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Châtenois – Chatham
und an den Linien Paris-Tours-Bordeaux via Orléans, C.-Tournon-St. Martin (46 km) der Franz. Orléansbahn und Loudun-C. der Staatsbahn, ist Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz, eines Friedens- und Handelsgerichts, hat (1891) 15418, als Gemeinde 22522 E., in Garnison einen Teil des 32. Infanterieregiments, eine 1863 restaurierte Kirche St. Jacques und die Kirche St. Jean Baptiste von 1496, Bibliothek, Waffenmuseum, Gefängnis, Börse, Theater und zwei Zeitungen. C. ist eine der bedeutendsten Industriestädte Frankreichs, hat Fabrikation von Eisen- und Stahlwaren (Messer und Scheren), von Spitzen, Leder, Kerzen, lithographischen sowie Mühlsteinen, Uhren, Quincaillerie- und Bijouteriewaren, treibt starken Handel mit Wein, Branntwein, Pflaumen, Eisen- und Stahlwaren. Hier befindet sich eine große Waffenfabrik des Staates mit 12 Werkstätten und 1800 Arbeitern. – C. (Castrum Heraldi, Castrum Airaldi) bildete mit seinem Gebiete die Vicegrafschaft Châtelleraudois, die zuletzt an das Haus Bourbon fiel. Franz Ⅰ. erhob sie zum Herzogtum für den Connétable Franz von Bourbon; dann wurde sie 1538 mit der Krone vereinigt, durch Heinrich Ⅲ. aber verpfändet. – Vgl. Lalanne, Histoire de C. (Châtellerault 1859).
Châtenois (spr. schat’nŏá), franz. Name von Kestenholz (s. d.) im Elsaß.
Chatham (spr. tschättämm), Insel, s. Chathaminseln.
Chatham (spr. tschättämm), Stadt und Parlamentsborough in der engl. Grafschaft Kent, Festung sowie größtes Marinearsenal des Königreichs, 49 km im OSO. von London, südlich an der breiten Mündung des Medway, in dem hier die Flut bis 6 m steigt, und mit dem 1 km entfernten Rochester thatsächlich eine Stadt bildend, hat (1891) 31711 E., großartige Docks (200 ha) aller Art, Werften zum Bau der größten Panzer eingerichtet, Maschinenhäuser, Fabriken zur Herstellung der Kupferplatten und Bolzen, Sägemühlen, Ankerschmieden, Seilereien auch für Kabel, Gießereien, Speicher für Schiffsausrüstungen, ein Zeughaus, drei große Kasernen für die Marine, Depots für das Landheer, eine Ingenieurschule und ein Krankenhaus. Die Bewohner der Stadt sind fast ausschließlich in dem Royal Dockyard selbst oder in den für dasselbe arbeitenden Fabriken beschäftigt. Die Seekriegsetablissements nebst ihren Befestigungen stammen aus der Zeit der Königin Elisabeth, wurden 1758 erweitert und sind jetzt in eine der stärksten und regelmäßigsten Festungen Englands ausgebaut.
Chatham (spr. tschättämm). 1) Stadt in der Provinz Neubraunschweig des Dominion of Canada (Britisch-Nordamerika), rechts am Miramichi, unweit seiner Mündung in die Miramichibai des St. Lorenzgolfs, ist Sitz eines kath. Bischofs und eines deutschen Konsuls, hat (1881) 5672 E., einen Hafen, Schiffbau, Austernfischerei und Holzhandel. – 2) Stadt in der Provinz Ontario des Dominion of Canada, östlich von Detroit, an der schiffbaren Themse, an der Great-Westernbahn, ist Handelsmittelpunkt einer sehr fruchtbaren Gegend, und hat (1881) 7873 E., darunter fast 2000 früher aus den Vereinigten Staaten hierher entflohene Schwarze.
Chatham (spr. tschättämm), William Pitt, Graf von C., im Gegensatz zu seinem Sohne auch Pitt der Ältere genannt, engl. Staatsmann, geb. 15. Nov. 1708 in Boconnock (Cornwall) als Enkel Thomas Pitts, Gouverneurs von Madras, wurde in Eton und Oxford erzogen, trat als Kornett in ein Dragonerregiment, wurde 1735 ins Parlament gewählt und wegen seines Anschlusses an die Oppositionspartei der Patrioten gegen Walpole aus der Armee entfernt. Er lebte fortan ganz der Politik, zumal durch zwei reiche Vermächtnisse sein Unterhalt gesichert war. Die Abneigung des Königs wegen seiner Angriffe gegen Englands hannov. Politik schloß ihn nach Walpoles Fall (1742) längere Zeit vom Amte aus, bis er nach einer Kabinettskrisis 1746 den Posten eines Kriegszahlmeisters von Pelham erhielt. Seine Opposition gegen Regierungsanträge bewirkte 1755 seine Entlassung. Als der damals leitende Minister Newcastle 1756 zurücktrat, übernahm Pitt unter dem Herzog von Devonshire das Staatssekretariat des Auswärtigen, mußte aber wieder nach wenigen Monaten vor der Feindseligkeit des Königs weichen, bis die überaus schwierige Lage nach dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges bei dem Mangel geeigneter Männer schon Juni 1757 seine Neuberufung erzwang. Während Newcastle die nominelle Leitung des Kabinetts hatte, führte Pitt völlig selbständig die auswärtige Politik im Kampfe gegen Frankreich. Er unterstützte Friedrich d. Gr. mit reichen Subsidien und durch ihn erhob sich die engl. Seemacht zu unbestrittener Vorherrschaft. Dabei herrschte er durch seine gewaltige Beredsamkeit im Unterhause wie ein Autokrat und zwang seine Hörer durch die Gewalt und Glut seiner Begeisterung. Er sprach und handelte mit höchstem Selbstgefühl, nie schmeichelte er der öffentlichen Meinung, und doch war niemand populärer als er. Der entscheidende Wendepunkt für sein Wirken war der plötzliche Tod Georgs Ⅱ. (1760), der C. völlig hatte gewähren lassen. Sein Nachfolger Georg Ⅲ. besaß den Ehrgeiz, eine persönliche Politik führen zu wollen und gab Pitt seinen Günstling Bute als Kollegen im Staatssekretariat, der offen die Beendigung des opferreichen Krieges verfolgte. Pitt fand mit seinen neuen Kriegsplänen Widerspruch bei seinen Amtsgenossen und trat daher Okt. 1762 zurück. Die Thatsache, daß er gegen alle Gewohnheit eine Pension für sich und, wenigstens zunächst für seine Gattin, die Baronie C. annahm, schadete der Popularität des wegen seiner Uneigennützigkeit bisher hochgepriesenen «großen Volksvertreters» zuerst sehr, bald aber brach sich die Anerkennung seiner großen Verdienste wieder Bahn.
Umsonst ließ Georg, als er sein Ministerium Grenville beseitigen wollte, seit 1763 wiederholt mit Pitt verhandeln, umsonst auch 1765 nach Grenvilles Sturz. 1766 endlich trat C. wieder unter dem Vorsitz des Herzogs von Grafton ins Amt, mußte aber bei der eingetretenen Parteizersplitterung verschiedenartige einander widerstrebende Elemente neben sich dulden. Er selbst beging den großen Fehler, sich gerade damals zum Grafen C. erheben zu lassen, ein Schritt, der seiner Popularität einen starken Stoß gab. Zu den schwierigen Verhältnissen innen und außen kam schwere Erkrankung, die ihm völlige geistige Abspannung brachte, ihn von den Geschäften fern hielt und Herbst 1768 zum Rücktritt nötigte. Seit 1770 erschien er wieder im Oberhause, mißbilligte scharf das tyrannische Verfahren des Unterhauses gegen Wilkes (s. d.), erhob sich 1775 gegen die Politik, die die Regierung unter North gegen die amerik. Kolonien einschlug, und bemühte sich vergeblich, deren Abfall abzuwenden. Er erkannte das Recht der Amerikaner im Streite an, aber von ihrer völligen Losreißung wollte er nichts
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