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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Colonna; Colonnāto; Colonne; Colonsay; Colōnus

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Colonna (Giovanni Paolo) – Colonus

den Namen führt, stammt wahrscheinlich von den Grafen von Tusculum (s. Tusculanen) ab. Die C. kommen zuerst im 11. Jahrh. vor und haben bis in das 16. hinein neben den Orsini die einflußreichste Rolle in Rom gespielt. Durch ihre vielen Kastelle, die sich längs der Sabinerberge bis gegen die neapolit. Grenze hin erstreckten, wurden sie mehrmals den Päpsten und dem röm. Volke ein Gegenstand des Schreckens und übten auf die städtischen Angelegenheiten bestimmenden Einfluß. Gewöhnlich erscheinen die C. als Häupter der ghibellinischen Partei, doch finden sie sich auch auf guelfischer Seite. Die Söhne Giovanni C.s (1278 Senator von Rom und 1288 Markgraf von Ancona), Stefano der Alte und Agapito, sind die Stifter der beiden heute noch blühenden Linien des Hauses: der von Palestrina, gegenwärtig durch die Zweige C. di Sciarra und Barberini-Colonna repräsentiert, und jener von Paliano, gewöhnlich Linie des Großconnétable genannt, mit dem Nebenzweige Colonna-Stigliano in Neapel.

Die namhaftesten Glieder der C. waren: Egidio C. (Ägidius a Columnis), geb. um 1247 zu Rom, studierte in Paris, war Mitglied des Augustinerordens und Erzieher Philipps des Schönen, für den er das Buch «De regimine principum» (Rom 1482) schrieb. Als Lehrer der Theologie zu Paris erwarb er sich den Ehrennamen Doctor fundatissimus, ward 1292 Ordensgeneral, 1296 Erzbischof von Bourges und starb 22. Sept. 1316. Er war strenger Anhänger des Thomas von Aquino. Viele seiner Schriften sind noch ungedruckt. – Giacomo C., Kardinal, und sein Bruder Sciarra C. wurden von Bonifacius Ⅷ. wegen ihres Versuchs, seine Erhebung zum Papst zu verhindern, nach Frankreich vertrieben. Für die Einziehung ihrer Güter und Zerstörung ihrer Stadt Palestrina rächten sie sich, indem sie Philipp den Schönen zur Gefangennahme von Bonifacius in Anagni beredeten. Sciarra war nachmals einer der eifrigsten Anhänger König Ludwigs des Bayern, den er 1328 im St. Peter krönte. – Ein anderer Bruder, Stefano C., gest. 1379, Petrarcas Freund, war das Haupt der Adelsopposition gegen Rienzi. – Oddone C. (Papst Martin Ⅴ., s. d.). – Prospero C., geb. 1452, befehligte 1521 in der Lombardei das kaiserl.-päpstl. Heer, vertrieb die Franzosen aus Mailand, schlug 1522 mit Georg von Frundsberg den Marschall Lautrec bei Bicocca (s. d.), nahm Genua und verteidigte gegen den Admiral Bonivet Mailand, wo er 1523 starb. – Sein Vetter Fabrizio, Großconnétable von Neapel, wurde von Machiavelli in der «Arte della guerra» gefeiert. Seine Tochter war Vittoria C. (s. d.). – Kardinal Pompeo spielte unter Leo Ⅹ. und bei den Wahlen Hadrians Ⅵ. und Clemens’ Ⅶ. eine ausschlaggebende Rolle. Von Karl Ⅴ. 1530 zum Vicekönig von Neapel erhoben, starb er 1532. – Marc Antonio C., Herzog von Paliano, erwarb sich großen Ruhm in der Seeschlacht bei Lepanto als Führer der päpstl. Galeeren. Er starb 1. Aug. 1584 als Vicekönig von Sicilien.

Der Palast C. in Rom, am Fuße des Quirinal, ist berühmt durch seine prachtvolle, 50 m lange und 11 m breite Galerie, durch welche man die herrlichen Gärten betritt, sowie durch seine Kunstschätze. – Vgl. Litta, Famiglie celebri italiane (Bd. 4); Coppi, Memorie Colonnesi (Rom 1855); Reumont in den «Beiträgen zur ital. Geschichte», Bd. 5 (Berl. 1857).

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Colonna, Giovanni Paolo, ital. Komponist, geb. 1640 zu Brescia, war Schüler Carissimis und Benevolis in Rom, wurde das anerkannte Haupt der Bologneser Tonschule und starb 28. Nov. (4. Dez. ?) 1695. Als Kirchenkomponist hat C. außerordentliche Bedeutung. Seine besten Werke dieser Gattung veröffentlichte er in 12 Sammlungen (Bologna 1681‒94; die erste «Salmi brevi a 8 voci», die zwölfte «Psalmi ad vesperas»). An der in Bologna damals blühenden Oper scheinen C.s Schüler sich lebhaft beteiligt zu haben. Er selber komponierte nur eine einzige (dem Titel nach bekannte) Oper und schrieb einige Oratorien. In seinen Kirchenwerken, die zum Teil sehr vollstimmig sind, ist er kaum von irgend einem Komponisten seiner Zeit erreicht worden.

Colonna, Vittoria, berühmte Dichterin Italiens, Tochter Fabrizio C.s, geb. 1490 zu Marino, einem der Familie gehörigen Lehen, heiratete 1509 Ferrante d’Avalos, Marchese von Pescara (s. d.). Schönheit, Geist und Tugend erwarben ihr allgemeine Bewunderung. Als ihr Gemahl infolge der in der Schlacht von Pavia erhaltenen Wunden 1525 gestorben war, suchte sie Trost in der Einsamkeit und in der Poesie. Abwechselnd lebte sie in Klöstern in Rom, Neapel, auf Ischia, in Orvieto, Viterbo, zuletzt in Rom, wo sie 25. Febr. 1547 starb. Sie schloß sich eng an die bedeutenden Männer an, die eine gründliche Reform der kath. Kirche anstrebten; mit Michelangelo Buonarrotti stand sie im innigsten Freundschaftsverhältnis. Ihre «Rime» (Parma 1538; Vened. 1548), bei ihren Lebzeiten viermal gedruckt, zerfallen in zwei Teile; im ersten feiert sie den verstorbenen Gatten, der zweite besteht aus religiösen Gedichten. Der Wert ihrer Gedichte ist oft übertrieben worden; sie ziehen hauptsächlich durch die Person der Verfasserin an. Die vollständigste Ausgabe ist von Visconti (Rom 1840, mit Biographie), danach die von Saltini, «Rime e lettere di V. C.» (Flor. 1860). Eine Übersetzung gab Bertha Arndts (2 Tle., Schaffh. 1858). – Vgl. die Biographien von Albrizzi (Vita di V. C.), Deumert (1856), Wackerhagen (Halle 1861), Roscoe (2 Bde., Lond. 1868), von Reumont (Freib. i. Br. 1881); ferner Fontana, Documenti Vaticani su V. C. (im «Archivio storico» von 1886 und 1887); Morpurgo, V. C. Cenni storici e letterari (Triest 1888); Kraus, V. C., in der «Deutschen Rundschau» (März 1891); auf Reumont beruhen: Lawley, V. C. A Study with translations of published and unpublished Sonnets (2. Aufl., Lond. 1889), und More, V. C. (Rom 1890). Ihre Briefe veröffentlichten Ferrero und Müller, Carteggio di V. C. (Turin 1889).

Colonnāto, ältere span. Silbermünze, s. Piaster.

Colonne (spr. -lónn), Edouard, franz. Musiker, geb. 23. Juli 1838 zu Bordeaux, wurde auf dem Pariser Konservatorium gebildet und hat sich besonders als Dirigent bemerklich gemacht. Seit 1874 leitet er in Paris die Concerts du Châtelet, die namentlich Berlioz als den Reformator der franz. Musik kultivieren. 1878 übertrug die Regierung C. die Direktion der offiziellen Konzerte bei der Weltausstellung.

Colonsay (spr. kóllonßĭ), eine der kleinsten Hebrideninseln, zur schott. Grafschaft Argyll gehörig, im N. von Islay und dicht nördlich bei Oronsay, mit der sie bei Ebbe zusammenhängt; beide haben 44,8 qkm, (1891) 387 E., Viehzucht und Sodagewinnung (Varec) aus dem Seetang.

Colōnus (lat.), s. Kolonat und Kolonisation.

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]