Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Beschlagnahme'
mit den Mitteln und in den Grenzen des Zeugniszwanges (s. d.) durchgeführt werden (Deutsche
Strafprozeßordn. §§. 94, 95; Österr. Strafprozeßordn. §. 143). Nach der Deutschen Strafprozeßordnung sind von der B. ausdrücklich ausgenommen
Aktenstücke öffentlicher Behörden, wenn die oberste Dienstbehörde erklärt, daß ihr Bekanntwerden dem Wohl des Reichs oder eines Bundesstaates
Nachteil bereiten würde (§. 96), und ferner schriftliche Mitteilungen zwischen dem Beschuldigten und denjenigen Personen, welche wegen ihres
Verhältnisses zu ihm zur Zeugnisverweigerung (s. d.) berechtigt sind, falls diese Mitteilungen sich in den Händen der letztern
befinden und diese nicht selbst der Teilnahme an der Strafthat verdächtig sind (§. 97).
Nach der Deutschen Strafprozeßordnung (§. 99) unbedingt, nach der Österreichischen (§. 146) nur, falls der Beschuldigte sich bereits wegen eines
Verbrechens oder Vergehens in Haft befindet oder doch Vorführungs- oder Verhaftbefehl gegen ihn erlassen ist, zulässig ist die B. an den Beschuldigten
gerichteter, für ihn bestimmter oder von ihm herrührender Briefe, Sendungen und Telegramme auf den Post- und Telegraphenanstalten. (S.
Briefgeheimnis.) Die Anordnung von B. steht grundsätzlich nur dem Richter, in Deutschland bei Gefahr im Verzuge auch der
Staatsanwaltschaft und, sofern es sich nicht um Postsendungen und Telegramme handelt, deren Hilfsbeamten zu; doch unterliegt auch in diesen Fällen
die B. der gerichtlichen Bestätigung, welche vor Erhebung der öffentlichen Klage bei dem Amtsrichter des Bezirks, nach Erhebung derselben bei dem mit
der Sache befaßten Gericht binnen drei Tagen nachzusuchen ist (Deutsche Strafprozeßordn. §§ 98, 100). Über Eröffnung der mit Beschlag belegten
Postsendungen entscheidet überall der Richter, der zugleich die Aushändigung oder abschriftliche Mitteilung derjenigen Stücke anzuordnen hat, welche
für die Untersuchung nicht von Bedeutung sind (Deutsche Strafprozeßordn. §§. 100, 101; Österr. Strafprozeßordn. ß§. 147–149).
In dem Verfahren gegen Abwesende (s. auch Abwesenheit) findet nach der Deutschen
Strafprozeßordnung, sofern es sich um das Ungehorsamsverfahren wegen nur mit Geldstrafe oder Einziehung bedrohter Strafthaten handelt, zur Deckung
der Strafe und Kosten eine B. einzelner dem Angeschuldigten gehöriger Gegenstände, und falls diese nicht ausführbar, die B. des im Deutschen Reiche
befindlichen Vermögens des Angeschuldigten statt; sofern es sich um die Beweissicherung in schwerern Fällen handelt und Verdachtsgründe vorliegen,
welche die Erlassung eines Haftbefehls rechtfertigen würden, findet nur die B. des Vermögens statt. Letztere ist dabei als ein Mittel, den Angeschuldigten
zur Gestellung zu veranlassen, gedacht (Strafprozeßordn. §§. 325, 326, 332). Vgl. auch Wehrpflichtige.
Bei Druckschriften findet unbeschadet der allgemeinen Vorschriften über B. (s. oben) eine
vorläufige B. ohne richterliche Anordnung durch die Polizeibehörden statt, wenn entweder die Druckschriften den
preßpolizeilichen Bestimmungen, insbesondere über Angabe des Namens und Wohnorts des Druckers, Verlegers, Redacteurs, nicht entsprechen, oder
wenn ihre Verbreitung auf Grund gesetzlicher Ermächtigung verboten ist, oder wenn sie ihres Inhalts wegen im öffentlichen Interesse (im Deutschen
Reich nur wegen Aufforderung zur Begehung strafbarer, insbesondere hochverräterischer ↔ Handlungen, wegen Majestätsbeleidigung,
Anreizung zu Gewaltthätigkeiten und wegen unzüchtigen Inhalts) zu verfolgen sind. Die Polizeibehörden haben die Verhandlungen ohne Verzug der
Staatsanwaltschaft, diese, falls sie die B. nicht wieder aufhebt, dem Gericht zur Bestätigung oder Aufhebung der B. vorzulegen. Die dafür genau
bestimmten Fristen sind so kurz bemessen, daß die B. erlischt, wenn der bestätigende Gerichtsbeschluß nicht bis zum Ablauf des fünften Tags, in
Österreich binnen acht Tagen nach der B. ergeht. Auch die bestätigte B. ist aufzuheben, in Deutschland, wenn nicht binnen zwei Wochen nach der
Bestätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet ist, in Österreich, wenn nicht innerhalb acht Tagen der Staatsanwalt Voruntersuchung
beantragt oder Anklageschrift eingereicht hat. Das österr. Gesetz gewährt bei Aufhebung oder Erlöschen der B. dem Beschädigten Ersatz des
erweislichen Schadens aus der Staatskasse. (Deutsches Preßgesetz vom 7. Mai 1874, §§. 23 fg.; Österr. Strafprozeßordn. §§. 487–491.)
Beschleunigung, Acceleration, in der Mechanik Bezeichnung der pro Zeiteinheit
gerechneten Zunahme der Geschwindigkeit (s. d.) eines bewegten Körpers. Eine solche Geschwindigkeitszunahme hat zur Ursache
immer eine Kraft. Ist dieselbe P und die zu beschleunigende Masse m, so ist, wenn man eine geradlinige Bewegung voraussetzt, die B.
ϕ=P/m, d.h. je größer die wirkende Kraft und je kleiner die zu beschleunigende Masse, desto größer ist
die dem Körper erteilte B. Ist die Kraft konstant, so ist es auch die B., und die Bewegung heißt dann
gleichmäßig beschleunigt, vorausgesetzt, daß die Kraft in der Bewegungsrichtung wirkt, und
gleichmäßig verzögert, wenn die Kraft der Bewegungsrichtung entgegenwirkt; in letzterm Falle ist die B. negativ,
also eine Geschwindigkeitsabnahme. Bei wechselnder Größe der Kraft ändert sich auch die B., und ihre Größe ist dann gewöhnlich nur mit Hilfe der
Differentialrechnung angebbar. Ist hierbei der zurückgelegte Weg s für jede Zeit t durch die Funktion
s=f(t) gegeben, so ist die B. ϕ=d₂s/dt², d.h. die B. ist
die zweite Ableitung des Weges nach der Zeit oder auch die erste Ableitung der Geschwindigkeit v nach der Zeit
ϕ=dv/dt , da v=ds/dt. Bei krummliniger Bewegung
unterscheidet man noch die Normalbeschleunigung, welche senkrecht zur Bahn gerichtet ist und die Größe
v²/ρ hat, wo v die Geschwindigkeit in der Richtung der Bahn und ρ den Krümmungsradius bedeutet. In
der Kinematik wird die B. durch geometr. Konstruktion ermittelt, und ihre Kenntnis ist hier für die Beurteilung der Massenwirkungen an Mechanismen von
Bedeutung. Für das Kurbelgetriebe, den Urtypus der meisten Mechanismen, hat zuerst Rittershaus («Civilingenieur», 1880, S. 244) eine mathematisch
genaue Konstruktion mitgeteilt. Über die Acceleration der Schwerkraft s. d. (Vgl.
Bewegung.)