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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bauernfänger; Bauernfeind; Bauernfeld

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Bauernfänger - Bauernfeld

beitsleistungen zur Nutznießung überweisen, und es war den Befreiten dann die Möglichkeit geboten, die Häuser nebst Zubehör, sowie unter Zustimmung der Gutsbesitzer auch das Land als Eigentum zu erwerben. Die Ablösung erfolgte in der Weise, daß die Leistungen des Bauern nach dem Zinsfuß von 6 Proz. kapitalisiert wurden und von der so berechneten Summe 20 Proz. sofort an den Grundherrn zu bezahlen waren, während die Regierung demselben den Rest von 80 Proz. in fünfprozentigen Schatzscheinen oder Loskaufscertifikaten abtrug und von den Bauern diesen Vorschuß im Laufe von 49 Jahren in Gestalt einer Zins und Amortisation darstellenden Quote von 6 Proz. desselben einzog. Als Käufer konnten sowohl Einzelne und Genossenschaften wie auch, im Anschluß an das in Rußland weitverbreitete System des Gemeindebesitzes (s. Mir), die Bauerngemeinden auftreten, deren Mitglieder dann solidarisch für die Loskaufssumme wie für die übrigen Abgaben hafteten. Im ganzen wurde ungefähr ein Drittel des adligen Grundbesitzes, nämlich 35 779 014 Dessiatinen (390 886 qkm) an 9 795 163 Bauern überwiesen. So unabweisbar die B. in Rußland auch geworden war, so konnte sie doch, als tiefer Eingriff in das bestehende Wirtschaftssystem, auch nicht ohne manche mißlichen Folgen bleiben, deren Tragweite durch den geringen Bildungsstand und die zunehmende Trunksucht der Bauern, vielfach auch durch das mit landwirtschaftlichem Fortschritt nicht vereinbarte System der Feldgemeinschaft vergrößert wurde. Während bald nach der Emancipation der Bodenpreis in einigen Gouvernements 50 und mehr Prozent hoher stand als der Ablösungspreis von 1861, war er in andern Landesteilen mehr oder weniger erheblich unter den letztern zurückgegangen. Eine amtliche Untersuchung der landwirtschaftlichen Verhältnisse seit der B. wurde 1872 durch eine Kommission veranstaltet, die einen ausführlichen Bericht mit vielen Anlagen (5 Bde., Petersb. 1873; russisch) veröffentlicht hat. Einen kurzen Überblick desselben giebt Walcker: "Die russ. Agrarfrage" (Berl.1874). - Vgl. Harthausen, Die ländliche Verfassung Rußlands (Lpz. 1866). In betreff der B. im allgemeinen vgl. Sugenheim, Geschichte der Aufhebung der Leibeigenschaft und Hörigkeit in Europa (Petersb. 1861).

Bauernfänger, Gauner, die unerfahrenen Personen auflauern und sich an sie herandrängen, um ihnen Geld im Spiel abzunehmen.

Bauernfeind, Karl Maximilian von, Geodät und Ingenieur, geb. 18. Nov. 1818 zu Arzberg in Oberfranken, widmete sich 1836-41 zu Nürnberg und München technischen Studien, war bis 1844 an der Bauleitung für die Fichtelgebirgsbahn beteiligt und wurde hierauf als Hilfslehrer an die Ingenieurschule zu München berufen. Hier wurde er 1846 außerord., 1851 ord. Professor der Geodäsie und Ingenieurwissenschaften. Von 1858 bis 1868 war B. außerdem als Baurat und Referent im bayr. Ministerium des Innern thätig, 1868 wurde er zum Direktor der nach seinem Plane aus der Münchener Polytechnischen Schule umgeschaffenen Technischen Hochschule ernannt, welches Amt er bis 1874 und wieder 1880-83 bekleidete. Seit 1865 Mitglied der königlich bayr. Akademie der Wissenschaften und der europ. Gradmessung, wurde er 1873 vom König von Bayern in den persönlichen Adelsstand erhoben. Er trat 1890 in den Ruhestand und starb 2. Aug. 1594 in München. Zu B.s geodätischen Schriften gehört: "Theorie und Gebrauch des Prismenkreuzes" (Münch. 1851). Die Erfindung dieses allgemein angewendeten Instrumentes beruht auf der Entdeckung des Verfassers, daß durch totale Reflexion dreiseitiger Glasprismen von bestimmter Gestalt einfallende Lichtstrahlen um konstante Winkel von bestimmter Größe abgelenkt werden. Mit dieser Entdeckung war auch das zum Messen von Entfernungen dienende Bauernfeindsche Distanzprisma erfunden. Hierauf folgte B.s Hauptwerk: "Elemente der Vermessungskunde" (2 Bde., Stuttg. 1856-58; 7. Aufl. 1890). Durch seine "Beobachtungen und Untersuchungen über die Genauigkeit barometrischer Höhenmessungen" (Münch. 1862) wirkte B. bahnbrechend in der vielumstrittenen Frage über den Wert der Barometermessungen, indem er zeigte, daß und warum die auf diesem Wege gefundenen Höhen eine tägliche Periode haben, also von den durch Nivellieren erhaltenen nach bestimmten Regeln abweichen. Anknüpfend an diese Arbeit liefert die Abhandlung über "Die atmosphärische Strahlenbrechung u. s. w." l2 Abschn., Münch. 1864-67) eine Theorie dieser Erscheinung. In den "Ergebnissen aus Beobachtungen der terrestrischen Refraktion" (3 Hefte, Münch. 1880-88) wird zum erstenmal nachgewiesen, daß die trigonometrisch bestimmten Höhen eine tägliche Periode haben. Andere Schriften sind: "Beobachtungen und Untersuchungen über die Eigenschaften und praktische Verwertung der Naudetschen Aneroidbarometer" (Münch. 1874), "Das bayr. Präcisionsnivellement" (8 Hefte, ebd. 1870-90), "Das Präcisionsnivellement in Bayern rechts des Rheins" (endgültig bearbeitet von Oertel, ebd. 1893). Von den ingenieurwissenschaftlichen Arbeiten B.s sind anzuführen: "Beitrag zur Theorie der Brückengewölbe" (1846), "Vorlegeblätter zur Brückenbaukunde" (3. Aufl., 2 Bde., Stuttg. 1876), "Vorlegeblätter zur Straßen- und Eisenbahnbaukunde" (Münch. 1856), "Vorlegeblätter zur Wasserbaukunde mit erläuterndem Text" (ebd. 1866), "Grundriß der Vorlesungen über Erd- und Straßenbau" (ebd. 1875). Eine 1856 verfaßte, nicht gedruckte Denkschrift über eiserne Brücken gab Veranlassung zur Ausbildung und Patentierung des Paulischen Brückensystems.

Bauernfeld, Eduard von, Lustspieldichter, geb. 13. Jan. 1802 zu Wien, studierte daselbst die Rechte, wurde 1826 Konzeptspraktikant bei der niederösterr. Regierung, erhielt 1830 eine Stelle bei der Hofkammer und 1843 bei der Lotteriedirektion; später wurde er Leiter des Lottogefälls. Eine Reise durch Süddeutschland nach Paris und London (1845) verleidete ihm die vormärzlichen Verhältnisse Österreichs, die er schon vorher in seinen als Petition gegen die Censur eingereichten "Pia desideria eines österr. Schriftstellers" (1842) kritisiert hatte; 1848 verließ er den Staatsdienst, um sich ganz der Litteratur zu widmen. Er wurde später geadelt und lebte bis zu seinem Tode, 9. Aug. 1890, zurückgezogen in seiner Vaterstadt. Nach einigen mißglückten dramat. Versuchen schlugen "Leichtsinn aus Liebe" (1831) und besonders "Das Liebesprotokoll" (1831) durch. Von seinen Lustspielen haben dann namentlich "Die Bekenntnisse" (1834), "Bürgerlich und romantisch" (1835) und die Allegorie der Staatszustände "Großjährig" (1846) dauernden Bühnenerfolg gehabt. Nächstdem sind hervorzuheben: "Das Tagebuch" (1836), "Der litterar. Salon" (1837), "Der