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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutsche Ritter

sein energisches Vorgehen gegen unwürdige Mitglieder des Ordens und gegen das aufrührerische Danzig, endlich sein eigenmächtiges Handeln in polit. Beziehung, veranlaßten seinen Sturz. In der richtigen Erkenntnis, daß nur ein Krieg den "friedlosen Frieden" beendigen könne, wollte er wieder den Kampf mit Polen beginnen. Doch seine Zeit begriff diese zielbewußte Politik nicht, und im Orden selbst trat die Rebellion offen an den Tag. Das Kapitel, welches den aufrührerischen Marschall Michael Küchmeister, der an der Spitze der Unzufriedenen stand, verurteilen sollte, entsetzte 14. Okt. 1413 Heinrich von Planen seines Amtes. Immer tiefer sank nun der Orden. Nachdem der "Hungerfeldzug" zwischen Orden und Polen vom Juli bis Okt. 1414 gedauert, begann mit dem Waffenstillstand von Strasburg und dessen von Jahr zu Jahr bis 1422 vorgenommener Verlängerung eine Zeit des faulen Friedens. Im ewigen Wechsel zwischen Anwerben von Söldnern und deren Entlassung, sobald der Friede wieder gesichert schien, durch unerträgliche Ausgaben für Gesandtschaften an das Konstanzer Konzil u. s. w. ruinierte sich der Orden finanziell, ohne doch den Krieg vermeiden zu können, der nach dreimonatiger Dauer im Sept. 1422 durch den Frieden am Melno-See seinen Abschluß fand und durch die definitive Abtretung Samaitens auf immer die Besitzungen des Ordens in Preußen von denen in Livland trennte. Wie der Orden äußerlich dadurch auf seine Zukunft verzichtete, so verfiel er auch innerlich immer mehr. Die Verarmung des Landes durch Kriege und kostspielige diplomat. Verhandlungen, eigenmächtiges Vorgehen des Ordens in Handelssachen, das noch mehr sich verschlechternde Verhältnis zwischen Rittern und Bevölkerung erregte Unzufriedenheit, die sich äußerte in Wünschen nach Änderung der Gerichte, nach einer andern Zusammensetzung des Landesrats. Diese Bewegung fand ihren Abschluß durch die Vereinigung aller Unzufriedenen in dem sog. "Preußischen Bund" im März 1440 zu gemeinsamer Verteidigung ihrer Rechte und Freiheiten gegen den Orden.

Die auf Veranlassung des Ordens vom Kaiser Friedrich III. Ende 1453 befohlene Auflösung des Bundes veranlaßte die Eröffnung des Krieges seitens des Bundes gegen den Orden mit dem besten Erfolg. Doch hiermit nicht genug. Schon war man mit Polen in Verbindung getreten. Durch das "Inkorporations-Privileg" vom 6. März 1454 nahm Kasimir von Polen ganz Preußen in seinen Besitz. Es folgte nun der sog. "Dreizehnjährige oder Große Krieg" (1454-66), der wegen beiderseitiger Erschöpfung endlich 19. Okt. 1466 durch den zweiten Frieden von Thorn beendigt wurde. Westpreußen mit Danzig, Elbing, Culm, Marienburg und Thorn kam an Polen; Ostpreußen blieb als poln. Lehen dem Hochmeister, der wie alle seine Nachfolger dem König von Polen, 6 Monate nach seiner Wahl den Treueid leisten, sollte. Das poln. Westpreußen, in die drei Woiwodschaften Pommern, Culm, Marienburg geteilt, ging bis ins 18. Jahrh. seine eigenen Wege.

1467-1525. Der Orden in Ostpreußen führte ein ruhmloses Dasein. Die Erkenntnis seiner eigenen Schwäche veranlaßte ihn endlich zu dem Versuch, durch die Personen seiner Hochmeister sich wieder zu Ansehen zu bringen. So erklärt sich die Wahl des Herzogs Friedrich von Sachsen 1498 und nach dessen Tod 1510 die des Markgrafen Albrecht von Brandenburg. Trotz seiner Verwandtschaft mit König Sigismund von Polen (Albrechts Mutter Sophie war eine Schwester Sigismunds) trieb Albrecht die Politik seiner nächsten Vorgänger auf die Spitze. Während sie den Huldigungseid nur hinausschoben, war Albrecht entschlossen, den Lehnsverband mit Polen zu brechen. Vom Deutschen Reich unterstützt, dann verlassen, ließ sich Albrecht trotzdem auf einen Krieg ein, der, 1519 beginnend, 1521 mit einem vierjährigen Waffenstillstand abgeschlossen wurde und dann endgültig durch den Frieden von Krakau 1525 sein Ende erreichte. Der geistliche Ordensstaat Preußen wurde in ein von Polen lehnbares, in der Familie des protestantisch gewordenen Albrecht von Hohenzollern erbliches weltliches Herzogtum Preußen verwandelt.

Der livländische Ordenszweig. Länger als der preußische hielt sich der livländ. Zweig des Ordens in seiner ursprünglichen Verfassung. In Livland und Kurland hatte der Orden durch seine Vereinigung mit dem Schwertorden 1237 festen Fuß gefaßt. Unter einem eigenen Landmeister stehend hatte er im 13. und 14. Jahrh. schwere Kämpfe gegen Kuren, Samaiten und Russen zu bestehen. Dazu kam sowohl der fortwährende Konflikt zwischen dem Orden und dem Erzbischof von Riga, der gleich jenem nach der Herrschaft über ganz Livland strebte, als die Uneinigkeit des Ordens mit dem auf sein städtisches Recht pochenden Riga. 1346 erwarb der Orden von König Waldemar von Dänemark auch Esthland. Diesen Besitzstand zu verteidigen, war Aufgabe des alleinstehenden livländ. Ordenszweiges, da der preußische durch seine Kämpfe gegen Polen-Litauen vollständig in Anspruch genommen war. Da er sich so auf sich selbst angewiesen sah, wuchs das Gefühl der Unabhängigkeit jenes Zweiges um so bedeutender, je mehr der Orden in Preußen an Bedeutung verlor, namentlich seit dem zweiten Thorner Frieden. Im Kampf für seine Existenz um die Wende des 16. Jahrh. gegen Rußland erfocht der Orden unter dem berühmtesten seiner Meister, Walter von Plettenberg (1494-1535), den Sieg an der Smolina bei Pleskow 1502, ein Erfolg, der dem Land einen 50jährigen Frieden mit Rußland sicherte. Wie im preuß. Ordensgebiet, so breitete sich auch in Livland die Reformation durch die Predigten Knöpkens und Tegetmeyers aus, wenn auch der Orden offiziell katholisch blieb. Gleich Albrecht von Hohenzollern sich zum weltlichen Herrscher des seit 1525 völlig selbständig gewordenen Ordens zu machen, war Plettenberg unmöglich wegen der eifersüchtig auf die Annexion Livlands bedachten Nachbarn, Polen und Rußland, die bei einer event. Säkularisation des Ordens Grund gehabt hätten, sich in die livländ. Verhältnisse einzumischen. Und trotzdem entging der Orden diesem Schicksal nicht. Das Bündnis, welches der livländ. Ordensmeister, Wilhelm von Fürstenberg, gezwungen durch die poln. Partei des Ordens unter Gotthard Kettler, mit dem letzten Jagiellonen Sigismund August von Polen 1557 zu Poswol gegen Iwan von Rußland einging, verstieß gegen den Vertrag des J. 1554 mit Rußland, der ausdrücklich Anschluß an Polen verbot. So begann 1558 ein 23jähriger Krieg, der Livland zu Grunde richtete und das Ende des Ordens mit sich führte. Das Heer des Ordens erlag den Russen 1560 bei Ermes; durch den Fall von Fellin geriet Wilhelm von Fürstenberg in russ. Gefangenschaft. Esthland sagte sich von der Ordensherrschaft los und erkannte