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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Boileau-Despreaux; Boilly; Boina; Boineburg; Boisage; Boisard

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Boileau-Despréaux – Boisard

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Boieldieu'

zur Komischen Oper ebnete. Den ersten Erfolg in ihr errang er mit dem Einakter: «La dot de Suzette» (1795). Daran schlossen sich: «La famille suisse» (1796), «Mombreuille et Merville» (1797), «L'heureuse nouvelle» (1797), «Zuraïme et Zulnare» (1798), «Les méprises espagnoles» (1798),«Beniowski» (1800). Sie gehören alle der dramatisch aufregenden Richtung an, die infolge der Revolution und der Schreckenszeit die franz. Oper ergriffen hatte. Inzwischen war B. Professor am Konservatorium geworden. Außerordentliche Erfolge hatte 1801 seine Oper «Le Calife de Bagdad», die mehr als 700 Vorstellungen in Paris selbst erlebte und den Namen des Komponisten auch im Auslande bekannt machte. Ihr folgte 1802 «Ma tante Aurore». Infolge seiner unglücklichen Verheiratung mit der Tänzerin Mafleuroy wandte sich B. 1803 mit seinen Freunden Rode und Lamare nach Petersburg, wohin er als kaiserl. Kapellmeister berufen war. Hier schrieb er mehrere Opern: «Abderkan», «Calypso», «Les voitures versées», «Aline», «Rien de trop» u. a. und kehrte 1811 nach Paris zurück, wo er die Oper «Jean de Paris» komponierte, die Anfang 1812 zur Aufführung kam und durch ihre reizende, noch heute frisch wirkende Musik vielen Beifall fand. 1813 folgte «Le nouveau seigneur de village», 1816 «La fête du village voisin». Mit diesem Werk schließt die zweite Periode in B.s Schaffen. Ihr Kennzeichen ist die Aufnahme ital. Elemente, die durch die Rivalität mit Isouard und Rossini veranlaßt war und eine größere Leichtigkeit des Konversationsstils zur Folge hatte. Das Hauptwerk dieser Periode ist «Jean de Paris». Nachdem B. 1817 an Méhuls Stelle Mitglied der Akademie geworden war, hatte er 1818 mit «Le chaperon rouge» («Rotkäppchen») einen glänzenden Opernerfolg. Die nächsten Jahre verlebte er angegriffener Gesundheit wegen auf seinem Landgute Jarcy, wenig mit Musik beschäftigt, doch das ihm inzwischen übertragene Amt als Kompositionsprofessor am Konservatorium versehend. 1825 trat er wieder in die Öffentlichkeit mit der «Dame blanche», seinem Meisterwerke, das als höchst graziöse und geistreiche Oper sowohl in Frankreich wie im Auslande den größten Beifall fand und bis auf den heutigen Tag bewahrt hat. Eine neue Oper, «Les deux nuits» (1829), hatte keinen Erfolg. Die Werke dieser dritten Periode zeichnet ein volkstümlicher Charakter in der Melodie und ein größerer Gehalt der dramat. Grundidee aus. B. starb 8. Okt. 1834 auf seinem Landgute Jarcy. Er war ein liebenswürdiger und geistreicher Mensch und Künstler, bühnenkundig, gewandt und anmutig in seinen Erfindungen, aber als Musiker nur in der Oper von Bedeutung. – Vgl. Pougin, B., sa vie, ses œuvres, son caractère, sa correspondance (Par. 1875). – Ein Sohn B.s, Adrien B., geb. 3. Nov. 1816 zu Paris, hat sich als talentvoller Tonsetzer bekannt gemacht durch Romanzen und einige Opern, von denen «Le bouquet de l'Infante» (1847) den meisten Erfolg hatte. Er starb im Juli 1883 in Paris.

Boileau-Despréaux (spr. bŏalloh däpreoh), Nicolas, franz. Dichter, geb. 1. Nov. 1636 zu Paris, erhielt eine gute gelehrte Bildung, studierte die Rechte, widmete sich dann ganz den Schönen Wissenschaften, vornehmlich der Dichtkunst, und machte sich zuerst durch «Satiren» (1666, 1669 u. ö.) bekannt, die wegen ihres eleganten Versbaues, ihres feinen Witzes und rhythmischen Wohllauts schnell berühmt wurden. Auch seine «Episteln» (1669–77) ↔ fanden großen Beifall, und die der «Ars poetica» des Horaz nachgebildete Poetik «L'art poétique» (1672; mit den Anmerkungen von de Castres neu hg. von Klautzsch, Lpz. 1874) erhielt nicht nur in Frankreich, sondern auch im Auslande das Ansehen eines ästhetischen Gesetzbuchs. B. billigte die bestehenden Regeln und Darstellungsformendes franz. Klassicismus und brachte dessen Poetik zum Abschluß, indem er den Grundsatz aufstellte, daß nur das Wahre schön sei und wahr nur das Vernünftige. Klarer Verstand, reiner Stil und treffender Ausdruck sind namentlich Vorzüge der Dichtungen B.s, die aber mehr Erzeugnisse der Reflexion als des poet. Genies sind. Seine Gegner, die ihm Mangel an Phantasie und an Originalität vorwarfen, zu widerlegen, schrieb er das komisch-epische Gedicht «Le lutrin» (1678), ein Meisterwerk des Humors. Seine wenigen Oden und die im Alter verfaßten Satiren (10–12) und Episteln (10–12) sind geringwertig, bemerkenswert der «Traité du sublime» (1674, übersetzt aus Longin). Im Leben vereinigte B. mit einem sanften, liebenswürdigen Charakter eine selbst im Verkehr mit dem Hofe bewahrte Freimütigkeit und Unbestechlichkeit des Urteils. Er wurde 1677 neben Racine Reichshistoriograph, 1684 in die Französische Akademie aufgenommen und starb 13. März 1711 zu Paris. Mit Moliere, La Fontaine und Racine innig befreundet, gehörte er zu den Männern, die der Regierung Ludwigs XIV. Glanz verliehen, und trug durch Schriften und Lehren wesentlich zur stilistischen Vervollkommnung der franz. Litteratursprache bei. Auf die Litteratur seiner und der folgenden Zeit hatte er außerordentlichen Einfluß, und erst durch die romantische Schule des 19. Jahrh. wurde seine Autorität im Reich des poet. Geschmacks bei den Franzosen erschüttert. B.s Schriften wurden oft herausgegeben. Hervorzuheben sind die Ausgaben von Brossette und Du Monteil («Œuvres de B.», 2 Bde., Amsterd. 1718), Berriat-Saint-Prix (4 Bde., Par. 1830, 1860), Brunetière (ebd. 1890). Eine vollständige Ausgabe der «Correspondance entre B. et Brossette» besorgte Laverdet (ebd. 1858). – Vgl. Kaulen, Poetik B.s (Hannov. 1882); Bornemann, B. im Urteil seines Zeitgenossen Jean Desmarets de Saint-Sorlin (Heilbr. 1883); Deschanel, «Le romantisme des classiques», 4. Serie (Par. 1888); Morillot, Boileau (ebd. 1892).

Boilly (spr. bŏajih), Louis Leopold, franz. Maler, geb. 5. Juli 1761 zu La Basses bei Lille, malte bereits mit 12 Jahren zwei religiöse Bilder, die sich noch heute in seiner Vaterstadt befinden. Dann in Douai, seit 1777 in Arras besonders mit der Anfertigung von Bildnissen beschäftigt, kam er 1786 nach Paris, wo er bald durch seine vorzüglichen Bildnisse und Genrebilder zu hohem Ansehen gelangte. Von seinen zahllosen Werken sind hervorzuheben: Ankunft einer Diligence im Posthof (1803; im Louvre); Das Atelier Isabeys, Der Triumph Marats (beide im Museum zu Lille). Er starb 5. Jan. 1845 in Paris.

Boina, die baskische Mütze (Barett), Erkennungszeichen der karlistischen Truppen in Spanien.

Boineburg, s. Boyneburg.

Boisage (frz., spr. bŏasahsch'), Täfelwerk (s. d.).

Boisard (spr. bŏasahr), Jean Jacques François Marie, franz. Fabeldichter, geb. 4. Juni 1744 zu Caen, bekleidete mehrere Verwaltungsposten, war dann Sekretär des Grafen von Provence, verlor diese Stelle infolge der Revolution und starb 10. Okt. 1833.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 244.