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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dionysius (der Jüngere) - Dionysius (von Halikarnaß)
Verräterei an und brachte es dahin, daß das Volk
andere Heerführer wählte, unter denen er selbst war.
Vald aber wußte er auch diese zu verdächtigen und
ward zum Oberfeldherrn ernannt und erlangte in
seinem 25. Jahre die Tyrannis. Nachdem er zwei
Empörungen unterdrückt, 404 die Karthager zum
Frieden, der ihm die Osttuste Siciliens sicherte, be-
stimmt, dann auch mehrere griech. Städte Siciliens
unterworfen und die Allianz der Spartaner ge-
wonnen hatte, rüstete er sich zum Kriege gegen die
Karthager. Das Wasfenglück, das ihn anfange
(397) begünstigte, wendete sich aber bald zu seinem
Nachteil. Seine Flotte wurde bei Catana entschei-
dend geschlagen. Schon wurde er von Himilko 395
in Syrakus selbst belagert, als die Pest unter den
Feinden große Verheerungen anrichtete. D. über-
fiel die dadurch erschöpften Karthager zu Lande und
aus der See und trug einen vollständigen Sieg da-
von, dem 392 nach einem neuen Mißerfolg der Kar-
thager ein vorteilhafter Friede folgte. Auf einem
feiner seit 390 nordwärts gerichteten Feldzüge in
Unteritalien eroberte er 387 nach elfmonatiger Be-
lagerung die Stadt Nhegium, die er schon früher
mehrmals vergebens angegriffen hatte, und 379
Kroton. Seitdem übte er auf die griech. Städte
Unteritaliens bedeutenden Einfluß, und feine Flot-
ten herrschten auf den Italien umgebenden Meeren.
Auch am Po und auf einigen illyr. Inseln legte cr
Kolonien an. Nicht minder als im Kriege wollte er
als Dichter glänzen. Er wagte es sogar, bei dm
Olympischen spielen um den Preis zu ringen, und
schickte 388 eine Gesandtschaft und außer pracht-
vollen Gespannen Rhapsoden, die besten Sänger,
dahin, die seine Gedichte vortragen sollten, aber e>ö
nicht verhindern konnten, daß der Dichter schimpf-
lich verhöhnt wurde. 383 befand er sich abermals
mit Karthago in Krieg, der nach einem großen
Siege und einer großen Niederlage durch einen Ver-
gleich beendet wurde. D. starb 367. Unmenschliche
Grausamkeit, die durch ein grenzenloses Mißtrauen
gesteigert ward, besteckt das Andenken des D., dem
polit. Klugheit, unermüdliche Thätigkeit im Staats-
und Kriegswesen und erhebliche Erfolge nicht abge-
sprochen werden dürfen. - Vgl. Holm, Geschichte
Siciliens, Bd. 2 (Lpz. 1874); Beloch, I^'impkim
Licilikmo äi DioniLio (in den "^tti clell'^ccaäßinia
äeil^neei", Nom 1881).
Dionyfius der Jüngere, des vorhergehenden
Sohn, in der Erziehung durch des Vaters Miß-
trauen geflissentlich vernachlässigt, war, als er 307
die Herrschaft übernahm, 28 I. alt. Sein Oheim
Dion (s.d.) suchte durch Platos Lehre und Unigang
bessernd auf ihn einzuwirken; der Geschichtschreiber
und Staatsmann Philistos und der zu einem schwel-
gerischen Genußleben neigende Hang des D. ver-
eitelten einen dauernden Erfolg. Ein Krieg gegen
die Lucaner war vom Glück begünstigt, und auch
an der illyr. Küste dehnte er seine Herrschaft aus.
Von Dion 356 aus Syrakus verjagt, flob D. nach
Lokri in Unteritalien und erwarb sich dort die Allein-
herrschaft, die er in der gewaltthätigsten, grausam-
sten Weise mißbrauchte. 346 gelang es ihm, sich
wieder in den Besitz von Syrakus zu setzen. Seine
Willkür aber und die von Karthago drohende Ge-
sahr trieb die Bürger, sich anHiketas, Tyrannen
zu Leontini, und 345 an die Korinther um Hilfe
zu wenden. Timoleon (s. d.) wurde von den letz-
tern gesendet; dieser schlug 344 den tziketas, der
die Gelegenheit benutzen wollte, sich zum Herrn von
Syrakus zu machen, und sich mit den Kartha-
gern verbündet hatte. D., der die Burg innehatte,
ergab sich ihm und ward nach Korinth gebracht, wo
er sich durch Unterrichtgeben erhalten haben soll.
Dionyslus Areopagita, Mitglied des Areo-
pags in Athen, wurde nach Apostelgesch. 17,34 durch
die Predigt des Paulus zu Athen bekehrt und soll
nach der Tradition als erster Bischof von Athen
unter Hadrian oder Domitian den Märtyrertod ge-
storben sein. Aus dem Religionsgespräch zu Konstan-
tinopel zwischen monophysitischen Severianern und
Katholiken (533) beriefen sich jene für ihre Lehre
von einer Natur Christi auf dem D. zugeschriebene
Schriften, die aber offenbar kaum vor dem 5. Jahrh,
geschrieben sind. Es sind ihrer vier: über die himm-
lische Hierarchie, über die kirchliche Hierarchie, über
den göttlichen Namen, über die mystische Theologie;
dazu elf Briefe. Sie bezeichnen einen Verfuch zur
Verschmelzung nenplatonischer Spekulation mit den
Lehren der christl. Neligion, indem nach ihnen die
wahre Tbeologie die Hülle der kirchlich-traditionellen
Lehre abstreift und sich durch Kontemplation und
Ekstäse zur unmittelbaren Anschauung der göttlichen
Dinge erhebt. Diese Schriften wurden nach ihrcr
Verpflanzung nach Frankreich und nach ihrer Über-
setzung ins Lateinische der Ausgangspunkt der
mittelalterlichen Mystik. Stephan II. sandte sie an
den Frankenkönig Pippin, Hadrian I. (772-795) an
den Abt Fulrad von St. Denys und Michael Balbus
827 an Ludwig den Frommen. Jetzt identifizierte
man den D. Areopagita mit dem in Frankreich als
Schutzheiliger (Gedächtnistag der 9. Okt.) verehrten
D. von Paris, der im 3. Jahrh, von Rom nack
Paris gekommen und dort nach feiner Enthauptung
mit dem Kopfe in der Hand bis zu dem nach ihm
benannten St. Denys gegangen fein soll. Erst 1629
wies der Jesuit Jakob Sirmond nach, daß der Ver-
fasser jener mystischen Schriften und der heilige D.
von Paris unmöglich dieselbe Person sein könn-
ten. Im Abendlande wurden die Areopagitischen
Schriften zuerst bekannt durch die Übersetzung,
welche Joh. Scotus Eriaena im Auftrage Karls des
Kahlen anfertigte. Im Mittelalter wurden sie dann
durch ausführliche Kommentare erläutert, z. B. von
Hugo von St. Victor, Albertus Magnus, Thomas
von Aquino, D. dem Kartäufer u. a. Die vollstän-
digste Sammlung folcher Kommentare enthält die
Ausgabe von 1556 (Köln); die beste griech.-lat.
Ausgabe des Textes besorgte der Jesuit Corderius
(Antwerp. 1634; Veneo. 1757), eine deutsche Über-
setzung nebst Abbandlung Engelhardt (2 Bde., Sulz-
bach 1823), eine Übersetzung der kirchlichen Hierarchie
Storf (in der "Bibliothek der Kirchenväter", Kempten
1877). - Vgl. K. Vogt, Neuplatonismus und
Christentum (Berl. 1836); Hipler, D. der Areopagite
(Regensb. 1861); Kanakis, D. der Areopagite (Lpz.
1881); C. M. Schneider, ^rkop^iti^l,. (Regensb.
1884); Iahn, Dionysiaca (Altona 1889).
Dionysius von Halikarnaß in Karien, griech.
Kunstschriftsteller und Lehrer der Beredsamkeit, kam
etwa 31 v. Chr. nach Nom und schrieb zur Beleh-
rung seiner Landsleute eine röm. Archäologie in
20 Büchern, worin er die ältere Geschichte und Ver-
fassung Roms bis zum ersten Punischen Kriege er-
zählte. Erhalten sind davon die elf ersten Bücher
lund zwar das elfte unvollständig) und von den
übrigen eine größere Anzahl Bruchstücke. Heraus-
gegeben wurde das unzuverlässige, abcr durch Be-
nutzung älterer Annalisten, deren Werke verloren