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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dschingis-Chan - Dschodhpur

Dschingis-Chan, richtiger Tschinggis-Chân, eigentlich Temudschin, berühmter mongol. Eroberer, geb. 1162 am Onon, war der Sohn des mongol. Hordenführers Jisugei Baghatur, der über ungefähr 40000 Familien gebot und dem Tatarchan der östl. Tatarei zinsbar war. Als er 13 J. alt war, starb sein Vater, und nun führte die Mutter die Regentschaft. Die Oberhäupter der unterworfenen Stämme versuchten zwar sich freizumachen, wurden jedoch von D.s Mutter unterworfen. Bald darauf schlug D. die Taidschut und legte durch diesen Sieg den Grund zu seiner künftigen Macht. 1196 setzte er Wang-Chan, das Oberhaupt der Kerait, der durch seine Brüder den Thron verloren hatte, wieder in seine Herrschaft ein. In der Folge jedoch schloß sich Wang-Chan den Feinden D.s an; es kam zum Kriege zwischen beiden, und in einer Schlacht (1202) verlor Wang-Chan mehr als 40000 Mann und auf der Flucht das Leben. Der Sieg über Tajan, den Chan der naimanschen Tataren, am Amurssusse 1203 sicherte D. die Oberherrschaft über einen großen Teil der Mongolei und den Besitz der Hauptstadt Karakorum. Nachdem D. zu Anfang 1206 von den unterworfenen Horden zum Chakan oder Fürst der Fürsten ausgerufen worden war, ward das Land der höher gebildeten Uiguren, im Mittelpunkte der Tatarei, unterjocht, und D. war nun Herr des größten Teils der Tatarei. Zugleich nahm er auf Grund der Prophezeiung eines Schamanen, die ihm die Weltherrschaft verhieß, den Namen D. an. Bald darauf begann er 1209 mit Hilfe der Kitan die Eroberung Chinas. Nach sechsjährigem Kriege wurde die Hauptstadt Jen-king, nachmals Pe-king, 1215 erobert und damit die Eroberung des nördl. China, welches damals unter der Dynastie Kin stand, vollendet. Die Ermordung der Gesandten D.s an den Chan Mohamed ben-Tuküsch von Khowaresm (das heutige China) durch diesen selbst veranlaßte 1216 den Angriff auf Turkestan mit einem Heere von 700000 Mann. Die Städte Buchara, Samarkand und Chiwa wurden erstürmt und verbrannt, und mehr als 200000 Menschen kamen dabei um, darunter Chan Mohamed ben-Tuküsch selbst. Dabei fand auch die kostbare Bibliothek von Buchara 1220 ihren Untergang. In den nächsten Jahren dehnte D. seine Herrschast bis Balch und Herat sowie an die Ufer des Dnjepr aus, nachdem die Russen am Flusse Kalla, jetzt Kalmius im Gouvernement Jekaterinoslaw, 1223 durch seinen Sohn Tschutschin eine große Niederlage erlitten hatten. 1225 zog er gegen den König von Si-Hia oder Tangut durch die Wüste Gobi und vernichtete in einer Schlacht auf dem gefrorenen See Kuku-nor das feindliche Heer, das 500000 Mann gezählt haben soll. Bald wurde auch die Hauptstadt von Tangut erobert und verwüstet. Mit neuen Eroberungsplänen beschäftigt, starb D. 18. Aug. 1227, nachdem er das Reich unter seine vier Söhne geteilt hatte. Er wurde mit großer Pracht zu Tangut begraben. Das einzige jetzt bekannte Denkmal D.s ist eine in den Ruinen von Nertschinsk aufgefundene Granittafel mit einer mongolischen, von Schmidt in Petersburg und später von Dordshi Vansarow erklärten Inschrift. - Vgl. Ssanang-Ssetsen, Geschichte der Ostmongolen (übersetzt von I. I. Schmidt, Petersb. 1829); D'Ohsson, Histoire des Mongols, depuis Tschinguiz-kahn jusq'à Timour Beg ou Tameraln (4 Bde., Haag u. Amsterd. 1834-35); Erdmann, Temudschin der Unerschütterliche (Lpz. 1862); De

^[Spaltenwechsel]

la Croix, Histoire de Ghenghizchan (Par. 1710); Howorth, History of the Mongols from the 9th to the 19th century, Bd. 1 (Lond. 1876).

Dschinn (arab.), eine Gattung von Teufeln, im weitern Sinne Dämon, namentlich den Menschen feindlicher, auch als Beiname von Personen zur Bezeichnung listigen Wesens. Die D. sind die türk. Wüstengenien der arab. Sage, die aber auch z. B. die Schlösser Jemens erbaut haben sollen (sie errichteten auf Salomos Geheiß den Palast der Königin von Saba, auch die Schlösser von Persepolis und Palmyra). Die Irrsinnigen gelten als von D. besessen. - Vgl. Wellhausen, Reste arab. Heidentums (Berl. 1887).

Dschinni, Djenne, Stadt in Afrika, s. Massina.

Dschipefluß, in Deutsch-Ostafrita, s. Pangani.

Dschipesee, See in Deutsch-Ostafrika, südlich vom Kilima-Ndscharo-Gebirge, 730m u.d.M., 16 km lang und 5 km breit. Sein Wasser ist wohlschmeckend, aber von ockergelber Färbung. Am Ostufer erheben sich einige Hügelreihen, die in eine wasserlose Wüste übergehen. Die Westseite bedeckt roter Lehmboden. Das Nordende biegt gegen W. in einen breiten Sumpf von Papyrusstauden um, dem nach W. der Ruvu, ein Hauptarm des Pangani (s. d.) entströmt. Als Zufluß erhält er von N. den klar fließenden Lumi, welcher im Kilima-Ndscharo-Gebirge entspringt.

Dschirdscheh, Stadt in Ägypten, s. Girgeh.

Dschisak. 1) Kreis im nördl. Teil des russ.-centralasiat. Gebietes Samarkand, hat 29375,1 qkm, 13000 Kibitken mit 65000 E. - 2) Kreisstadt im Kreis D., nordöstlich von Samarkand, hat (1885) 21800 E., früher eine bucharische Festung, die 30. Okt. 1866 von den Russen eingenommen wurde.

Dschisjeh (arab., d. i. Kopfsteuer), s. Charâdsch.

Dschiti-Schahar, s. Jetti-schahr.

Dschjeng, Negerstamm, s. Dinka.

Dschodhpur (engl. Jodhpur, Joudpore) oder Marwar. 1) Staat, der größte von den administrativ zu der Präsidentschaft Bombay gehörenden, dem indobrit. Reiche tributären Schutzstaaten der Radschputen, im westl. Radschputana, hat aus 84800 qkm (1891) 2524030 E. (1881 waren unter 1750403 E. 1421891 Hindu, 155 802 Mohammedaner, 172404 Dschain, 207 Christen). Der südwestwärts fließende Luni bildet die Grenze zwischen dem dürren, sandigen Nordwesten und dem teils steinigen, teils fruchtbaren Südosten. Gegen Osten erhebt sich das Land in der Arawalikette zu 1040-1390 in Höhe. Der Süden ist ebenfalls gebirgig, und im Westen scheidet ein Gebirgszug die Wüste Thar in einen größern östl. und einen kleinern westl. Teil. Die Temperatur, im Sommer sehr hoch, sinkt im Winter mitunter unter den Gefrierpunkt, das Klima ist im allgemeinen gesund. D. hat Getreide- und Baumwollbau sowie Aufzucht von Kamelen, Pferden, Büffeln und Rindvieh, Fabrikation von Baumwollzeugen, Waffen, Leder-, Glas-und Drechslerwaren (die Elfenbeindrechslerei D.s ist berühmt); auch kommen schöner Marmor, Eisen, Blei und Alaun vor. Nur der Handel mit Salz, das aus dem Boden, meist aber aus Seen, namentlich dem zum Teil zu D. gehörenden großen Sambharsee, gewonnen wird, ist von Bedeutung. Von den Bewohnern sind fünf Achtel Dschat (s. d.), zwei Achtel Radschputen, der Rest Mina, Tscharan und Bhil. Die Landessprache ist das Marwari, eine dem Hindi verwandte Mundart. - Der Landesherr mit dem