Priesterinnen wacht, die die Unkeuschheit einer Kallisto (s. d.) straft und den Aktaion, der sie im Bade gesehen, in einen Hirsch verwandelt. Ihre ehemalige Mondbedeutung, gleichwie die Sonnennatur Apollons, trat frühzeitig zurück hinter dem abstraktern, geklärtern Götterglauben Homers, der für jene Gestirne besondere Personifikationen, Selene und Helios, hat, ward aber schon von den Philosophen und Dichtern des 6. und 5. Jahrh. v. Chr. wieder entdeckt und ausge- ^[folgende Seite]