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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Aufgetriebenheit des Leibes - Aufklärungsdienst

gesang, der dritte Abgesang genannt werden. Die Stollen müssen in Rhythmus und begleitender Melodie einander vollkommen entsprechen; der Abgesang steht gewöhnlich in einem musikalischen und rhythmischen Verwandtschaftsverhältnis zum Aufgesang; in der Regel ist er länger als jeder Stollen, aber kürzer als beide zusammen, seit dem 14. Jahrh, läuft er gern stollenartig aus. (S. Strophe.)

Aufgetriebenheit des Leibes, entweder die Folge von Geschwülsten oder von Ansammlung fester, flüssiger oder luftförmiger Stoffe in den natürlichen Höhlen des Bauches. Insbesondere kommt hier die übermäßige Anhäufung von Gasen (Tympanitis) in Betracht, welche entweder in der Bauchhöhle selbst (nach Zerreißung der Darmwand u. s. w.) oder, wie gewöhnlich, im Magen oder Darme (Meteorismus) eintritt. (S. Aufblähen und Blähungen.)

Aufguß, s. Infusion.

Aufgußtierchen oder Infusionstierchen (Infusoria), eine Klasse von Urtieren, die sich von den Wurzelfüßern (s. d.) vornehmlich durch eine feste, äußere Haut (Cuticula) und damit durch eine bestimmte Körpergestalt unterscheiden. Die A. haben den Wert von Zellen (s. d.); sie besitzen innerhalb des von der Zellmembran umgebenen protoplasmatischen Körpers einen Kern und meist auch eine pulsierende Vakuole. Die Zellmembran weist an einer bestimmten stelle eine Öffnung auf, die als Mund fungiert und direkt in die Leibessubstanz hineinführt; die nicht verdauten Überreste der Nahrung werden durch eine andere (After-)Öffnung wieder nach außen befördert. Als Bewegungsorgane finden sich eine größere oder geringere Anzahl beweglicher Haare, Wimpern oder Geißeln, die verschieden verteilt und besonders in der Umgebung des Mundes stark entwickelt und zahlreich gefunden werden. Diese bilden systematische Unterscheidungsmerkmale. Die A. wurden nach 1670 von Leeuwenhoek entdeckt; ihr Name rührt daher, daß man sie in oft erstaunlicher Zahl auftreten sah, wenn tierische oder pflanzliche Reste mit Wasser übergössen und an einen warmen Ort gestellt wurden. Allerdings wurden damals, und noch 1838 von Ehrenberg in dessen klassischem Werke: «Die Infusionstierchen als vollkommene Organismen» (Lpz. 1838), alle mikroskopischen Wasserbewohner, besonders auch niedere Pflanzen und Rädertiere unter diesem Namen zusammengestellt; erst spätere Untersuchungen, namentlich von Dujardin, Claparède und Lachmann, Stein, Balbiani u. s. w., führten eine genauere Kenntnis der A. und Ausmerzung fremder Formen herbei. Auch gegenwärtig zählt man ihnen noch eine Anzahl kleinster Wesen zu, die vielleicht den Pflanzen näher als den Tieren verwandt sind, die sog. Geißeltierchen (s. d.) oder Geißelträger (Flagellata), denen die eigentlichen A. oder Wimperinfusorien (s. d., Ciliata) als zweite Ordnung gegenüberstehen.

Aufhaken, das Niederlassen von Raubvögeln auf Bäume oder Felsspitzen.

Aufhaltung, in der Musik die dissonierende Verzögerung eines Accordtones durch die kleine oder große Ober- oder Untersekunde, im übrigen gleichbedeutend mit Vorhalt und Vorschlag (s. d.).

Aufhängeband der Linse, s. Accomodationsvermögen.

Aufholungsprozeß, s. Abmeierung.

Aufholzen, s. Aufbäumen.

Aufhütte, soviel wie Krähenhütte (s. d.).

Aufidus, Fluß im Altertum, s. Ofanto.

Aufkauf (frz. accaparement), die massenhafte käufliche Erwerbung einer Ware in ihrem Erzeugungsgebiet seitens einzelner Spekulanten. Ein solches Vereinigen des Besitzes in wenigen Händen bewirkt eine Steigerung der Preise infolge der bleibenden oder vermehrten Nachfrage. Um diese Preissteigerung fern zu halten, war früher in vielen Staaten und Orten der A. solcher Artikel, welche zu den unentbehrlichen Lebensbedürfnissen gehören, namentlich des Getreides, streng verboten. Man ging dabei von dem Gesichtspunkte aus, der Preis dieser Ware verfalle mit dem A. der vollen Willkür der Spekulanten und müsse ein wucherhafter werden. Noch heute hört man von manchen diese Ansicht äußern, daß die Aufkäufer die wahren und einzigen Ursachen aller Teuerungen seien, daß sie sich auf Kosten des ganzen Volks, und besonders der ärmern Klassen, bereicherten. Im allgemeinen hat indessen eine Beobachtung der Thatsachen zu der Einsicht geführt, daß der A. der wichtigern Lebensbedürfnisse nur auf niedern Entwicklungsstufen des Verkehrs in einem wirklich Besorgnis erregenden Grade stattfinden kann, während bei hinlänglich ausgebildeter und freier Verkehrsbewegung gesteigerte Preise die Konkurrenz entfernter Gegenden herbeirufen. Man machte andererseits die Erfahrung, daß man mit jenen Verboten den wichtigen Nerv des Verkehrs, den man frei erhalten wollte, systematisch lahmte. Zuweilen gelingt es allerdings einer Vereinigung von Spekulanten, die Preise längere Zeit hindurch ungewöhnlich hoch emporzutreiben. So bei Getreide, z. B. 1879 in Amerika mit Rücksicht auf die Ausfuhr nach Europa. Der Erfolg aber war schließlich, daß amerik. Weizen in Antwerpen erheblich billiger zu haben war als in Amerika. So wird überhaupt auch bei sehr bedeutender Kapitalkraft der Aufkäufer (accapareurs) ein Rückschlag nicht ausbleiben. Mit dem A. verwandt ist der Vorkauf (s. d.) von Lebensmitteln.

Aufklärung, eigentlich die Ausbildung des Verständnisses für Dinge, die sonst dem blinden Vorurteil oder der bloßen Autorität des Glaubens unterlagen, überhaupt die geistige Befreiung, die Weckung des Selbstdenkens über alles, was unsere höchsten Interessen betrifft. Die A. wurde daher zur Losung der neuern Philosophie und Wissenschaft im Kampfe gegen die Autoritätssucht des Mittelalters; sie hat sich nicht minder seit der Mitte des 18. Jahrh. (Zeitalter der A.) mit den auf Emancipation der untern Stände gerichteten Bestrebungen eng verbündet. Irrig war an den Bestrebungen der A. hauptsächlich die Meinung, daß es auf die Entfesselung des Verstandes allein ankomme, die Forderungen der Sittlichkeit und Religion einer eigenen Kultur nicht bedürften; ein Irrtum, der in der Philosophie durch Kant überwunden wurde, im Volksleben aber gerade in neuerer Zeit verbreiteter ist als je zuvor.

Vgl. Kant, Was ist Aufklärung? (in der «Berlinischen Monatsschrift», 1784); Lecky, Geschichte des Ursprungs und Einflusses der A. in Europa (2 Bde., deutsch von Jolowicz, 2. Aufl., Lpz. 1873; und von Ritter, Berl. 1873).

Aufklärungsdienst, militär. Dienst, welcher die Erkundung der Stellung und der Bewegungen, des Feindes bezweckt. Er ist fast ausschließlich Sache der Kavallerie. Im größern Verhältnis und bei einiger Entfernung vom Feinde fällt die Aufklärung im weitern Umfange den selbständigen Kavalleriedivisionen zu. Der eigenen Armee weit