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Brunow – Bruns
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Bruno (Giordano)'
lichte noch «Le opere inedite di Giordano B.» (ebd. 1891).
Die Philosophie B.s wurzelt in der Kopernikanischen Lehre, die er nicht durch Forschungen, sondern spekulativ begründete und zu einem
ganzen philos. System erweiterte, das oft geradezu divinatorisch spätern kosmologischen Errungenschaften vorgriff. Er erklärte das
Universum für unendlich, dem Raum und der Zeit nach; unzählige Welten schweben in demselben, sich gegenseitig je nach ihrer
Verwandtschaft anziehend oder fliehend und so ein System bildend. Das Universum aber ist Gott, es ist vollendet und kann sich als Ganzes
nicht ändern; alle Veränderung ist in ihm. Die Entwicklung gehört nur den einzelnen Dingen an, und alle Gegensätze lösen sich in der
Harmonie des Ganzen. So wie aber Gott die Ursache aller Dinge und aller Entwicklung ist, so ist er auch ihr Endzweck, der kein anderer ist als
die Verwirklichung der unendlichen Formen und Gestalten, deren Möglichkeit in Gott liegt. Die Natur ist so die Selbstentfaltung Gottes, der
natura naturans, in der der Möglichkeit nach alles und auf einmal enthalten ist, was in der sichtbaren Welt
(der natura naturata) in zeitlicher Entwicklung erscheint. Seine Lehre war ziemlich unbeachtet geblieben,
bis Fr. H. Jacobi in den «Briefen über die Lehre des Spinoza», durch die Auszüge, die er daselbst aus B.s Arbeiten gab, und nach ihm
Schelling in dem «Bruno» benannten Gespräch über die Weltseele die Aufmerksamkeit auf ihn lenkten. – Vgl. die Litteratur bei
Überweg-Heinze, Geschichte der Philosophie, Bd. 3, 7. Aufl., S. 31 (Berl. 1888): Chr. Bartholomèß, Jordano B. (Par. 1846–47): N. Mariano,
G. B., la vita e l’uomo (Rom 1881); Herm. Brunnhofer, G. B.s Weltanschauung und Verhängnis
(Lpz.1882); ders., G. B.s Lehre vom Kleinsten als die Quelle der prästabilierten Harmonie von Leibnitz (ebd. 1890); Plumptree,
Life and works of Giordano B. (2 Bde., Lond. 1884); Frith,
Life of G. B., revised by Moriz Carriere (ebd. 1887).
Brunow, Ludwig, Bildhauer, geb. 9. Juli 1843 zu Lutheran in Mecklenburg-Schwerin, erlernte das
Tischlerhandwerk, trat 1866 in die Bauakademie zu Berlin und bildete sich dann 1867–69 auf der dortigen Kunstakademie weiter. 1871–76
schuf er außer einigen Porträtbüsten, wie die des Grafen Moltke (für Kaiser Wilhelm I. in Bronze gegossen), die Gruppen: Der Liebesbote
und Erfüllter Traum, den Pegasus für das Stadttheater in Frankfurt a. M.; 1875 vollendete er die Bronzestatue Moltkes für dessen Denkmal in
Parchim. Nach mehrfachen Studienreisen in Italien erhielt er den Auftrag zu den Bronzestatuen König Friedrichs I. und Friedrich Wilhelms II.
(1882, 1883 in Bronze gegossen) für die Herrscherhalle des Zeughauses zu Berlin. 1885 fertigte er das Denkmal des Komponisten Kücken
für Schwerin und das des Afrikareisenden Pogge für Rostock, 1886 eine Statue Gustav Adolfs für Lützen. Gegenwärtig arbeitet der Künstler
an einem Reiterstandbilde des Großherzogs Friedrich Franz II. für Schwerin.
Brun-Rollet (spr. bröng rolleh), franz. Afrikareisender, war zur Zeit der großen
Nilexpedition unter Mehemed-Ali (s. Bd. I, S. 190b) sardin.
Konsul in Chartum und gründete als einer der ersten 1844 eine Elfenbeinhandelsstation im neuerschlossenen obern Nilgebiet, befuhr 1856
den Bahr el-Ghasal bis Meschra er-Reck und brachte über den Lauf dieses Stroms die erste genauere Kunde. Ein ↔
Versuch, nach Darfur vorzudringen, mißlang ihm jedoch. Er starb 1858. Er veröffentlichte:
«Le Nil blanc et le Soudan» (Par. 1855). Weitere Mitteilungen über seine Reisen sind enthalten in
Petermanns «Mitteilungen», 1855, 1856 u. 1857 fg. und Ergänzungsband 2, im
«Bulletin de la Société de Géographie de Paris», III, 4. Bd., 1852.
Bruns, Apostel der Preußen, s. Bruno.
Bruns, Heinr., Mathematiker und Astronom, geb. 4. Sept. 1848 zu Berlin, studierte 1866–71
in Berlin Mathematik, Astronomie und Physik, war 1872–73 Rechner an der Sternwarte zu Pulkowa, 1873–76 Observator an der Sternwarte
zu Dorpat und Docent an der dortigen Universität, wurde 1876 als außerord. Professor der Mathematik nach Berlin und 1882 als ord.
Professor der Astronomie und Direktor der Sternwarte nach Leipzig berufen. In Berlin war B. auch am Geodätischen Institut und an der
Kriegsakademie thätig. Von seinen Arbeiten sind namentlich zu nennen: «Über die Perioden der elliptischen Integrale erster und zweiter
Gattung» (Dorpat 1875), «Die Figur der Erde» (Berl. 1878), «Über eine Aufgabe der Ausgleichungsrechnung (Lpz. 1886), «Über die
Integrale des Vielkörperproblems» (ebd. 1887).
Bruns, Karl Georg, Jurist, geb. 24. Febr. 1816 zu Helmstedt, studierte die Rechte in
Göttingen, Heidelberg und Tübingen, war kurze Zeit Rechtsanwalt in Braunschweig, habilitierte sich 1839 für röm. Recht in Tübingen, wurde
1844 zum außerord. Professor ernannt, 1849 ord. Professor in Rostock, 1851 in Halle, 1859 in Tübingen, 1861 in Berlin, wo er 10. Dez.
1880 starb. B. veröffentlichte: «Das Recht des Besitzes im Mittelalter und in der Gegenwart» (Tüb. 1848), eine ausgezeichnete Bearbeitung
der Dogmengeschichte der ältern ital. Jurisprudenz, «Die Besitzklagen des röm. und heutigen Rechts» (Weim. 1874),
«Fontes juris Romani antiqui» (Tüb. 1860; 5. Aufl., bearbeitet von Th. Mommsen, Freiburg 1886–87),
«Das Wesen der bona fides bei der Ersitzung" (Berl. 1872), «Syrisch-Römisches Rechtsbuch aus dem
5. Jahrh.» (mit E. Sachau hg., Lpz. 1880). Für Holtzendorffs «Encyklopädie» (ebd. 1874; 4. Aufl. 1882) bearbeitete er die Geschichte und
Quellen des röm. Rechts sowie in einer ausgezeichnet knappen und klaren Weise das heutige röm. Recht. Seine «Kleineren Schriften»
erschienen in 2 Bdn. (Weim. 1882). – Vgl. Degenkolb, Karl Georg B. (Freiburg 1881).
Bruns, Paul Victor von, Chirurg, geb. 9. Aug. 1812 zu Helmstedt, studierte in
Braunschweig, Tübingen, Halle und Berlin Medizin und ließ sich dann im Sommer 1837 als praktischer Arzt in Braunschweig nieder. Hier
wurde ihm der Unterricht in der allgemeinen Anatomie mit der Leitung der Präparierübungen an dem anatomisch-chirurg. Kollegium
übertragen und 1839 eine Professur an dieser Anstalt verliehen. Nachdem B. ein «Lehrbuch der allgemeinen Anatomie des Menschen»
(Braunschw. 1841) veröffentlicht, besuchte er, um sich speciell für das Fach der Chirurgie vorzubereiten, 1841 Berlin, Wien und Paris, worauf
er Ostern 1843 einem Rufe als ord. Professor der Chirurgie und chirurg. Klinik nach Tübingen folgte, woselbst er 9. März 1883 starb. B.'
Hauptwerke sind das «Handbuch der praktischen Chirurgie» (Bd. 1 u. 2, Tüb. 1854–60), dessen erste Teile die chirurg. Krankheiten des
Gehirns und dessen Umhüllungen sowie die der Kau- und Geschmacks-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 268.