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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Darius

nutzten fast alle Provinzen den Thronwechsel, um ihre alte Unabhängigkeit wiederzuerlangen.

D. selbst sagt aus, daß er erst 9 Gegenkönige in 19 großen Schlachten besiegen mußte, ehe er seine Herrschaft über das Reich gesichert habe. Zuerst erhoben sich Susiana und das kaum vor 16 Jahren eroberte Babylon unter Naditabira (babylon. Nidintubel), der sich für den zweiten Sohn des Nabonid (Nebukadnezar) ausgab. D., von Medien herbeieilend, schlug diesen in 6 Tagen zweimal am Tigris und am Euphrat (Dez. 521), schloß ihn dann in Babylon ein, welches erst nach 20monatiger Belagerung (Aug. 519) genommen werden konnte; und noch beinahe ein Jahr lang wurde D. dort zurückgehalten (bis Mai 518). Während dieser Zeit waren in vielen eroberten Ländern, sogar in Ägypten, Empörungen aufgebrochen. Ein Abkömmling des alten medischen Königshauses Phraortes, der sich Xathrita nannte, machte dem D. Medien, Armenien und Assyrien streitig, schlug während zweier Jahre drei Feldherren des D., Hydarnes, Dadarsis und Omises, aus dem Felde und konnte erst durch D. selbst (Juni 518) niedergeworfen werden, worauf er in Ekbatana gemartert und gekreuzigt wurde. Für eine medische Herrschaft hatten sich auch Hyrkanien und die Sagarter erklärt, die unterworfen wurden, während zu gleicher Zeit der Utier Öosdates (altpers. Vahyazdata) die wirkliche Herrschaft in Persien an sich riß, indem auch er sich für den eigentlichen Smerdis ausgab. Er wurde freilich bald in Persis geschlagen (518), aber seine Heere, die Arachosien und die Ostprovinzen zur Empörung verleitet hatten, konnten erst 517 zur Ruhe gebracht werden. Ein neuer Aufruhr in Babylon unter Arakha wurde durch D.’ Feldherrn Intaphernes bald erstickt. Nachdem so D. das Reich des Cyrus wiederum hergestellt hatte, konnte er daran denken, seine Grenzen gegen auswärtige Feinde zu sichern und zu erweitern. Er unterwarf im O. das nördl. Indien, im W. mehrere Inseln des Ägäischen Meers, das europ. Ufer des Bosporus und Hellespont; im N. bezwang er die wilden Völker des südl. Kaukasus. Diese letzten Eroberungen verwickelten ihn in Streitigkeiten mit den Scythen. 513 zog er mit 700000 Mann über den Bosporus, unterwarf Thrazien, überschritt mittels einer Brücke die Donau und rückte nun gegen die Scythen vor, die ihn durch verstellte Flucht tief in ihr unwirtbares Land bis an den Oarus (die Wolga) verlockten, sodaß er nur mit großem Verlust den Rückzug bewerkstelligte.

Um 500 v. Chr. erhoben sich die ion. Städte, aufgereizt von Histiäus von Milet und dessen Schwiegersohn Aristagoras, um das pers. Joch abzuwerfen. Von den Athenern und Eretriern unterstützt, eroberten und verbrannten sie Sardes. Dann aber wurden sie geschlagen, von ihren Bundesgenossen verlassen, ihre Flotte 494 bei der Insel Lade vernichtet. Somit war der Aufstand bald überwältigt. Die Unterstützung aber, welche die Athener und Eretrier den Ioniern gewährt hatten, veranlaßte den D., der auch durch den vertriebenen Athener Hippias aufgereizt ward, zu gewaltigen Unternehmungen gegen Griechenland. 492 sandte er den Mardonius mit einem Heere nach Thrazien und Macedonien gegen Griechenland; zugleich wurde eine Flotte ausgeschickt. Aber diese ward bei dem Vorgebirge Athos durch den Sturm zerstört und zerstreut, und Mardonius sah sich durch die Verluste, die er im Kampfe mit den Brygen, einem thraz. Stamme, erlitten hatte, zur Rückkehr nach Asien bewogen. Als hierauf die Herolde, durch die D. die Griechen zur Unterwerfung auffordern ließ, von den Athenern und Spartanern mit Schimpf zurückgewiesen wurden, sandte D. 492 ein neues Heer unter Datis und Artaphernes mit 600 Schiffen aus. Naxos wurde erobert, die übrigen Cykladen unterwarfen sich, Delos, die heilige Insel, wurde verschont, Eretria auf Euböa, nachdem es durch Verrat gefallen, zerstört; doch durch den Sieg der Athener bei Marathon unter Miltiades über das pers. Heer ward D.’ Unternehmen vereitelt. Bei den Rüstungen zu einem neuen Zuge gegen Griechenland und das wieder empörte Ägypten ereilte ihn 485 der Tod. Um die innere Organisation des Persischen Reichs hatte sich D. die größten Verdienste erworben. An Stelle der Statthalterschaften, die seine Vorgänger nach jeweiligem Bedürfnis angeordnet hatten, führte er feste Verwaltungsbezirke (Satrapien), 20 an Zahl, ein; der Tribut, den diese zu zahlen hatten, wurde fest geregelt. Große Bauten hat er durchgeführt, Persepolis und Susa durch Errichtung großartiger Paläste verschönert und das Rote Meer, das damals bedeutend nördlicher als jetzt, bis Pithom (jetzt Tell el-Mashûta) sich erstreckte, durch einen schiffbaren Kanal mit dem Nil verbunden. Selbst die Ägypter ehrten ihn als ihren sechsten Gesetzgeber. Auf dem Thron folgte ihm der älteste seiner während seiner Regierung geborenen Söhne, Xerxes (s. d.).

D. II. Nothus (d. h. Bastard), Sohn des Artaxerxes Longimanus und der Babylonierin Kosmartidene, vor seiner Thronbesteigung Ochus genannt, folgte seinem Bruder Sogdianus, den er vertrieben und getötet hatte (424 v. Chr.). Er war beherrscht von seiner hinterlistigen, grausamen Schwester und Gemahlin Parysatis. Mehrere Empörungen verschiedener Satrapen wurden unterdrückt, doch verlor das Persische Reich auf länger als 60 Jahre Ägypten durch die Empörung des Amyrtäus (414). Unter D. übten die Perser besonders durch Tissaphernes, den Satrapen Vorderasiens, und dessen Nachfolger, den jüngern Cyrus, einen Sohn des Königs, bedeutenden Einfluß auf die griech. Verhältnisse gegen Ende des Peloponnesischen Krieges aus. D. II. starb zu Babylon 405. Ihm folgte sein ältester Sohn Artaxerxes II.

D. III. Codomannus, der letzte König der Perser, war der Sohn der Sisygambis, einer Tochter Artaxerxes’ II., väterlicherseits Urenkel D.’ II. und der Parysatis, Enkel des Ostanes und Sohn des Arsanas. Nachdem der Eunuch Bagoas den König Arses, den Sohn Artaxerxes’ III., nebst seiner ganzen Familie ermordet hatte, erhob er den Codomannus, einen der wenigen Achämeniden, die noch vorhanden waren, unter dem Namen D. III. auf den Thron (336). Als Bagoas auch D. nach dem Leben trachtete, ließ ihn dieser töten. D. erwarb sich den Ruhm eines milden und gerechten Fürsten und war persönlich tapfer, wie er schon unter Artaxerxes in einem Kriege gegen die Cadusier bewiesen hatte, aber dem Angriffe Alexanders d. Gr. vermochten er und sein entkräftetes Reich nicht zu widerstehen. Nachdem am Granikus 334 Mithridates, der Eidam des Königs, besiegt worden war, verlor D. selbst 333 durch seine übereilte Flucht die Schlacht bei Issus; seine Mutter, seine Gemahlin und drei seiner Kinder fielen in Alexanders Gewalt, den D. vergeblich zum Frieden zu bewegen suchte. Die ent-^[folgende Seite]