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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Banken

entwickelte sich im Mittelalter, wo die enorme Anzahl einzelner Münzherrschaften, die unvollkommene Ausprägung der Münzen, häufige Änderungen im Münzfuße und Münzfälschungen ihm großen Vorschub leisteten, vorzüglich in Italien. Italiener (Lombarden) waren es, die neben den Juden den Geschäftszweig in die meisten übrigen europ. Staaten einführten und dort pflegten. Um ihren zu dem gedachten Zwecke unterhaltenen Münzvorrat unter Umständen weiterhin nutzbar zu machen, befaßten sie sich daneben mit dem Leihgeschäft auf kurze Fristen, vorzüglich gegen Faustpfänder, und dieses Geschäft führt von jenen Wechslern, die es zuerst in der den B. eigentümlichen Art betrieben haben, bei diesen Anstalten noch jetzt sehr gewöhnlich den Namen Lombardgeschäft (s. d.). Mit der Verbesserung des Münzwesens verlor nach und nach der Geldwechsel an Bedeutung; er wurde aber durch ein zeitig daneben sich entwickelndes Geschäft, den Handel mit Wechseln (s. Wechselgeschäft), ergänzt und ersetzt.

Die Wechsler galten aber schon vermöge der Natur ihres Betriebes als Vertrauenspersonen der Geschäftswelt und mußten für die sichere Aufbewahrung ihrer Münzvorräte Sorge tragen; es lag daher sehr nahe, daß man bei ihnen Gelder zur Verwahrung hinterlegte, daß sie dann für Rechnung der Deponenten Zahlungen leisteten, welche, wenn es sich dabei um einen zweiten Kunden desselben Wechslers handelte, nur durch eine Umschreibung in den Guthaben bewerkstelligt wurden. Anderwärts schlossen sich ähnliche Geschäfte wie der Münzwechsel wieder vermöge der Verwandtschaft des Betriebes an das Goldschmiedgewerbe an. In Italien machte man jedoch vielfach ungünstige Erfahrungen mit den Bankhaltern, sie ließen sich mit den anvertrauten Geldern oft in mehr oder weniger gewagte Geschäfte ein, die bei ungünstigem Ausgang ihre Zahlungsunfähigkeit bewirkten. Man schritt daher, nachdem sich allerlei staatliche Anordnungen über das Bankgeschäft als ungenügend herausgestellt hatten, zur Errichtung öffentlicher B., so in Venedig, wo 1587 der Banco di Rialto gegründet wurdet neben der schon erwähnten St. Georgsbank die älteste öffentliche, mit gewissen Vorrechten ausgestattete Bank Italiens. Ähnliche öffentliche B. wurden dann bald darauf in einer Reihe anderer Städte Italiens, Deutschlands und Hollands errichtet. Aus der ursprünglich von B. zum Teil nur mißbräuchlich geschehenen Verwertung der hinterlegten Beträge entwickelte sich sodann im Laufe der Zeit eine geordnete und erlaubte Verwendung derselben, wodurch die B. in die Lage kamen, nicht nur auf die Einhebung von Gebühren für die Einlagen verzichten zu können, sondern selbst dafür Zinsen zu entrichten. In allen diesen Verhältnissen sind die Ausgangspunkte des modernen Bankwesens zu suchen, für dessen Entwicklung Italien später an Bedeutung zurückgetreten, England hingegen an die erste Stelle vorgerückt ist.

Dieses moderne Bankwesen hat seinen Schwerpunkt in der Kreditvermittelung, d.h. die B. nehmen auf der einen Seite disponibles Kapital auf, um es ihrerseits jenen Personen zuzuführen, welche Kredit benötigen. Die B. bedürfen ein eigenes Kapital, um dem Publikum Sicherheit zu bieten und freiere Hand in der Geschäftsführung zu besitzen; der Umfang ihrer Geschäfte wird aber in viel höherm Maße durch das fremde Kapital bestimmt, das sie an sich zu ziehen wissen. Man spricht von Aktiv- und Passivgeschäften der B., je nachdem diese hierbei als kreditgewährend oder kreditnehmend auftreten; solides vorsichtiges Geschäftsgebaren, welches sich freihält von spekulativen Wagnissen, ist das oberste Princip einer korrekten Bankleitung; ist den B. doch die Verwaltung fremden Kapitals anvertraut, mit dem sie produktive besonnene Arbeit unterstützen, nicht aber Spekulationen treiben sollen. Die Formen der Bankgeschäfte haben sich im Laufe der Zeit wesentlich vervielfältigt und verändert. Je nachdem der eine oder der andere Geschäftszweig besonders oder gar ausschließlich betrieben wird, spricht man von Bodenkredit-, Noten-, Depositen u. s. w. Banken (s. die betreffenden Artikel). Zu den wichtigsten Passivgeschäften gehört die Annahme von Depositen (s. Depositenbanken). Es kann sich hierbei einmal um Depositen zur Aufbewahrung handeln, ein Geschäft, das namentlich zur Zeit der Münzwirren große Bedeutung hatte, da es das Mittel abgab, ein nicht wie das cirkulierende Geld der Verschlechterung ausgesetztes Bankgeld (s. Banco) zu schaffen. Zahlungen unter Kaufleuten mußten dann wohl an manchen Orten durch die B. bewerkstelligt werden. Dann kennt man auch Depositen zur Verwaltung, bei welchem Geschäft die B. nebst der Aufbewahrung der betreffenden Wertpapiere die Couponeinkassierung, den Umtausch verloster Obligationen u. s. w. besorgen. Für den Kreditverkehr von Bedeutung sind jedoch erst die Dienste, welche die B. dem Verkehr durch das uneigentlich so genannte Depositengeschäft, das Depositengeschäft «zur Benutzung», leisten, d. h. durch die Annahme von Geldern mit der Verpflichtung der Rückzahlung mit oder ohne Kündigung u. s. w., jedoch mit dem Rechte der Ausgabe und Verwendung derselben. Eine Verzinsung der Depositen tritt nicht immer ein, regelmäßig jedoch, wenn dieselben auf bestimmte Zeit gegeben oder mit bestimmter Kündigungsfrist hinterlegt werden. Dagegen haben die Deponenten für seitens der B. verwertbare Depositen jedenfalls keine Gebühr zu entrichten. Die B. erteilten den Deponenten schon früh Scheine über den Empfang und über die Verpflichtung zur Rückgabe der Depositen. Die Cession dieser Schuldscheine stellte sich frühzeitig als ein bequemes Mittel zur Ausgleichung von Forderungen heraus. Die B. erleichterten die Möglichkeit der Übertragung durch Ausstellung der Scheine auf den Inhaber. So konnten diese unverzinslichen Scheine von Hand zu Hand geben, der Kredit der B. sicherte ihren Kurs. Mit der Umwandlung der Depositen zur Aufbewahrung in solche zur Benutzung nahmen diese Scheine auch einen andern Charakter an, die Banknote (s. d.) war geschaffen. Es war nur ein kleiner schritt von der Ausgabe solcher Noten an bestimmte einzelne Deponenten bis zur Ausgabe derselben gegen Bargeld und anstatt Bargeldes an jedermann. Die beute mit der Ausgabe von Banknoten betrauten B., welche regelmäßig einer besondern staatlichen Beeinflussung unterliegen, heißen Noten- oder Zettelbanken (s. Notenbanken). - Andererseits bat sich an das Depositengeschäft insbesondere die bequeme Möglichkeit angeschlossen, durch Schecks (s. d.) über das Guthaben zu verfügen und damit Zahlungen zu leisten; auch die sog. Kassenscheine (s. d.) sind nur eine Art des Depositengeschäfts. Das sog. Depotgeschäft deckt sich bald mit dem Depositen-^[folgende Seite]