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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Azoblau - Azoorseillin

welche die Konstitutionsformel C6H5NNC6H5 ^[C_{6}H_{5} N:N C_{6}H_{5}] besitzt. Das A. entsteht bei der Reduktion von Nitrobenzol in alkalischer Lösung, z. B. beim Kochen von Nitrobenzol mit alkoholischem Kali (bei der Reduktion des Nitrobenzols in saurer Lösung entsteht Anilin). Das A. ist in Wasser schwer, in Alkohol und Äther leicht löslich, schmilzt bei 63° und destilliert unzersetzt bei 293°. Es ist die Muttersubstanz der Azofarbstoffe (s. d.), welche aber auf anderm Wege dargestellt werden.

Azoblau, ein zu den Benzidin-(Toluidin-) Farben gehörender Azofarbstoff, welcher Baumwolle grauviolett färbt.

Azococcin, Bezeichnung für mehrere rotfärbende Azofarbstoffe.

Azodiphenylblau, s. Induline.

Azofarbstoffe, Azofarben, eine Gruppe künstlich dargestellter Farbstoffe, die feit 1876 in großer Zahl und Mannigfaltigkeit hergestellt werden und in den Handel kommen. Sie enthalten wie z alle Azoverbindungen (s.d.) die Gruppe –N:N- beiderseits mit aromatischen (Benzol-, Naphthalin-) Kernen verbunden (chromopbore Gruppe). Aber erst durch den Eintritt salzbildender (chromogener) Gruppen an Stelle von Wasserstoff der aromatischen Kerne entstehen echte Farbstoffe. Solche Gruppen, welche die Azoverbindungen zu Farbstoffen machen, sind die Amido- und die Hydroxylgruppc, NH2 ^[NH_{2}] und OH. Man unterscheidet demnach Amido- und Oxyazofarbstoffe. Amidoazobenzol (als salzsaures Salz Anilingelb), C6H5NNC6H4NH2 ^[C_{6}H_{5} N:N C_{6}H_{4}NH_{2}], und Oxyazobenzol, ^[C_{6}H_{5} N:N C_{6}H_{4}OH] (nicht zu verwechseln mit Azoxybenzol, s. Azoverbindungen), sind die einfachsten A. Zur technischen Darstellung von A. gebt man von Diazoverbindungen (s. d.) aus, die man durch Einwirkung von Natriumnitrit auf saure Lösungen von Anilin und andern primären aromatischen Aminbasen erhält (Diazotierung), z. B.:

C6H5·NH2HCl + NaNO2 + HCl ^[C_{6}H_{5} NH_{2}HCl + NaNo_{2} + HCl =]

C6H5·N:N·Cl + NaCl + 2H2O ^[C_{6}H_{5} N:N Cl + NaCl + 2H_{2}O].

Diazobenzolchlorid

Man isoliert die im trocknen Zustande explodierenden Diazoverbindungen nicht, sondern setzt zu der direkt erhaltenen mit Eis gekühlten Lösung aromatische Amine oder Phenole. Aus Diazobenzolchlorid und Anilin entsteht beispielsweise auf diese Weise zuerst das gelbe nicht sehr beständige Diazoamidobenzol (nicht zu verwechseln mit dem isomeren Amidoazobenzol):

C6H5·N:N·Cl + C6H5NH2 ^[C_{6}H_{5} N:N Cl + C_{6}H_{5}NH_{2}] =

C6H5·N:N·NH·C6H5^[C_{6}H_{5}·N:N·NH·C_{6}H_{5} + HCl.

Diazoamidobenzol

Dieses geht durch Erwärmen mit Anilinsalz unter einer eigentümlichen Umlagerung in Amidoazobenzol, einen echten Azofarbstoff, über:

C6H5 N:N NH C6H5^[C_{6}H_{5} N:N NH C_{6}H_{5}] =

C6H5 N:N C6H4 NH2^[C_{6}H_{5} N:N C_{6}H_{4}NH_{2}]

Mit tertiären aromatischen Ammen, mit Phenolen, Naphthylaminen und Naphtholen geben die Diazoverbindungen aber direkt A. nach folgenden Beispielen:

C6H5·N:N·Cl + C6H5N(CH3)2 ^[C_{6}H_{5} N:N Cl + C_{6}H_{5}N(CH_{3}_{2}] =

Dimethylanilin

C6H5·N:N·C6H4 N(CH3)2 HCl^[C_{6}H_{5} N:N C_{6}H_{4}N(CH_{3}_{2} HCl].

Salzsaures Dimethylamidoazobenzol

Ebenso wie das Anilin geben alle aromatischen primären Amine Diazoverbindungen, die nach den beschriebenen Reaktionen einer weitern Kombination mit den verschiedensten aromatischen Aminen und Pbenolen fähig sind, und es wird dadurch die Zahl der A. eine ungemein große. Um die Farbstoffe in Wasser löslich zu machen, was für das Färben notwendig ist, führt man die Sulfongruppe SO3H^[SO_{3}H] an Stelle von Wasserstoff ein, am besten, indem man Amidosulfonsäuren diazotiert (z. B. Sulfanilsäure, C6H4(NH2) SO3H^[C_{6}H_{4}(NH_{2}) SO_{3}H]), oder indem man die Diazoverbindungen mit bereits sulfonierten Aminen und Phenolen kombiniert. Es entstehen dadurch Sulfonsäuren der A., deren leicht lösliche Natriumsalze dann die in den Handel kommenden Präparate sind. So ist z. B. das Tropäolin das Natriumsalz der Benzol-Azo-α-Naphtholsulfonsäure

C6H5 N:N C10H5(OH) SO3Na^[C_{6}H_{5} N:N C_{10}H_{5}(OH) SO_{3}Na].

Auch durch Zusatz von Natriumsulfit werden A. löslich gemacht.

Werden Verbindungen wie das Amidoazobenzol nochmals diazotiert und mit Aminen oder Phenolen kombiniert, so entstehen A., welche die Azogruppe N2^[N_{2}] zweimal enthalten (Tetrazofarbstoffe). Zu diesen gehören die wertvollsten A., wie z. B. das Biebricher Scharlach (s. d.).

Die A. färben Wolle direkt, Baumwollstoffe dagegen nur unter Zuhilfenahme von Beizen. Eine Ausnahme bilden die sich von dem Benzidin, NH2 C6H4 C6H4 NH2 ^[NH_{2} C_{6}H_{4} C_{6}H_{4} NH_{2}] ableitenden, welche Pflanzenfasern direkt färben. Man bezeichnet die A. meist mit willkürlichen Namen unter Beifügung der Buchstaben G oder Y (gelb, yellow), 0 (orange) und R (rot). Die Anzahl der beigefügten Buchstaben soll ungefähr die Intensität der Färbung andeuten. In neuester Zeit ist es gelungen, auch violette, blaue und schwarze A. (meist Tetrazoverbindungen) darzustellen, über die wichtigsten A., wie Tropäoline, Ponceaus, s. die Einzelartikel.

Azogues o Canar (spr. -ges o kanjar) oder Cañar, Provinz der südamerik. Republik Ecuador, nördlich von Cuenca, hat etwa 64000 E. und ist reich an Schwefel, Alaun und Kohle. Der Hauptort A. hat 4000 E.

Azoische Formationsgruppe, s. Archäische Formationsgruppe.

Azolitmin (gebildet nach dem engl. litmus, d. i. Lackmus), ein Farbstoff, s. Lackmus.

Azolla Lam., Pflanzengattung aus der Familie der Salviniaccen (s. d.) mit nur wenigen in den wärmern Gegenden einheimischen Arten; schwimmende kleine Farne von lebermoosähnlichem Habitus mit dichtgedrängten Blättern und reichlicher Verzweigung; sie haben keine sog. Wasserblätter, wie die Arten der verwandten Gattung Salvinia, sondern die Blätter sind alle von gleicher Form. In den Höhlungen derselben finden sich häufig Kolonien gewisser Algen aus der Familie der Nostochaceen, die, ohne dem Azollapflänzchen Nachteile zu verursachen, symbiotisch mit demselben sich weiter entwickeln. Die Azolla-Arten eignen sich ihres zierlichen Baues wegen gut zur Kultur in Aquarien, wo sie bei günstigen Vegetationsbedingungen leicht die ganze Oberfläche mit sammetgrüner, oft rötlich schimmernder Decke überziehen.

Azoorseillin (spr. -fäjihn), ein seit 1883 in den Handel kommender Teerfarbstoff, besteht aus der Natriumverbindung der Benzidindisazo-α-Naphtholmonosulfosäure. Man erhält das A. in Form