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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Defenders - Deffereggenthal
aufsichtführende nächste Dienstbehörde; zunächst
ist unter Anhörung des Beteiligten der Beweis zu
erheben und darauf hin derDefektsbefchluß zu fasfen,
welcher den Fehlbetrag und den bierfür verantwort-
lichen Beamten feststellt; der Beschluß ist genau zu
begründen; derselbe bedarf der Bestätigung einer
höhern Behörde und wird hierdurch vollstreckbar,
ist dann auch sofort dem für ersatzpflichtig erklärten
Beamten zuzustellen. Gegen den Beschluß ist ein-
mal Beschwerde bei der vorgesetzten Dienstbehörde
im Verwaltungswege oder aber Berufung auf rich-
terliches Gehör zulässig; letzteres Rechtsmittel ist
auf ein Jahr befristet, durch Klage gegen den Fis-
kus beim Landgericht geltend zu machen und kann
in allen Fällen ans Reichsgericht gebracht werden;
die gerichtliche Entscheidung macht den Defektsbe-
scbluh wirkungslos, das Gericht kann schon auf Er-
hebung der Klage hin Unterbrechung des Verfahrens
verfügen. Die Vollstreckung erfolgt nach Ersuchen
der Verwaltungsbehörde durch die gerichtlichen Ere-
kutivorgane; die Amtskaution darf hierfür nur in
Anspruch genommen werden, wenn der Beamte aus
dem Dienst ausgeschieden ist. Vorläufige Sicher-
heitsmaßregeln ins Vermögen sind zulässig vor Er-
laß des Defektsbeschlusses, wenn nahe und dringende
Gefahr obwaltet, daß der Beamte sich oder sein Ver-
mögen der Ersatzpflicht entziehen werde; kompetent
ist die vorgesetzte Behörde, deren Entscheidung hier
nur insofern gerichtlich anfechtbar ist, als das Gericht
die Frist für Beibringung des Defcltsbeschlusses und
dei Versäumnis der Frist die Aufhebung der vor-
läufigen Sicherungsmaßregel anordnen kann. Vgl.
Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873, ߧ. 134
- 148,153,157, sowie die analogen Vorschriften
oer preuß., württemb., bad., Hess. Gesetzgebung.
Defenders (engl., spr. deftnnd'rs, "Verteidiger"),
Name einer geheimen polit. Verbindung in Irland,
die, wie die Whiteboys undNightboys, seit der Unter-
werfung Irlands nach der Niederlage Jakobs II.
an der Voyne (1690) entstand und die Herstellung
der Freiheit und Unabhängigkeit Irlands zum Zweck
batte. Ihr größtes organisiertes Unternehmen
machten die D. während der ersten Französischen
Revolution, in dem Aufstande von 1797 bis 1798,
und auch nach der blutigen Unterdrückung jenes
Aufstandes dauerten sie unter verschiedenen Namen
nolH zur Zeit O'Connells und bis in die durch die
Agitation der Fenier (s. d.), der Landliga (s. d.) und
der Nationalliga (s. d.) bezeichnete Gegenwart fort.
Defendieren (lat.), verteidigen; Defendsnd,
der zu verteidigende Angeklagte.
Defension (lat.), Verteidigung, wird militärisch
im Gegensatz zu Defensive (der Thätigkeit des Ver-
teidigens) von den zur Verteidigung dienenden
Gegenständen gebraucht. Von der Aufrichtung des
Landfriedens bis ins 18. Jahrh, nannte man D.
die ganze Landesverteidigung und Kriegsverfassung,
wie eine aus dem Heerbann hervorgegangene Land-
miliz. Noch immer bestand die Wehrpflicht; denn
unbestritten gebührte den Reichsfürsten und Rcichs-
ständen der Ritterdienst ihrer Lehnsleute sowie die ge-
meine Folge ihrer Unterthanen, also auch das Recht,
die waffenfähige Mannschaft militärisch zu organi-
sieren. 1567 schrieb die württemb. Landesordnung
vor, daß jeder Unterthan sich Wehr und Harnisch
halten müsse. Als die Landsknechte zu theuer wurden,
sing man an, Defensionsvolk, zunächst Fuh-
truppen, aufzustellen, in Brandenburg-Vayreuth
1520, in der Pfalz und in Bayern um 1600. In
späterer Zeit wurden auch seitens der Lehnsleute und
Landsassen Nitterpferde zur D. gestellt; doch wehrten
sich die Stände gegen diese Neuerung, und die ganze
Organisation der D. wurde durch Defensions-
rez e ffe genau festgesetzt, meistens mit der Einschrän-
kung, die D. nur innerhalb des Landes verwenden
zu dürfen. Die Defension er wurden im Frieden
nicht ausgebildet, sondern nur gemustert, auch stell-
ten die Gemeinden möglichst schlechte Lente zur D.,
von denen man sich befreien wollte. Dies veran-
laßte beständige Klagen des Landes und der Gene-
rale. Einen sehr hohen Grad der Ausbildung er-
langte die D. in Kursachsen. Dort wurden schon
1613 zwei aus 1592 Rittcrpferden bestehende Re-
gimenter und 9360 Mann Fußvolk in 13 Fähn-
lein errichtet, ferner 1600 Schanzgräber und Ar-
tholerey nebst 406 Heerfahrtswagen. Bei dieser D.
wurden die Offiziere und ein Teil der Unteroffiziere
beständig besoldet. Kursachsen bot seine D. von
1618 bis 1632 mehrfach auf und hat dieselben auck
außerhalb des eigenen Landes verwendet, aber ohne
Nutzen; diese Truppen waren der Schrecken des
eigenen Heers. 1705 ging eineDefcnsionsabteilung
nach dem Niederrhein, 1708 verwandelte König
August der Starke die D. in acht Kreisregimenter,
und 1716 wurde dieselbe ganz aufgelöst. In Bayern
wurde die D. mit Landesfahne bezeichnet. -
Defensionskasernen nennt man kasemattierte,
zur Verteidigung eingerichtete Kasernen; Defen-
sionsgeschütze sind Festungsgeschütze.
Über D. in jurist. Beziehung s. Verteidigung.
Defensioner, s. Defension.
Defensivallianz, s. Allianz.
Defensive, s. Angriffsverfahren.
Defönslinie, Streichlinie, bei Befestigungen
im eingehenden Winkel die Schußrichtung der flan-
kierenden Linie, die der den andern Schenkel des
Winkels bildenden Linie parallel ist. Im polygo-
nalen Grundriß versteht man unter D. die Entfer-
nung von einem Vrechpunkt des Polygons bis zum
nächsten Vrechpunkt; im tenaillierten Grundriß die
Entfernung der Spitze des eingehenden Winkels bis
zur Spitze des ausspringenden Winkels; im bastio-
nierten Grundriß die Entfernung vom rechten Kur-
tinenpunkt einer Front bis zum linken Bastions-
punkt derselben Front und umgekehrt. Die Länge
der D. darf die wirkfame Tragweite der zur Flan-
kierung verwendeten Feuerwaffen nicht überschreiten.
Defensor (lat.), s. Verteidigung (juristisch).
vStensor KÄsi flat.), Beschützer des Glaubens,
ein noch heute von den Königen von England ge-
führter Titel, den Heinrich V11I. vom Papst Leo X.
für seine Schrift gegen Luther erhielt, in der er die
päpstl. Gewalt, den Ablaß und die sieben ^Sakra-
mente verteidigte.
Deferieren (lat.), einem etwas hinterbringen,
berichten, anzeigen; in der Rechtssprache soviel wie
zuerkennen, bewilligen, z. V. einem Gesuch deferieren;
auch einen Eid zuschieben und zu einer Erbschaft
oder Vormundschaft berufen; Deserinz, Will-
fährigkeit, Gewährung.
Deferierender Kreis, s. Epicykel.
Defervescönz (lat.), das Nachlassen der Hitze
bei fieberhaften Krankheiten (f. Fieber).
Deffereggenthal, Hochthal in Tirol, Bezirks-
hauptmannschaft Lienz, Gerichtsbezirk Windisck-
Matrei, ein westl. Seitenthal des Iselthals, ist
37 km lang, schmal, hat eine mittlere Erhebung
von 1495 ni und wird vom Deffereggenbach (früher