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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Betrug

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Betrug

geschaffenen Einrichtungen zu beteiligen. Hinsichtlich der Krankenversicherung sind sie befugt, eine auf Grund früherer Versicherungspflicht etwa bestehende Zugehörigkeit zu einer Gemeindekrankenversicherung oder Orts- u. s. w. Krankenkasse freiwillig fortzusetzen; auch können Orts- u. s. w. Krankenkassen bestimmen, daß B. das Recht haben sollen, in die Kasse einzutreten (Krankenversicherungsgesetz Ziffer 5, §. 26, Abs. 4). Zur Unfallversicherung können Unternehmer versicherungspflichtiger Betriebe für ihre eigene Person zugelassen werden, wenn das Statut einer auf Grund des Unfallversicherungsgesetzes errichteten Berufsgenossenschaft dies zuläßt (Unfallversicherungsgesetz §. 1, Abs. 2). Unternehmer von Bauarbeiten sind zur Versicherung der eigenen Person, sofern ihr Jahresarbeitsverdienst 2000 M. nicht übersteigt, kraft Gesetzes ermächtigt; bei höherm Jahresarbeitsverdienste kann ihnen die Versicherung der eigenen Person durch Statut gestattet werden. Durch das Statut können kleine Unternehmer von Bauarbeiten, d. h. solche Unternehmer, welche nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter beschäftigen, auch der Unfallversicherungspflicht hinsichtlich der eigenen Person unterworfen werden (Bau-Unfallversicherungsgesetz §§. 2, 48), und von dieser Befugnis ist von sämtlichen Baugewerks-Berufsgenossenschaften Gebrauch gemacht worden. Die gleichen Bestimmungen wie für Baugewerbtreibende gelten für Unternehmer land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, jedoch mit der Maßgabe, daß die statutarische Versicherungspflicht der Unternehmer nicht nach der Zahl der beschäftigten Lohnarbeiter, sondern nach der Höhe des eigenen Jahresarbeitsverdienstes sich richtet, so daß Land- und Forstwirte, deren Jahresarbeitsverdienst 2000 M. nicht übersteigt, kraft Reichsgesetzes durch Statut der Versicherungspflicht unterworfen werden können (Landwirt-Unfallversicherungsgesetz §. 2); von dieser Befugnis haben verschiedene Berufsgenossenschaften Gebrauch gemacht. Durch Landesgesetz kann eine Verpflichtung land- und forstwirtschaftlicher B. zur Unfallversicherung der eigenen Person, ohne besondere reichsgesetzliche Beschränkung, also in weiterm Umfange eingeführt werden (a. a. O. §. 1, Abs. 3). Für die Invaliditäts- und Altersversicherung können B. der Versicherungspflicht durch den Bundesrat unterworfen werden, sofern sie nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter beschäftigen oder Hausgewerbetreibende sind (Invaliditätsversicherungsgesetz §. 2). Im übrigen sind die B. in gleichem Umfange, in welchem sie durch den Bundesrat für versicherungspflichtig erklärt werden können, bis zum 40. Lebensjahre zur freiwilligen Selbstversicherung berechtigt (a. a. O. §. 8), und können außerdem ein früher bestandenes Pflichtverhältnis durch freiwillige Fortentrichtung der Beiträge in der Lohnklasse II freiwillig fortsetzen. An sich müssen sie bei der Selbstversicherung und der freiwilligen Fortsetzung der Versicherung auch die Zusatzmarke des Reichs beibringen; sie sind hiervon jedoch befreit, wenn sie mindestens 5 Jahre versicherungspflichtig waren und regelmäßig nicht mehr als einen Lohnarbeiter beschäftigen (a. a. O. §. 118). (S. Arbeitgeber, Anzeige.)

Betrug. Für das bürgerliche Recht hat der B., d. i. arglistige Täuschung, eine doppelte Bedeutung. Derselbe begründet, wenn der Getäuschte durch den B. Schaden erlitten hat, in allen Fällen einen Anspruch gegen den Betrüger auf das volle Interesse (s. d.). Diese Wirkung teilt der B. mit der Arglist (s. d.), welche beide die Römer unter dem Namen dolus zusammenfaßten, soweit jemand durch B. zur Abgabe eines Versprechens bestimmt ist und der Betrüger Anspruch auf Erfüllung erhebt, steht ihm wie bei der Arglist die exceptio doli entgegen. Hat der Getäuschte bereits erfüllt, oder handelt es sich um eine andere Willenserklärung als ein Versprechen, z. B. eine Zahlung, eine Auflassung, eine Cession, eine Veräußerung, so kann der Getäuschte dem Betrüger gegenüber seine Willenserklärung anfechten und Wiederherstellung des frühern Zustandes, also Rückgabe und Schadenersatz unter Beiseitesetzung des geschlossenen Rechtsgeschäfts fordern, nach Preuß. Allg. Landrecht und nach Gemeinem Recht wenigstens dann, wenn er, sofern er nicht in den Irrtum versetzt wäre, das Geschäft überhaupt nicht abgeschlossen haben würde (sog. dolus causam dans), während, wenn er es anders abgeschlossen hätte, z. B. billiger gekauft oder teurer verkauft hätte, er nur die Differenz fordern kann. Ob der Irrtum das Wesentliche des Geschäfts betroffen hat oder einen Nebenumstand, ist unerheblich: entscheidend ist allein, daß der Getäuschte durch den B. zur Abgabe dieser Willenserklärung bestimmt ist. Unerheblich ist es auch, ob der Getäuschte den B. hätte vermeiden können. Auch der Dumme hat bei dem gröbsten B. dieselben Rechte wie der Kluge bei einem fein eingefädelten. Ob die Anfechtung der Willenserklärung nur dem Betrüger gegenüber gestattet ist, so daß der unschuldige Dritte an seinen Rechten nichts einbüßt, oder ob der Getäuschte schlechthin wieder in den vorigen Stand eingesetzt wird, darüber gehen die Rechte auseinander, soweit der letztere Standpunkt inne gehalten wird, muß nur der, welcher vom Betrüger erworben hat, oder wer am B. nicht teilgenommen hat, unbeschadet seines Schadenersatzanspruches gegen den Betrüger, dasjenige zurückgeben, was er ohne den B. des Dritten nicht haben würde. Der B. übt auch seinen Einfluß auf die Gültigkeit der Ehe (s. Ehebetrug) und einer durch B. veranlaßten letztwilligen Verfügung. Nach bürgerlichem Recht stehen dieselben Rechtsmittel zu, wenn die Täuschung durch den Gebrauch falscher oder gefälschter Urkunden bewirkt wird, wie wenn sich der Betrüger anderer Mittel bedient. Ein Anlaß zwischen Fälschung und B. zu unterscheiden besteht hier nur für gewisse Fälle. Nach der Deutschen Civilprozeßordn. §. 543 findet z. B. die Restitutionsklage (s. d.) statt, wenn eine Urkunde, auf welcher ein rechtskräftiges Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war.

Strafrechtlich gehört zum Thatbestand des B. eine Vermögensbenachteiligung. Diese Beschränkung entspricht der gemeinen Volksanschauung. Das Deutsche Strafgesetzbuch straft (§. 263) als Betrüger denjenigen, welcher in der Absicht, sich oder einem andern einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines andern dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Thatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält.

Die Thatsachen brauchen nicht äußere, sinnlich wahrnehmbare, es können auch innere sein. Auch derjenige betrügt daher, der einem andern erklärt, er wolle mit einem neuen von dem andern auszustellenden Wechsel ein früheres Gefälligkeitsaccept einlösen, während er zur Zeit der Erklärung diese