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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Clemens

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Clemens (Päpste)

bis 1893 ununterbrochen angehörte. Er schloß sich der äußersten Linken an, in der er durch glänzende Rednergabe hervorragte und deren anerkannter Führer er wurde. Seine Ansichten vertrat er auch in der von ihm später begründeten «Justice». Er beantragte die Versetzung des Fourtou-Broglieschen Ministeriums in Anklagestand (März 1879), befürwortete die allgemeine Amnestie der Communards und forderte (6. März 1883) die Revision der Verfassung. Vor allem bekämpfte er die Kolonialpolitik Ferrys und trug zu dessen Sturz am meisten bei. Auch das von Freycinet gebildete Kabinett stürzte er Dez. 1886 im Verein mit der Rechten. Diese Abhängigkeit der Regierung von dem guten Willen der Radikalen sicherte C. eine immer steigende Bedeutung, doch wies er die vom Präsidenten Grévy nach der Dimission Rouviers (Nov. 1887) ihm angebotene Bildung eines Ministeriums zurück. Nach der Spaltung der Partei, von der ein Teil sich der sog. Boulange (s. Boulanger und Boulangisten) anschloß, während C. mit den übrigen jetzt gegen diese auftrat, verlor er von seiner Geltung. Die Niederlage des Boulangismus nach den Wahlen von 1889 verringerte seine Bedeutung noch mehr. Auch ein im Ehescheidungsprozeß 1892 gegen ihn gefälltes Urteil schadete seinem Ansehen, ebenso die infolge des Panamaskandals auch gegen ihn gerichteten persönlichen Angriffe. So büßte er bei den Neuwahlen im Aug. 1893 sein Deputiertenmandat ein.

Clemens (lat., der Milde), Name von 17 Päpsten, von welchen 3 als schismatische in der röm. Kirche nicht gezählt werden.

C. Ⅰ., s. Clemens Romanus.

C. Ⅱ. (Dez. 1046 bis Okt. 1047), vorher Suidger, Bischof von Bamberg, wurde von König Heinrich Ⅲ. nach Absetzung von drei Gegenpäpsten auf der Synode von Sutri auf den päpstl. Stuhl erhoben, starb jedoch zu früh, als daß er eine Reform hätte durchführen können.

C. (Ⅲ.), vorher Guibert, Erzbischof von Ravenna, von Heinrich Ⅳ. 1080 als Gegenpapst Gregors Ⅶ. erwählt, krönte Heinrich in Rom, behauptete sich unter Victor Ⅲ. und Urban Ⅱ., bis er, von einem Kreuzheer aus Rom vertrieben, 1100 in Ravenna starb. – Vgl. Köhncke, Wibert von Ravenna (Lpz. 1888).

C. Ⅲ. (1187‒91), früher Paolo Scolari, Kardinalbischof von Präneste, erwarb die weltliche Herrschaft über Rom zurück, bewog Friedrich Barbarossa, Philipp August und Richard Löwenherz zum Kreuzzuge und erregte von neuem den Kampf gegen die Hohenstaufen, indem er Sicilien dem Bastard Tankred verlieh, statt dem erbberechtigten Heinrich Ⅵ.

C. Ⅳ. (1265‒68), früher Guido Le Gros, ein Franzose, aus St. Gilles an der Rhône gebürtig, Advokat und königl. Rat, nach dem Tode seiner Gemahlin Geistlicher, dann Bischof von Puy, 1259 Erzbischof von Narbonne, 1262 Kardinalbischof von Sabina, belehnte, um die Hohenstaufen zu stürzen, Karl von Anjou mit Neapel und that Konradin 1267 in den Bann.

C. Ⅴ. (1305‒14), vorher Bertrand d’Agoust, ein Franzose, seit 1295 Bischof von Comminges und seit 1299 Erzbischof von Bordeaux, galt anfangs als Anhänger Bonifacius’ Ⅷ. und Gegner Philipps des Schönen von Frankreich, verkaufte sich aber ganz an dessen Interesse, um nur Papst zu werden. Einem geheimen Vertrage gemäß kam er gar nicht nach Italien, sondern verlegte 1309 die päpstl. Residenz nach Avignon, womit das sog. babylonische Exil der Päpste begann, sprach ferner den König von Frankreich und seine Diener vom Banne los, den Bonifaz Ⅷ. über sie verhängt hatte, erklärte die Strafbullen des letztern gegen Frankreich («Clericis laicos» und «Unam sanctam») für ungültig, gab dem König den geistlichen Zehnten in Frankreich auf fünf Jahre und machte die Günstlinge desselben zu Kardinälen. Dagegen vereitelte er den Plan Philipps, seinem Bruder Karl von Valois nach der Ermordung Albrechts Ⅰ. (1308) die deutsche Krone aufzusetzen. Von Philipp gedrängt, hob er auf dem Konzil zu Vienne (1311) und durch eine Bulle vom 2. Mai 1312 den Templerorden auf. Von dem König Robert von Neapel unterstützt, demütigte er 1313 Venedig, das er wegen Besitznahme von Ferrara 1309 mit dem Bann und weltlicher Acht belegt hatte. Als Kaiser Heinrich Ⅶ. auf seinem Römerzuge 1311 dem König Robert Neapel streitig machte, nahm C. seinen Vasallen durch drohende Bullen in Schutz, exkommunizierte die Bundesgenossen des Kaisers und ernannte nach dem Tode Heinrichs Ⅶ. (1313) den König Robert 1314 zum röm. Senator und Reichsverweser in Italien. Er starb mitten in seinen Plänen zur Unterjochung Italiens zu Roquemaure in Languedoc. Simonie, Habsucht und Unzucht herrschten an seinem Hofe. Die auf seine Anordnung zusammengestellten Kirchengesetze sind unter dem Namen Clementinen (s. d.) bekannt. – Vgl. Regestum Papae Clementis Ⅴ (7 Bde., Rom 1885‒87); Rabanis, Clément Ⅴ et Philippe le Bel (Par. 1858); Wenck, C. Ⅴ. und Heinrich Ⅶ. (Halle 1882).

C. Ⅵ. (1342‒52), früher Peter Roger, ein Franzose, Benediktiner, Bischof von Arras und königl. Rat, dann Erzbischof zu Rouen, nahm seine Residenz zu Avignon, setzte den Kampf gegen den deutschen König Ludwig Ⅳ. fort, indem er veranlaßte, daß auf der Versammlung zu Rense 1346 Ludwig abgesetzt und sein Zögling, Karl von Böhmen, als Karl Ⅳ. zum Gegenkönig erhoben ward. Er stürzte den Volkstribun Cola di Rienzi (s. d.) zu Rom, verlieh der Königin Johanna von Sicilien, obgleich dieselbe des Gattenmordes verdächtigt war, die Krone und kaufte von ihr die Grafschaft Avignon. Er führte 1350 das Jubeljahr (s. d.) ein und gehört in Bezug auf Nepotismus und weltliches Leben zu den schlechtesten Päpsten.

C. (Ⅶ.), schismatischer Papst zu Avignon 1378‒94, vorher Graf Robert von Gent, Bischof von Cambrai, dann Kardinal, wurde von den franz. Kardinälen gegen Urban Ⅵ. (s. d.) gewählt, aber nur in Frankreich, Spanien und Schottland anerkannt. Er ist wegen seiner Gelderpressungen berüchtigt.

C. Ⅶ. (1523‒34), vorher Giulio de’Medici, Erzbischof von Florenz, suchte mit Hilfe Frankreichs die Macht der span.-österr. Monarchie zu brechen, um Italiens Selbständigkeit zu bewahren. Er spielte deshalb in den Kämpfen Karls Ⅴ. und Franz’ Ⅰ. eine wechselnde Rolle. Die Notwendigkeit innerkirchlicher Reformen sah C. ein, wagte aber nicht zu durchgreifenden Maßregeln überzugehen. Er erlebte 1527 die Eroberung Roms durch die deutschen Landsknechte. Die Folge seiner Haltung in dem Ehestreite Heinrichs Ⅷ. (s. d.) war 1534 die Losreißung Englands von Rom. – Vgl. Grethen, Die polit. Beziehungen C.’ Ⅶ. zu Karl Ⅴ. in den J. 1523‒27 (Hannov. 1887).

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]