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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bernstein; Bernsteinbaum; Bernsteinfirnis; Bernsteinindustrie

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Bernstein (Burgruine) - Bernsteinindustrie

liten, Post, Telegraph, evang. Kirche, Synagoge, ehemaliges Cistercienser-Nonnenkloster, Krankenhaus, Hospital, Vorschußverein; Mahl- und Schneidemühle, 4 Windmühlen sowie jährlich 6 bedeutende Viehmärkte.

Bernstein, Burgruine bei Dambach (s. d.).

Bernstein, Aaron, polit. und naturwissenschaftlicher Schriftsteller, geb. 1812 zu Danzig, wurde talmudistisch erzogen, eignete sich seit 1832 in Berlin vielseitige sprachliche und naturwissenschaftliche Bildung an. Seine unter dem Namen A. Rebenstein veröffentlichte Bearbeitung des Hohen Liedes (Berl. 1834) und die litterarhistor. Arbeit "Das junge Deutschland" führten ihn in die litterar. Kreise Berlins ein. Die freien religiösen Bewegungen der vierziger Jahre regten 1845 B. an, mit Stern u. a. in Berlin die erste jüd. Reformgemeinde zu stiften (seine Thätigkeit in dieser Hinsicht behandelt die Schrift "Über die Principien der jüd. Reformgemeinde zu Berlin", Berl. 1865). 1849 begründete er das demokratische Volksblatt "Urwählerzeitung", das bald große Verbreitung gewann, ihm mehrere Preßprozesse, 1851 eine mehrmonatige Gefängnishaft zuzog, 1853 ganz unterdrückt wurde. Hierauf rief er die "Volkszeitung" mit gleicher Tendenz ins Leben, für die er bis zum Tode (11. Febr. 1884 zu Lichterfelde) die meisten Leitartikel lieferte (gesammelt als "Revolutions- und Reaktionsgeschichte Preußens und Deutschlands von den Märztagen bis zur neuesten Zeit", 3 Bde., Berl. 1883). Die naturwissenschaftlichen Aufsätze, die er hier veröffentlichte, gab er zuerst u. d. T. "Aus dem Reiche der Naturwissenschaft" (Berl. 1856), später als "Naturwissenschaftliche Volksbücher" (4. Aufl., 21 Bde., ebd. 1880 u. ö.; Neue Folge, ebd. 1880-85) heraus; wegen ihrer Gediegenheit und ihres Formgeschicks wurden sie in fast alle europ. Sprachen übertragen; in diesen Kreis gehört auch "Naturkraft und Geisteswalten" (2. Aufl., Berl. 1884) und "Natur und Kultur" (Lpz. 1880). Anziehende Schilderungen aus dem jüd. Volksleben lieferten die Novellen "Vögele der Maggid" (Berl. 1860 u. 1864) und "Mendel Gibbor" (ebd. 1860; neue Ausg. 1872; beide zusammen u. d. T. "Novellen", 7. Aufl., ebd. 1892). B.s geschichtliche Skizzen: "Die Märztage" (2. Aufl., Berl. 1873), "Aus dem Jahre 1848" (ebd. 1873), "1849. Verfassungskämpfe und Kabinettsintriguen" (ebd. 1873), "Bis nach Olmütz" (ebd. 1873 u. 1874), "Die Jahre des Volkes" (2. Aufl., ebd. 1874) und "Die Jahre der Reaktion" (ebd. 1881), zeichnen sich durch lebhafte Schilderung aus.

Bernstein, Georg Heinr., Orientalist, geb. 12. Jan. 1787 zu Cospeda bei Jena, studierte 1806-11 in Jena, Leipzig und Göttingen orient. Sprachen, habilitierte sich 1811 in Jena als Privatdocent, wurde Ostern 1812 als außerord. Professor der morgenländ. Litteratur nach Berlin und 1821 als ord. Professor nach Breslau berufen und starb 5. April 1860 zu Lauban. Auf Forschungsreisen nach Leiden, Cambridge, Oxford, London, Venedig, Florenz, Rom und Neapel sammelte er in den Bibliotheken ein gewaltiges litterar. Material namentlich für die syr. Litteratur und Sprache, um deren Erforschung er sich bahnbrechende Verdienste erworben hat. Er gab heraus: "Gregorii Bar-Hebraei chronici syriaci e codd. mss. passim emendati specimen I" (Lpz. 1822) und "Ankündigung und Probe einer neuen Ausgabe der syr. Chronik des Gregorius Bar-Hebräus“ (Berl. 1847); ferner besorgte er eine zweite Auflage von Kirschs "Chrestomathia syriaca" unter völliger Erneuerung des Lexikons, Bd. 1 u. 2 (Lpz. 1832-36). Von seinem großen syr. Wörterbuche erschien nur das erste Heft (Berl. 1857). Er hat ferner Teile von dem großen exegetischen Werk des Gregorius Bar-Hebräus, dem "Horreum mysteriorum", teils selbst herausgegeben (zu Hiob, Bresl. 1858), teils durch seine Schüler aus seinen sorgfältigen Abschriften bearbeiten lassen. Ferner gab er heraus "Das heilige Evangelium des Johannes. Syrisch in harklensischer Übersetzung" (Lpz. 1853), die "Commentatio der Hharklensi Novi Testamenti translatione syriaca" (Bresl. 1837; 2. Ausg. 1854), einen Teil des "Hitopadesa" (ebd. 1823), das arab. Lobgedicht des Safi ed-din (Lpz. 1816) und das arab. Werk: "De initiis et originibus religionum in oriente dispersarum" (Berl. 1816).

Bernstein, Julius, ältester Sohn von Aaron B., geb. 8. Dez. 1839 in Berlin, wurde 1869 außerord. Professor der Physiologie in Heidelberg, 1871 in Berlin, 1872 ord. Professor der Physiologie in Halle. B. studierte besonders Entstehungszeit und Verlauf der elektrischen Ströme in den Nerven und schrieb: "Untersuchungen über den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsystem" (Heidelb. 1871), sowie "Die fünf Sinne des Menschen" (2. Aufl., Lpz. 1889), "Lehrbuch der Physiologie des tierischen Organismus" (Stuttg. 1894).

Bernsteinbaum, s. Pinites und Bernstein (S. 838 b).

Bernsteinfirnis, eine Lösung von Bernsteinkolophonium (s. d.) in Terpentinöl. Will man einen dickflüssigen, tiefschwarzen Firnis, so trägt man in schwach erwärmtes Terpentinöl so lange Bernsteinkolophonium ein, als dieses noch gelöst wird, und erteilt dem Firnis durch Zusatz von Terpentinöl jeden Grad von Flüssigkeit. Mit Leinölfirnis gemischter B. wird als Bernsteinlack bezeichnet.

Bernsteinindustrie. A. Gewinnung des Bernsteins. Das Hauptgebiet, in welchem der Bernstein gewonnen wird, sind die Provinzen Westpreußen und namentlich Ostpreußen. Die ältesten noch heute gebräuchlichen Gewinnungsarten sind das Auflesen des Bernsteins am Strande, das Fischen mit Käschern und das sog. Stechen. Bei letzterm werden an klaren Tagen von Booten aus die Steine am Meeresgrund (namentlich bei Brüsterort) mit langen hakenförmigen Gabeln umgedreht, und der durch die Wasserbewegung ins Schwimmen gekommene Bernstein in kleinern Netzen aufgefangen. Sehr alt ist auch das Graben des Bernsteins, sei es in den Uferbergen aus der blauen Erde (Groß-Hubnicken, Sassau, Kraxtepellen u. a. O.), oder aus jüngern Schichten im Binnenlande (Willenberg, Gluckau, Prökuls u. s. w.). Die ersten sichern Nachrichten über rationellen bergmännischen Abbau stammen aus dem Ende des 18. Jahrh. Doch wurde zu dieser Zeit nur der gestreifte Sand abgebaut. Einen großen Aufschwung erhielt die Bernsteingewinnung durch die Firma Stantien & Becker in Königsberg, welche an Stelle der frühern einfachen Gewinnungsarten Taucher und Dampfbagger einführte. Doch ist diese Gewinnung des Bernsteins jetzt aufgegeben; dafür wird die blaue Erde bergmännisch in mehrern Anlagen bei Palmnicken und Kraxtepellen von dieser Firma abgebaut. Die jährliche Produktion beträgt etwa 5000 Ctr., zu deren Hebung etwa 1650 Arbeiter und Beamte nötig sind. Die zu Tage geschaffte blaue Erde wird zerwaschen, durch Aus-