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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Delinĕieren; Delinquént; Deliquĭum; Delirieren; Delirĭum; Delisches Problem

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Delineieren – Delisches Problem

Delinĕieren (lat.), zeichnen, entwerfen; Delineation, Zeichnung, Entwurf, Grund-, Abriß; Delineāvit, s. Del.

Delinquént (lat.), Verbrecher, Missethäter.

Deliquĭum (lat.), das Zerfließen von Körpern, namentlich von Salzen, durch Anziehen von Feuchtigkeit aus der Luft; auch das Schmelzen durch Wärme; deliquescieren, zerfließen; deliquescént, zerfließend, zerschmelzend.

Delirieren (lat.), irre reden, s. Delirium.

Delirĭum (lat.), im weitern Sinne jeder Zustand von Irrereden oder Irrehandeln (Phantasieren), infolge einer Gehirnaffektion, wobei durch unmittelbare organische Erregung der materiellen Grundlage der Geistesthätigkeit Vorstellungen, Affekte, Triebe u. s. w. ausgelöst werden. Die sprachlichen wie sonstigen Äußerungen der Kranken finden so in deren wirklicher Lage keine genügende Motivierung oder stehen zu letzterer in augenfälligem Gegensatz, ohne daß ihnen dies zum Bewußtsein kommt. Demgemäß befinden sich viele Geisteskranke mehr oder weniger im D., und manche irrenärztliche Autoren brauchen für die geistige Störung bei Irren geradezu die Bezeichnung chronisches D. Gewöhnlich indes versteht man unter D. nur das vorübergehende, von Verworrenheit begleitete Irrereden, oder Irrehandeln bei fieberhaften Krankheiten, z. B. bei Typhus (Delirium febrile oder D. im engern Sinne), Vergiftungen, Neurosen (s. d.). Insofern hierbei sowohl die Vorstellungs- und Gefühlsthätigkeit wie das Wollen krankhaft erscheinen, spricht man von einem allgemeinen oder totalen D. zum Unterschied von dem partiellen D., d. h. dem Hervortreten krankhafter Erscheinungen nur auf einem dieser geistigen Gebiete, z. B. der Vorstellungsthätigkeit in Form von Wahnvorstellungen.

Nach dem äußern Verhalten unterscheidet man das sanfte D. (Delirium mite seu blandum), wobei der Kranke ruhig daliegt und für sich spricht, oft zwischen den Zähnen murmelnd (mussitierend, Delirium mussitans), und das wilde D. (Delirium furibundum), worin der Kranke zu heftigen, lauten Reden und gewaltsamen Handlungen hingerissen wird. Die Ursache des D. ist bald Überfüllung der Hirn- und Hirnhautgefäße mit Blut, bald auch Blutmangel derselben (z. B. bei Verschmachtenden, Verblutenden, Blessierten), bald eine Vergiftung des ins Gehirn eintretenden Blutes (z. B. durch Alkohol, narkotische Gifte, durch septische Substanzen, Harnstoff u. s. w.). Häufig gelingt es bei fieberhaften Krankheiten, gleichzeitig mit der Herabsetzung des Fiebers durch kalte Bäder, Eisbeutel und antipyretische Mittel auch das D. zu beseitigen.

Das Delirium tremens, der Säuferwahnsinn, ist eine nach längerm und gewohnheitsmäßigem Mißbrauch alkoholischer Getränke, vorzüglich des Branntweins, eintretende Hirnkrankheit, die sich durch anhaltende Schlaflosigkeit, allgemeines Gliederzittern und Störung der Geistesthätigkeiten (Desorientierung in Bezug auf Raum und Zeit, Sinnestäuschungen und Wahnvorstellungen) zu erkennen giebt. Die Phantasien des Säufers, die Tag und Nacht fortdauern, bewegen sich meist um allerlei Visionen von kleinen ihn umgebenden Körpern (z. B. Mäusen, Ratten, Fäden, Rauch), um Gehörstäuschungen (Wahrnehmung von Geräuschen, Stimmen), eigentümliche Empfindungen in der Haut u. s. w.; daneben treten auch Vorstellungen von Verfolgtwerden auf. Dem Ausbruch der Krankheit gehen schon Tage oder Wochen vorher Appetitlosigkeit, Gliederzittern, reizbare und mürrische Stimmung sowie unruhiger Schlaf voraus; oft wird der Ausbruch durch andere akute Krankheiten, wie Lungenentzündung, sowie durch Verletzungen, Knochenbrüche und Operationen begünstigt. Am häufigsten werden Männer zwischen dem 30. und 45. Jahre vom Säuferwahne befallen; die Dauer desselben beträgt gewöhnlich 5‒8 Tage; leicht treten Rückfälle ein. Die Heilung erfolgt, indem der Kranke in einen längern Schlaf verfällt. Ein tödlicher Ausgang (meist infolge von Herz- oder Hirnlähmung) ist bei zweckmäßiger Behandlung im allgemeinen selten (in guten Hospitälern 2‒4 Proz., unter andern Verhältnissen bis zu 20 Proz.); doch hängt die Prognose auch von den Ursachen der Erkrankung ab, insbesondere davon, ob das D. sich im Anschluß an schwere Verletzungen, schwere innere Krankheiten entwickelt hat oder mehr selbständig auftritt (z. B. einfach infolge von Entziehung der gewohnten Menge, sog. Entziehungsdelirien, welche in ähnlicher Form auch bei Chloral-, Morphiummißbrauch vorkommen). – Die Behandlung hat hauptsächlich auf Erhaltung der Kräfte, besonders des Herzens bedacht zu sein, durch kräftige Nahrung, starken Wein, fuselfreien Alkohol. Die Anwendung von narkotischen Mitteln (Opium, Chloralhydrat u. s. w.) ist nur unter besondern Umständen gerechtfertigt (bei sehr unruhigen Kranken mit schweren Verletzungen u. dgl.). Das einzige Mittel gegen Rückfälle ist die völlige Unterlassung des Mißbrauchs der alkoholischen Getränke, zu der freilich die energielosen Kranken nur selten zu bewegen sind; die meisten fallen früher oder später wieder in ihr altes Laster zurück. (S. Alkoholismus.) – Vgl. Rose, Delirium tremens (Stuttg. 1884).

Delirium nervosum bezeichnet einen Zustand von nervöser Aufregung ohne Fieber nach Verletzungen und Operationen bei hysterischen Personen.

Delisches Problem, die im griech. Altertum berühmte geometr. Aufgabe, die Seite eines Würfels zu finden, dessen Inhalt doppelt so groß ist als der eines gegebenen Würfels. Die Veranlassung dazu wird auf verschiedene Weise angegeben. Die eine Sage erzählt, König Minos habe seinem Sohne Glaukos ein Grabmal errichten lassen wollen. Die Bauleute hätten dazu einen Würfel gewählt, der 100 (altgriech.) Fuß lang, breit und hoch war. Minos habe das Denkmal zu klein gefunden und es doppelt so groß an körperlichem Inhalt gewünscht. So sei die Frage entstanden, wie die Seiten zweier Würfel sich verhalten, deren einer doppelt so groß ist als der andere. Andere bringen die Sache mit Delos in Verbindung und erzählen, das dortige Orakel des Apollon habe als Mittel zur Beseitigung einer in Griechenland herrschenden Pest geraten, man solle den Altar des Apollon, der die Form eines Würfels hatte, noch einmal so groß machen. Man sei dem Rat gefolgt, gleichwohl habe die Pest nicht nachgelassen, und bei wiederholter Anfrage habe das Orakel erklärt, daß der Altar die Würfelform behalten müsse und die vorgenommene Vergrößerung, bei der man dies nicht beachtet, unrichtig sei. Das D. P. ist bereits in der Platonischen Schule der griech. Mathematiker vielfach behandelt und mit genügender Annäherung gelöst worden. Es handelte sich dabei darum, die Kante des doppelt so großen Würfels konstruktiv zu bestimmen. Zu diesem Zwecke wurden ein Kreis und ein Kegel- ^[folgende Seite]