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Botanische Gärten
Phanerogamen schon seit langer Zeit, daß man Staubgefäße und Griffel als Geschlechtsapparate anzusehen habe; aber ein klarer Einblick in den Vorgang der Befruchtung konnte erst in den letzten Jahrzehnten gewonnen werden. Man wußte allerdings schon zu Ende des 18. Jahrh. durch die Untersuchungen Gottlieb Koelreuters (1733-1806), Joseph Gärtners (1732-91), daß Bastardzeugungen (s. Bastardpflanzen) im Pflanzenreiche vorkommen, man wußte ferner durch die Beobachtungen Konrad Sprengels (1715-1816), daß die Insekten eine wichtige Rolle bei der Befruchtung spielen (s. Bestäubung); aber alle diese Angaben bezogen sich nur auf die äußere Vereinigung der Pollenkörner und der Narbe. Erst 1823 wurde von Amici entdeckt, daß die Pollenkörner Schläuche treiben, und von da an war die Frage von dem Zustandekommen der Befruchtung in ein neues Stadium getreten. Amici selbst und Mohl verfolgten den Verlauf der Pollenschläuche und beobachteten, daß sie sich an die Samenknospe anlegten; Schleiden und Schacht dagegen behaupteten, der Pollenschlauch dringe in die Samenknospe ein und aus dem Ende desselben entstehe der Embryo. Diese Frage wurde schließlich von Hofmeister endgültig zu Gunsten von Amici und Mohl entschieden. In neuerer Zeit hat sich Strasburger noch genauer mit dem Befruchtungsvorgang bei den Phanerogamen beschäftigt und denselben nach der morpholog. Seite hin vollständig klargelegt. Die Sexualität der Kryptogamen war ebenfalls der Gegenstand vieler Untersuchungen und auch hier ward bald durch Nägeli, Hofmeister, Pringsheim, de Bary und Thuret der Sachverhalt richtig erkannt.
Die Physiologie der Pflanzen hatte sich unabhängig von der Systematik sowohl wie von der Morphologie schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. entwickelt. Wohl hatten schon Malpighi, Grew und andere vor dieser Zeit in ihren Werken einige Bemerkungen über die Lebenserscheinungen der Pflanzen gemacht; aber dieselben waren teils von philos. Anschauungen zu sehr durchsetzt, teils auch fußten sie auf ganz unzureichenden Versuchen. Der erste Botaniker, der die Physiologie rein wissenschaftlich betrieb, war der Engländer Stephan Hales (1677-1761), er beschäftigte sich hauptsächlich mit der Transpiration und der Wasserbewegung in den Pflanzen, und auch über die Ernährung derselben machte er bereits lehrreiche Versuche. Mit der weitern Entwicklung der Chemie machte auch die Pflanzenphysiologie immer mehr Fortschritte. Über die Ernährung der Pflanze (s. d.) wurden Untersuchungen angestellt von Priestley, Ingenhousz, Senebier, Théodore de Saussure. Zu Anfang des 19. Jahrh. trat auch die physik. Physiologie mehr hervor, es wurden die Wirkungen der Schwerkraft, der Wärme, des Lichts auf die Bewegungserscheinungen und das Wachstum der Pflanzen eingehender behandelt. Andrew Knight wies nach, daß das Aufrichten der Stengel, das Eindringen der Wurzeln in den Boden von der Schwerkraft abhängig sei, Dutrochet, A. P. Decandolle, Link, Mohl, Meyen beschäftigten sich mit den Erscheinungen des Heliotropismus und Geotropismus. Seit der Mitte des 19. Jahrh. wurden chem.-physiol. Fragen, die auf Ernährung, Assimilation, Atmung Bezug haben, vorzugsweise von Boussingault, Liebig, Nägeli, Sachs, Pringsheim, Pfeffer behandelt; mit den physik.-physiol. Problemen beschäftigten sich Nägeli, Hofmeister, Schwendener, Sachs, Wiesner, Frank u. a.
Die Pflanzengeographie, als deren Begründer Alexander von Humboldt anzusehen ist, wurde hauptsächlich von Alphonse Decandolle, Grisebach, Engler, Drude gefördert. Die Phytopaläontologie, die Untersuchung der fossilen Pflanzen, die zuerst durch Brogniart und Unger angeregt wurde, fand eifrige Bearbeiter in Göppert, Heer, Schenk, Renault u. a. Die Pflanzenpathologie wurde durch Fortschreiten der Ernährungsphysiologie und durch den genauern Einblick in die Lebensweise der parasitisch lebenden Pflanzen schnell zu einem wichtigen Teil der botan. Wissenschaft; als Forscher, die auf diesem Gebiete thätig waren, sind zu nennen Kühn, de Bary, Sorauer, Frank. In allen Disciplinen der wissenschaftlichen B. herrscht gegenwärtig ein reger Forschungseifer, der durch die aufs höchste vervollkommneten Mikroskope und die glänzend eingerichteten botan. Gärten, Institute und Sammlungen genügend unterstützt und genährt wird.
Litteratur. A. Geschichte der B.: E. Meyer, Geschichte der B. (4 Bde., Königsb. 1854-57); Irmisch, Einige Botaniker des 16. Jahrh. (Sondersh. 1862); Jessen, B. der Gegenwart und Vorzeit (Lpz. 1865); Sachs, Geschichte der B. (Münch. 1875). B. Lehrbücher der B.: Linné, Fundamenta botanica (Amsterd. 1736); ders., Philosophia botanica (Stockh. 1751); Link, Elemanta philosophiae botanicae, Grundlehren der Kräuterkunde (Berl. 1824); Bischofs, Lehrbuch der allgemeinen B. (Stuttg. 1834-39); Schleiden, Grundzüge der wissenschaftlichen B. (Lpz. 1842-43; 4. Aufl. 1861); Endlicher und Unger, Grundzüge der B. (Wien 1843); Sachs, Lehrbuch der B. (4. Aufl., Lpz. 1874); Leunis, Synopsis der B. (3 Bde., 3. Aufl., bearbeitet von Frank, Hannov. 1883-86); Schenk, Handbuch der B. (4 Bde., Bresl. 1881-90); Warming, Handbuch der systematischen B. (deutsch von Knoblauch, Berl. 1890). C. Botan. Zeitschriften: Flora (Regensb. seit 1818, seit 1889 Marburg); Annales des sciences naturelles (Par. seit 1824); Botanique (Halle, Berl. 1826-82); Botan. Zeitung (Berl., Lpz. seit 1843); Zeitschrift für wissenschaftliche B. (Zür. 1844-46); Jahrbücher für wissenschaftliche B., hg. von Pringsheim (Berl., Lpz. seit 1863); Just, Botan. Jahresbericht (Berl. seit 1873); Botan. Centralblatt (Cass. seit 1880); Botan. Jahrbücher für Systematik, Pstanzengeschichte und Pflanzengeographie, hg. von Engler (Lpz. seit 1881); Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft (Berl. seit 1883); Botan. Adreßbuch. Verzeichnis der lebenden Botaniker, sowie der botan. Anstalten, Gesellschaften und Zeitschriften, hg. von Fachmännern (Lpz. 1891). Specielle Litteratur über die einzelnen Disciplinen der B. s. die Artikel: Morphologie, Histologie, Physiologie, Systematik, Pflanzenkrankheiten, Pflanzengeographie, Paläontologie. Ein fast vollständiges Verzeichnis der gesamten botan. Litteratur bis 1872 ist von Pritzel in seinem Thesaurus literaturae botanicae (2. Aufl., Lpz. 1872-77) gegeben worden.
Botanische Gärten, Bezeichnung für Gartenanlagen, die als Hilfsmittel sowohl der botan. Forschung als auch des Unterrichts in der Botanik dienen. Die B. G. sollen eine große Anzahl von Gewächsen und zwar aus den verschiedensten Klimaten enthalten und alle Pflanzen sollen möglichst in denselben Temperatur-, Feuchtigkeits- und Bodenverhältnissen wachsen wie an den Orten, an denen sie einheimisch sind. Diejenigen Pflanzen, die das