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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dedition - Defektsverfahren
Dedition (lat.), bei den alten Römern die Über-
gabe eines Menschen in die Gewalt eines andern,
insbesondere die einer Stadt, eines Volks, Landes
in die Gewalt des Siegers auf Gnade oder Un-
gnade. Diejenigen, die sich so ergeben hatten, stan-
den ungünstiger als andere dem röm. Staat linter-
thänige. Davon wurden äeäiticii die aus der
Sklaverei Freigelassenen der untersten Klasse ge-
nannt, welche niemals das Bürgerrecht erlangen
und sich in Rom nicht aushalten durften. Das waren
diejenigen, die während ihrer Sklaverei wegen eines
Vergehens gefesselt, gebrandmarkt, zum Kampf-
schauspiel verurteilt waren.
Dedizieren (lat.), zueignen, widmen; davon
als Hau^woi5 Dedikation (s. d.).
Dedo ("Finger"), ein früheres kleines span.
Längenmaß von ^ fpan.-castil. Fuh oder ^4 span.
Zoll, ^8 der Vara (Elle) ^ 1,7415 cm.
Dedommagement (frz., spr. -masch'mang), Ent-
schädigung, Echadloshaltung; dedo mm agieren,
entschädigen, schadlos halten.
Dedoublieren (frz., fpr. -dubl-), um die Hälfte
vermindern; im militär. ^inne: beim Marsch in
halbe Züge abbrechen.
vbänotio a.Ä adsurÄrlni (lat.), ein Beweis-
verfahren, f. Apagoge und Beweis.
Deduktion (vom lat. äßducers, d. h. herleiten,
ableiten), im philofophifchen Sprachgebrauche
die Ableitung des Besondern aus dem Allgemeinen,
im Gegensatz zur Induktion (s. d.), der Ableitung des
Allgemeinen aus dem Besondern, wie zur Demon-
stration als der Beweisführung aus unmittelbarer
Anschauung. Die Form des deduktiven Be-
weises ist der Syllogismus (s. d.). In engerm
Sinne nennt Kant D. eines Begriffs, besonders
eines Begriffs 3. priori, den Erweis seiner Recht-
mäßigkeit aus Grundgesetzen des Erkennens, im
Unterschied von dem bloßen Aufweis feines that-
sächlichen Besitzes. Er unterscheidet metaphy-
sische und transcendentale D. so, daß die
erstere den Begriff als einen ursprünglichen, von
keinem andern abzuleitenden nachweist, die letztere
seine Gültigkeit durch Aufzeigung der Stelle, die
ihm unter den ursprünglichen Elementen der Er-
kenntnis zukommt, zu sichern sucht. - Im juristi-
schen Sprachgebrauche versteht man unter D. be-
sonders die Darlegung einer für die Entscheidung
einer Streitsache erheblichen Rechtsfrage, im Gegen-
satze zur thatsächlichen Anführung. Nach manchen
frühern deutschen Prozeßrechten wurde die D., ins-
besondere nach Beendigung der Beweisaufnahme,
zum Gegenstande besonderer Schriftsätze, ja eines
besondern Prozeßabschnitts (des gemeinrechtlichen
Schluß- oder Hauptverfahrens) gemacht. In dem
franz. Prozesse findet die D. wesentlich in der münd-
lichen Schluhverhandlung statt (Plaidoyer). Die
Deutfche^Civilprozeßordnung schließt zwar die D.
in den Schriftsätzen zur Vorbereitung der münd-
lichen Verhandlung nicht aus, verweist dieselbe
iedoch eigentlich in die mündliche Verhandlung.
Größere D. in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
werden gewöhnlich Staatsschriften genannt.
Deduzieren (lat.), herleiten, ableiten, darthun,
s. Deduktion; äoäuctiZ äeclucLiiäig, nach Erweis
des zu Erweifenden; ä6l1uoti3 impsugiZ, nach Ab-
zug der Kosten; äkäueto aers alieno, nach Abzug
der Schulden.
Dee (spr. dih), Name dreier Flüsse in Großbri-
tannien. 1) D., entspringt im Berwyngebirge in
der Grafschaft Merioneth (Wales), geht durch den
Balasee und tritt in die Ebene von Ehester, wo er
nordwärts gewandt die Grenze zwischen Denbigh
shire und Ehester bildet; er durchfließt Ehester,
mündet, 122 km lang, in ein jetzt gänzlich versan-
detes 'Ästuar (24 km) der Irischen See, westlich dee
Mersey. Sein Thal ist durch den Besitz des kleinen
Kohlenfeldes von Ruabon ausgezeichnet. - 2) D.,
entfpringt auf der Nordwestczrenze der schott. Graf
schaft Kirkcudbright, durchfließt den Loch-Ken und
mündet, 62kin lang, in denSolway-Firth.- 3) D..
entspringt in 1237 in Höhe im Cairngormgebirge,
durchfließt einige der herrlichsten Scenerien Schott-
lands (mit dem Wasserfall Linn of D.) und mün-
det, 139 Km lang, bei Aberdeen in die Nordfee. Er
ist durch seinen Lachsreichtum berühmt.
Deep, Dorf im Kreis Greifenberg des preuß.
Reg.-Bez. Stettin, an der Mündung der Rega in
die Ostsee, hat (1890) 400 E., Postagentur (nur im
Sommer), Fischerei, ein Seebad und eine Rettungs-
station für Schiffbrüchige.
Dees, siebenbürg. Stadt, s. De's.
vs kaoto (lat.), der That nach, abgesehen da-
von, ob es rechtlich (äs ^111-0) begründet ist; ä6 lacta
et al)8^u6^i'6, eigenmächtig und widerrechtlich.
Defäkation (lat.), in der Medizin soviel wie
Kotentleerung; D. in der Chemie, s. Scheidung.
Defamation (lat.), s. Diffamation.
Defatigieren (lat.), ermüden, ermatten; De-
fatigation, Ermüdung, Ermattung.
vöta.ut (frz., spr.-foh), Fehler, Nichterscheinen;
^U36in6nt Ml' äLtant, Versäumnisurteil, das gegen
den Beklagten erlassen wird, wenn er einen Anwalt
nicht aufstellt (O. eontre Mi'ti6, I). lauts cl<3 coin-
pHi-Hiti'6), oder wenn der aufgestellte Anwalt nicht
auftritt (1). C0utr6 avouö, I). lu,nt6 äs e0u.ciu.r6). I).
C0UF6 ist das Verfäumnisurteil gegen den Kläger.
Defekation, foviel wie Defätation (s. d.).
Defekt (lat.), mangelhaft, unvollständig, be-
schädigt; als Substantiv soviel wie Mangel, Feb'
ler; defcktieren, eine Rechnung durchsehen in
Beziehung auf etwaige Rcchnungsfehler.
Im Kirchenrecht bezeichnet D. gewisse Hindernisse
für die Aufnahme in den geistlichen Stand.
Defektiv (lat.), mangelhaft, unvollzählig.
Defektivum (lat., d. h. mangelhaft), in der
Grammatik ein solches Wort, von dem bloß eine be-
schränkte Zahl von Formen gebräuchlich ist; z. B
Hauptwörter, die nur in Einzahl oder Mehrzahl oder
in einzelnen Casus vorkommen; ferner auch Zeit-
wörter, von denen nur gewisse Zeiten, Modus oder
Personen angewendet werden.
Defektsverfahren, im Verwaltungsrecht ein
bestimmtes Verfahren zur Geltendmachung finan-
zieller Anfprüche gegen Beamte auf Grund ihrer
Amtsführung. Es ist eine Kombination aus Privat-
und Disciplinarrecht. Das preuh., auf der Gesetz-
gebung von 1844 beruhende System wurde sowohl
vom Reich als von den meisten Einzelstaaten, insbe-
sondere Württemberg, Baden, Hessen übernommen.
Das D. setzt voraus einen Fehlbetrag in einer Kasse
infolge von Schuld des die Kasse verwaltenden
Beamten (oder einer Person des Soldatenstandes),
gleichgültig ob es sich hierbei um Staats- oder
Privatwerte, um Gelder oder andere Wertobjekte
handelt, für welche der Staat haftet. Schuld ist!
Unterschlagung oder grobes Versehen; in andern
Fällen ist der ordentliche Rechtsweg zu beschreiten.
Das D. ist einzuleiten und durchzuführen durch die
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