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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Château-Thierry – Châtellerault

sich noch röm. Reste, vor allen die sich durch das Seillethal bis Burtoncourt hinziehende sog. Briquetage, mit der Hand geknetete Thonstücke, durch die man in dem sumpfigen Boden eine Grundlage gewann.

Château-Thierry (spr. schatoh tjärih). 1) Arrondissement im franz. Depart. Aisne (Champagne), hat 1188,71 qkm, (1891) 56529 E., 124 Gemeinden und zerfällt in die 5 Kantone Charly (212,00 qkm, 11293 E.), C. (210,02 qkm, 15467 E.), Condé-en-Brie (243,01 qkm, 9786 E.), Fère-en-Tardenois (264,25 qkm, 10020 E.), Neuilly-St. Front (259,43 qkm, 9963 E.). – 2) Hauptstadt des Arrondissements C., am rechten Ufer der Marne und an den Linien Paris-Châlons-sur-Marne, C.-La Ferté Milon und C.-Romilly (188 km) der Franz. Ostbahn, in 77 m Höhe amphitheatralisch auf einem Felsen gelegen, Sitz eines Gerichtshofes erster Instanz, hat (1891) 6240, als Gemeinde 6763 E., Post und Telegraph, eine altertümliche Kathedrale, ein Kommunal-Collège, Zellengefängnis, Statue des hier geborenen Lafontaine und Ruinen eines vom Merowinger Theuderich Ⅳ. im 8. Jahrh. erbauten, später den Grafen von Vermandois gehörigen Schlosses. Wichtig ist die Verfertigung von Musikinstrumenten, die Lohgerberei, Leinwand- und Lederfabrikation, Baumwollspinnerei und Färberei, sowie der Handel mit Korn, Schafwolle, Hornvieh und Möbeln. Auch sind hier zwei eisenhaltige Mineralquellen. – C., das Castrum Theodorici, wurde unter Karl Ⅳ. zur Pairie, unter Karl Ⅸ. 1566 zum Herzogtum erhoben. Napoleon Ⅰ. schlug hier 12. Febr. 1814 die Russen und Preußen unter Sacken. – Vgl. Poquet, Histoire de C. (2 Bde., Château-Thierry 1839‒40).

Château-Yquem (spr. schatoh ickähm), ein Bordeauxwein (s. d.).

Châtel (spr. schatéll), Abbé Ferdinand Toussaint François, franz. Kirchenreformer, geb. 9. Jan. 1795 zu Gannat (Depart. Allier), war nach Vollendung seiner Studien im großen Seminar von Clermont-Ferrand und 1818 empfangener Priesterweihe Vikar an der Kathedrale von Moulins, dann Pfarrer von Monétay an der Loire. Seit 1823 Feldprediger der königl. Garde in Paris, erregte er durch seine freisinnigen Predigten sowie durch Aufsätze in dem religiösen Oppositionsblatt «Le Réformateur ou Écho de la religion et du siècle» bedeutendes Aufsehen. Nach der Julirevolution 1830 trat er mit dem Plan, eine neue Kirche zu gründen, hervor; er sammelte mehrere unzufriedene Geistliche um sich, forderte Reformen in Kultus und Verfassung, besonders den Gebrauch der franz. statt der latein. Sprache in der Liturgie sowie die Aufhebung des Cölibats, und bildete im Jan. 1831, die sich über Paris und Umgegend verbreitende Église unitaire française. C. nannte sich «Primas von Gallien» und faßte das Glaubensbekenntnis der neuen Kirche in den Worten zusammen: «La loi naturelle, toute la loi naturelle, rien que la loi naturelle.» Die in etwa 30 Departements bestehende, aber bereits durch Streitigkeiten in sich zerklüftete neue Kirche wurde 1842 durch die Polizei aufgehoben; ein Versuch C.s, dieselbe nach der Februarrevolution 1848 von neuem aufzurichten, endete 1850 wiederum mit dem polizeilichen Verbot der Ausübung des neuen Kultus. C. fand im Postdienst Anstellung und starb 13. Febr. 1857 zu Paris. Er schrieb: «Profession de foi de l’Église catholique française» (Par. 1831), «Catéchisme à l’usage de l’Église catholique française» (ebd. 1833) sowie «Le code de l’humanité, ou l’humanité ramenée à la connaissance du vrai Dieu et au véritable socialisme» (ebd. 1838), eine Art naturalistischer Dogmatik und Moral.

Châtelain, Georges, s. Chastelain.

Châtelaine (frz., spr. schat’lähn), Kastellanin; auch Schloßfrau, Schloßherrin; ferner Gürtelkette mit daran hängenden Schlüsseln, Toilettengeräten u. s. w.

Châteldon (spr. schatelldóng), Hauptort des Kantons C. (124,34 qkm, 6 Gemeinden, 8650 E.) im Arrondissement Thiers im franz. Depart. Puy-de-Dôme, in 343 m Höhe, am Fuße steiler Felsmassen des Forezgebirges, hat (1891) 1269, als Gemeinde 2999 E., Post, Telegraph, ein angeblich von Ludwig Ⅵ. dem Dicken gegründetes Schloß und drei kohlensäurehaltige Eisenquellen von 13° C., deren Wasser auch versandt wird.

Châtelet (spr. schat’leh, entstanden aus castellum) hießen zwei zur Befestigung des alten Paris (der Cité) dienende Burgen: die größere (Grand C.), angeblich schon von Cäsar erbaut, wurde später Schloß des Grafen von Paris und Sitz der königl. Gerichte der Stadt und der Grafschaft Paris. Deshalb hieß dieser Gerichtshof später selbst C.; die kleinere (Petit C.) war auch Gerichtshof, welcher aber nach Niederreißung der Burg 1684 mit ersterm vereinigt wurde. Die berüchtigten Gefängnisse des C. wurden während der Revolution zerstört.

Châtelet (spr. schat’leh), Stadt der belg. Provinz Hennegau, an der Sambre und an der Linie Lodelinsart-Charleroi-Morialmé der Belg. Großen Centralbahn, 8 km im O. von Charleroi, hat (1890) 12066 E., bedeutende Nagelschmieden, Hüttenbau und Steinbrüche. Gegenüber und fast damit zusammenhängend liegt die Dorfgemeinde Châtelineau mit 10228 E., Kohlenbau, Hochöfen und Eisenfabriken. In der Nähe das Dorf Presles, wo 57 v. Chr. Cäsar die Nervier besiegte.

Châtelet (spr. schat’leh), Gabriélle Emilie, Marquise du, geborene Baronin Letonnelier de Breteuil, franz. Schriftstellerin, geb. 17. Dez. 1706, lernte die lat., engl. und ital. Sprache und heiratete in früher Jugend den Marquis du C. 1733 schloß sie einen innigen Freundschaftsbund mit Voltaire, der 1734 auf ihrem Schlosse Cirey (Champagne) seinen Wohnsitz nahm und bis 1748 mit ihr in engster Verbindung blieb. Dann ließ sie sich in eine Liebschaft mit Saint-Lambert ein und starb 10. Aug. 1749 zu Lunéville im Wochenbett. Sie trieb mathem. und naturwissenschaftliche Studien, schrieb über Leibniz’ «Institutions de physique» (1740) und übersetzte Newtons «Principia» (2 Bde., 1756). – Vgl. Desnoiresterres, Voltaire au château de Cirey (Par. 1868); Capefigue, La marquise Du C. (1868).

Châtelherault (spr. schatell’roh), Herzog von, s. Hamilton (schott. Geschlecht).

Châtelineau (spr. schat’linoh), s. Châtelet (Stadt).

Châtelleraudois (spr. schatell’rodŏá), s. Châtellerault.

Châtellerault (spr. schatell’roh). 1) Arrondissement im franz. Depart. Vienne (Poitou), hat 1187,60 qkm, (1891) 68334 E., 51 Gemeinden und zerfällt in die 6 Kantone C. (190,81 qkm, 30027 E.), Dangé (160,58 qkm, 6021 E.), Leigné-sur-Usseau (181,55 qkm, 5813 E.), Lencloître (161,04 qkm, 9257 E.), Pleumartin (252,19 qkm, 8923 E.), Vouneuil-sur-Vienne (241,43 qkm, 8293 E.). – 2) Hauptstadt des Arrondissements C., an der von hier ab schiffbaren Vienne, über die eine 144 m lange Steinbrücke (16. Jahrh.) zur Vorstadt Châteauneuf führt,

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