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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Auslese; Auslieferung; Auslieferungsschein; Auslobung; Auslösung

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Auslese - Auslösung

es wollte. Sie untersucht den sprachlichen Sinn (grammatische A.), ohne an den Worten hängen zu bleiben, sie geht zurück auf die Vorverhandlungen, die damals abgegebenen Erklärungen, die übrigen klaren Teile der Erklärung, den Zusammenhang des Ganzen. Wo die Worte nach ihrer buchstäblichen Bedeutung keinen befriedigenden Sinn geben, scheut sich die rechtswissenschaftliche und richterliche A. nicht, ausdehnend und einschränkend, selbst berichtigend auszulegen. Die A. hat in der Regel urkundliche Erklärungen zum Gegenstande, sie kann sich auch auf gesprochene, z. B. von Zeugen bekundete Worte erstrecken. Sie kann die Worte des Gesetzes oder die Worte, mit welchen ein Rechtsgeschäft abgeschlossen ist, zum Gegenstande haben. Die Methode der A. ist in dem einen Fall dieselbe wie im andern, wenn auch die Hilfsmittel beider verschieden sind. Die Gesetzgeber haben geglaubt, für die A. von Gesetzen und von rechtsgeschäftlichen Erklärungen Regeln aufstellen zu sollen. Selbstverständlich sind diese Regeln bindend; aber bei der Unbestimmtheit der Regeln helfen sie nicht viel. So wenig jemand durch die Regeln der Logik denken lernt, so wenig lernt er durch Auslegungsregeln auslegen. Korrekte juristische A. ist eine Kunst wie die korrekte Anwendung der Gesetze. Der Begabte lernt sie durch Übung. Deshalb sind berufsmäßige Richter nicht zu entbehren. Legt der Gesetzgeber ein älteres Gesetz durch ein neues selbst aus, so nennt man das authentische A. Sie ist unbedingt maßgebend, auch wenn sie das Richtige nicht getroffen hat. Ebenso kann sich durch gleichmäßige Anwendung eines Gesetzes in einem bestimmten Sinn, usuelle A., ein Gewohnheitsrechtssatz gebildet haben, welcher dann nicht minder maßgebend ist. Die durch solche gesetzliche oder gewohnheitsrechtliche Vorschrift nicht beschränkte A. der Gesetze wird die doktrinelle oder rechtswissenschaftliche genannt. Wichtiger noch als bei der A. von Gesetzen ist die herkömmliche A. bei Vertragsklauseln, bei denen der Verkehr den Sinn festgestellt bat. - Über A. in der Theologie s. Exegese und Hermeneutik; über A. eines Schriftstellers s. Interpretation.

Auslese, s. Ausbruch.

Auslieferung, im staats- und völkerrechtlichen Sinne die Übergabe einer Person durch die Behörden des Aufenthaltsstaates an die Behörden eines andern Staates, welcher dieselbe zum Zwecke der strafrechtlichen Verfolgung verlangt hat. Schon Grotius (1625) hat die Pflicht der Rechtsgewährung unter den Staaten in dem Sinne aufgestellt, daß jeder Staat den in seinem Gebiete sich Aufhaltenden, welcher einen andern Staat oder dessen Angehörige verletzt hat, entweder selbst bestrafen oder dem verfolgenden Staate ausliefern muß. Heute ist allgemein anerkannt, daß für schwere Verbrechen die Auslieferungspflicht auch unabhängig von Staatsverträgen besteht. Andererseits ist man ebenso einverstanden darüber, daß die A. nur innerhalb solcher Grenzen stattzufinden hat, welche mit den verständigen Zwecken der Strafrechtspflege in angemessenem Verhältnisse stehen. Der Abschluß von Staatsverträgen ist daher ebensowohl angezeigt, um diese Grenzen genauer zu bestimmen, als um das Auslieferungsverfahren festzustellen, welches unter den allgemeinen Begriff der Rechtshilfe (s. d.) fällt. Über die zwischen dem Deutschen Reiche und andern Staaten bestehenden Vertragsverhältnisse vgl. Hetzer, Deutsche Auslieferungsverträge (1885); Menzen, Deutsche Auslieferungsverträge (1891). Neuerdings ist es auch üblich geworden, die sog. Meistbegünstigungsklausel auf die A. zu übertragen. Der (auch im Deutschen Strafgesetzbuch §.9 ausgesprochene) Grundsatz, daß eigene Staatsangehörige nicht ausgeliefert werden, setzt voraus, daß die heimischen Gerichte nach ihrer Strafgesetzgebung (wie nach §. 4, Nr. 3 des Deutschen Strafgesetzbuchs) zuständig sind, über die von ihren Staatsangehörigen im Auslande begangenen strafbaren Handlungen zu urteilen (s. Ausland). Schwierigkeiten macht immer noch die Abgrenzung des mit dem sog. Asylrecht (s. Asyl) zusammenhängenden Grundsatzes, daß wegen polit. Vergeben nicht auszuliefern sei, den zuerst das belg. Gesetz vom l. Okt. 1833 in der Ausdehnung auf alle «mit einem solchen Vergehen konnexen Handlungen» aufgestellt hat. Schon 1856 wurde Belgien durch die Vorstellungen Frankreichs veranlaßt, eine Ausnahme für das Mordattentat gegen ein fremdes Staatsoberhaupt und dessen Familie zu machen. Die besonders infolge der russ. Vorgänge seit 1880 lebhafter angeregten diplomatischen und wissenschaftlichen Verhandlungen über eine allgemeine Einschränkung für die unter dem Deckmantel polit. Bestrebungen verübten gemeinen Verbrechen haben bis jetzt zu keinem befriedigenden Ergebnisse geführt. - Vgl. Lammasch, Das Recht der A. wegen polit. Verbrechen (Wien 1884): ders., Auslieferungspflicht und Asylrecht (Lpz. 1857). Über A. der Deserteure s. Kartell; über A. im handelsrechtlichen Sinne s. Ablieferung.

Auslieferungsschein oder Ablieferungsschein, die Anweisung (s. d.) an den angewiesenen Inhaber einer Ware, dieselbe dem den A. vorlegenden Empfänger für Rechnung des Anweisenden auszubändigen. Bei der Post werden die quittierten Scheine, gegen deren Aushändigung Geldsendungen ausgezahlt, Wertsendungen und Pakete ausgehändigt werden, A. genannt. Die Post braucht die Echtheit der Unterschrift und die Legitimation des Überbringers nicht zu prüfen (Gesetz vom 28. Okt. 1871, §. 49). Das Deutsche Handelsgesetzbuch Art. 302 versteht unter A. dasselbe wie unter Lagerschein (s. d.).

Auslobung, die öffentliche Bekanntmachung, durch die demjenigen, welcher eine bestimmte Leistung machen werde, eine Belohnung versprochen wird, z. B. für Lösung einer Preisausgabe, Ablieferung einer gefundenen Sache, Anzeige von Verbrechern. Widerruf von seiten des Auslobers muß ebenso öffentlich erfolgen als die A. und verpflichtet zur Entschädigung für schon geschehene Schritte vorschriftsmäßiger Ausführung, falls nicht der Widerruf innerhalb bestimmter Frist von vornherein vorbehalten ist. Daß eine A. innerhalb der Frist, welche für die Ausführung der Arbeit u. s. w. gesetzt ist, nicht zurückgenommen werden darf, bestimmt das Preuß. Allg. Landr. I, 11, §. 989 ausdrücklich. Erfolgt die Leistung seitens mehrerer, so ist die zugesagte Summe der Regel nach nur an den zuerst Leistenden zu bezahlen. Die Verbindlichkeit des durch öffentliche Bekanntmachung kundgegebenen einseitigen Versprechens ist für das Gemeine Recht überwiegend anerkannt, ebenso in den Gesetzgebungen von Preußen und Sachsen, in der österr. und franz. Praxis, auch im Deutschen Entwurf §§. 581-584. - In einem andern Sinne bedeutet A. soviel wie Abfindung (s. d.) bei der bäuerlichen Erbfolge.

Auslösung, der Vorgang, bei welchem durch Leistung einer kleinen Arbeit eine große potentielle