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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Chenier; Chenille; Chenilleschneidemaschine; Chenillestoffe; Chenilleteppiche

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Chénier (Marie Joseph de) – Chenilleteppiche

Brenthel, A. C. als Dichter und Politiker (Döbeln 1881); H. Seidel, A. C. (Regensb. 1883): Todeschini, Étude sur André C. (Neapel 1891).

Chenier (spr. schenĭeh), Marie Joseph de, franz. Dichter, jüngerer Bruder von André C., geb. 28. April 1764 zu Konstantinopel, war anfangs Militär, widmete sich aber bald ganz der Litteratur. Er war Mitglied des Jakobinerklubs und der Gesetzgebenden Versammlungen bis 1804. Auf seinen Antrag wurde 1792 die Einrichtung der Volksschulen beschlossen. Besonders eifrig wirkte C. für die Gründung des Nationalinstituts, war eins seiner ersten Mitglieder und seit 1803 Generalinspektor des Unterrichts. 1806‒7 hielt er Vorlesungen über franz. Litteratur am Athenäum (gedruckt als «Tableau historique des progrès de la littérature française depuis 1789», 1816 u. ö.) und starb 10. Jan. 1811. C. gilt als Hauptdramatiker der Revolution. Großen Erfolg errang er mit «Charles Ⅸ» (1789), einer von revolutionären Deklamationen erfüllten Tragödie, der noch einige im akademischen Stil geschriebene, mit Freiheitsphrasen ausstaffierte Trauerspiele folgten, wie «Jean Calas ou l’école des juges» (1792), «Caïus Gracchus» (1793), «Fénélon» (1793), «Timoléon» (1795), «Philippe Ⅱ», «Tibère» (1819). Außer seinen Tragödien schrieb C. auch Oden, in denen er die Revolution verherrlichte. Sein «Chant du départ» (s. d.) ist als Volkslied fast so berühmt wie die Marseillaise geworden. Am besten gelangen C. Episteln und satir. Poesien. In der «Épître sur la calomnie» (1795) rechtfertigt er sich gegen den Vorwurf, daß er den Tod seines Bruders André mit verschuldet habe, in «Les nouveaux Saints» (1801) wendet er sich gegen Chateaubriands Katholicismus. Seine «Œuvres» wurden hg. von N. Lemercier (8 Bde., Par. 1823), von Arnault (5 Bde., ebd. 1824‒26); dazu als Supplement: «Œuvres posthumes», hg. von Daunou (3 Bde., 1824). – Vgl. Labitte, M. J. C. (in der «Revue des Deux Mondes», Jan. 1844).

Chenille (vom frz. chenille, spr. sch’nij, d. i. Raupe), ein seiner haarigen Beschaffenheit wegen so benanntes fadenförmiges Fabrikat, ein Gezwirn von zwei oder mehr Fäden, das auf seiner Umfläche einen Sammetflor besitzt. Die Herstellung der C., die noch in den vierziger Jahren einen selbständigen Fabrikbetrieb bildete, beginnt in der Regel mit dem Weben eines breiten taffetartigen Bandes, in dessen Kette vier bis sechs einfache Seidenfäden mit zwei bis zwölf Leinenzwirnfäden abwechseln, während der Einschlag ganz aus mehrfädiger Seide besteht. Nachdem das Band mittels einer Schere oder auch einer mechan. Vorrichtung (s. Chenilleschneidemaschine) der Länge nach mitten zwischen den Zwirnfäden hindurch in Streifen zerschnitten ist, werden die an beiden Rändern liegenden Zwirnfäden ausgezogen, und es wird jedes dieser schmalen ausgefaserten Bändchen auf einem Drehrade schraubenförmig um sich selbst gewunden , wodurch es die Form einer rings mit feinen Härchen besetzten Schnur annimmt und so im Aussehen einer behaarten Raupe ähnlich wird. Nach einem andern Verfahren wird das Band ohne Zwirnfäden hergestellt, indem der sonst von diesen eingenommene Raum beim Einziehen der Kette auf dem Webstuhle leer bleibt. In manchen Fabriken erfolgt auch die Herstellung der C. auf besondern Maschinen, in denen zwei parallel nebeneinander laufende Kernfäden von einem Florfaden umwickelt werden, dessen Windungen nach Zuführung je eines Bindefadens durch ein feststehendes Messer durchschnitten und mittels Verzwirnung von Kern- und Bindefaden zum Flor verwendet werden. Durch eine regelmäßige Querschwingung des Messers entsteht hierbei die sog. façonnierte C. C. wird zu allerlei Besatz, Fransen, Bändern, einer Art Spitzen (Chenilleborten), Haarnetzen, Stickereien u. s. w., ferner zu Galanteriearbeiten, zum Broschieren von Atlas, sowie als Einschlag für abgepaßte Gewebe (Chenillestoffe), Schärpen, Shawls u. s. w., auch zur Erzeugung farbiger Muster, ja selbst zum Weben ganzer Tücher, Portièren und Teppiche verwendet, welche Stoffe den Eindruck beidrechter Sammetgewebe machen. Bei den hierhergehörigen Teppichen unterscheidet man solche, bei denen der Flor auf beiden Seiten (s. Chenilleteppiche) und solche, bei denen er nur auf einer Seite (s. Axminsterteppich) erscheint.

Chenilleschneidemaschine, eine Maschine, welche zum Zerschneiden des bandartigen Chenillegewebes (s. Chenille) in einzelne Streifen dient. Bei der dargestellten Maschine, von welcher Fig. 1. die Seiten-, Fig. 2 die Vorderansicht giebt, sind zwischen den Wänden b und b’ in Stahlspitzen die Wellen e und g gelagert, auf denen je zwölf kreisförmige Messer verschiebbar sind, um in beliebiger Entfernung voneinander befestigt werden zu können; hinter diesen scherenartig wirkenden Messern sind zwei mit Gummi überzogene Walzen, einesteils zum Festhalten des Chenillebandes, andernteils zum Hinwegziehen desselben nach erfolgtem Schnitt, angebracht. Um die Maschine zu benutzen, wird, nachdem die Schraube r gelöst ist, die obere Messerwelle herausgenommen, das Chenilleband in die Bahn m gelegt und mit einer Platte beschwert. Sobald die Kettenfäden des Bandes zwischen die Messer der untern Welle gebracht und von den Walzen gefaßt sind, wird die obere Welle wieder eingelegt und die Maschine durch Drehen der Kurbel k in Gang gesetzt.

^[Abb. Fig. 1.]

^[Abb. Fig. 2.]

Chenillestoffe, s. Chenille.

Chenilleteppiche, eine Art Teppiche, die, abweichend von der gewöhnlichen Art der Teppichweberei, auf beiden Seiten dasselbe Farbenmuster in Flor zeigen. Zunächst wird ein glattes Gewebe

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]