Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

844
Eisenbahnbeamte
behörden (Generaldirektionen, Eisenbahndirektionen,
Eiscnbahnbetriebsämter, Oberbahnämter; s. Eisen-
bahnbehörden) und die mit der technischen Leitung
einzelner Dienstzweige betrauten Oberbeamtcn. In
Württemberg zählen auch die Bahnhofsverwalter
I. Klasse zu den höhern E.
Zu den niedern E., die häusig noch in mittlere
und untere unterschieden werden, gehören: die Bu-
reau- und Kassenbeamten zur Vermittelung des ge-
schäftlichen Verkehrs der Eisenbahnbehörden (s. d.),
die Betriebs- und Verkehrskontrolleure zur Über-
wachung des Betriebs- und Verkehrsdienstes, die
Stationsvorsteher (Vahnhofsvorstand, Bahnhofs-
inspektor, Bahnhofsverwalter, Bahnerpeditor) für
die Leitung des Stations- und Expeditionsdienstes
(für letztern bestehen auf größern Stationen eigene
Beamte, wie die Billet-, Gepäck- und Güter-
expedienten, Güterexpeditionsvorsteher); ferner die
Boden- und Lademeister für den Güterabfertigungs-
dienst, die Zugführer (Oberschaffner), Packmeister,
Schaffner, Bremser und Schmierer für den Zug-
begleitungsdienst; die Lokomotivführer, Heizer und
Wagenmeister für den Fahrdienst; die Werkmeister,
Werkführer und Maschinenmeister für den Wert-
stättendienst; die Vtagazin-(Materialien-)Verwalter
für die Verwaltung der Betriebs- und Baumateria-
lien; Telegrapheninspektoren, Telegraphenaufseher
für Unterhaltung der elektrischen Leitungen und Ap-
parate, die Telegraphisten für Bedienung der Appa-
rate, die Bahnmeister, Weichensteller und Bahn-
wärter für Unterhaltung und Bewachung der Bahn.
Für die Ausbildung der niedern E. haben
viele Bahnverwaltungen besondere Eisenbahnschulen
(s.d.) eingerichtet. In Deutschland werden die An-
wärter für den niedern Eisenbahndienst, an die hin-
sichtlich der Schulbildung je nach ihrer demnächstigen
Verwendung verschiedeneAnforderungen gestellt wer-
den, meist zunächst im praktischen Dienst ausgebildet
und dann einer Prüfung unterworfen. Nach den
vom Reiche auf Grund der Beschlüsse des Bundes-
rats vom 30. Juni 1892 erlassenen "Bestimmungen
über die Befähigung von Eifenbahnbetriebsbeam-
ten" vom 5. Juli 1892, die 1. Jan. 1893 an Stelle
der bisherigen Bestimmungen über die Befähigung
von Bahnpolizeibeamten und Lokomotivführern vom
12. Juni 1878 traten, müssen Nachtwächter, Sta-
tionsdiener, Bremser und Wagenwärter, Rangier-
meister, Schaffner, Packmeister, Zugführer, Bahn-
wärter und Haltepunktwärter, Weichensteller und
Haltestellenaufseher, Bahnmeister, Stationsaufseher
und Stationsassistenten, Stationsvorsteher sowie
Lokomotivführer für die selbständige Wahrnehmung
ihrer Dienstverrichtungen außer den in der "Betriebs-
ordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands"
und der "Vahnordnung für die Nebeneifenbahnen
Deutschlands" vom 5. Juli 1892 (s. Eisenbahn-
Betriebsordnung) vorgesehenen allgemeinen Eigen-
schaften (mindestens 211. alt, unbescholtenen Rufes,
lesens- und schrcibenskundig) noch bestimmte "all-
gemeine" und "besondereErfordernisse" erfüllen. Sie
sollen bei ihrem ersten Dienstantritt nicht über 40 I.
alt sein (Ausnahmen nur mit Genehmigung der
Landesaufsichtsbehörde zulässig), die für die Wahr-
nehmung der betreffenden Dienstvorrichtungen er-
forderliche Gesundheit, Rüstigkeit und Gewandtheit,
ein ausreichendes Hor- und Sehvermögen und die
sonst zu ihrem besondern Dienst erforderlichen Eigen-
schaften und Kenntnisse besitzen, welche den für jede
der genannten Beamtenkategorien im einzelnen vor-
geschriebenen Anforderungen entsprechen müssen.
Die Anstellung der niedern E. in Deutschland,
Österreich und Frankreich wird, abgesehen von der
Befähigung für die betreffende Stelle, durch die
Vorschriften über die Civilversorgung der Militär-
anwärter (s. d.) beeinflußt. Danach sind den Militär-
anwärtern einzelne stellen ausschließlich, andere,
wie z. B. in Deutschland die nichttechnischen Bureau-
beamtenstellen, mindestens zur Hälfte vorbehalten.
Vielfach werden auch Frauen im Eisenbahndienst
beschäftigt, z. B. im Telegraphendienst, an den Villet-
schaltern (Berliner Stadt- und Ringbahn) u. s. w.
Bei den untern E. ist noch vielfach nachgelassen,
daß dieselben ihre Frauen und Kinder zu einzelnen
Dienstleistungen, wie Bedienung der Wegeschranken,
heranziehen. Besonders in Frankreich ist die Ver-
wendung der Beamtensrauen zu verschiedenen Dienst-
verrichtungen eine ganz allgemeine.
Über die Ausbildung und Anstellung der E. be-
stehen in den übrigen Staaten des europ. Fest-
landes ähnliche Bestimmungen wie in Deutschland.
Abweichend hiervon ist die Angelegenheit in England
und Amerika geregelt, wo keine besondere Vorbil-
dung und teine Prüfungen verlangt werden. Die
Anwärter treten vielmehr meist schon in sehr jungen
Jahren in den Dienst, werden in allen Zweigen aus-
gebildet und rücken vor bis in die höchsten Stellen.
Die Anzahl der auf der Erde im Eisenbahn-
betrieb beschäftigten Personen wird auf etwa
drei Millionen geschätzt. Nach einer im "Archiv für
Eisenbahnwesen" 1889 mitgeteilten Denkschrift des
ital. Ministeriums der öffentlichen Arbeiten von
1889 betrug die Zahl der im Durchschnitt für 1 km
Vahnlänge beschäftigten Personen (Beamte und Ar-
beiter) in Belgien 12,54, in Italien 8,9", in Ruß-
land 8,93, in Deutschland 8,92, in Frankreich 7,78,
in den Niederlanden 7,22, in Österreich-Ungarn 0,97,
in der Schweiz 5,55, in Rumänien 5,27, in Däne-
mark 4,10.
Nach der Statistik des Reichseisenbahnamtes sür
1892/93 waren im Jahresdurchschnitt dei den normal-
spurigen deutschen Eisenbahnen (mittlere Vetriebs-
länge 42 848,86 km) an Beamten und Arbeitern
beschäftigt 355767 oder 8,31 für 1 km der durch-
schnittlichen Betriebslänge. Die Besoldungen und an-
dere persönliche Ausgaben betrugen 438068763 M.
-- 10234 M. sür 1 km. Hiervon entfielen auf die
preuh. Staatsbahnen (25 445,5? km) 238 270Beamte
und Arbeiter oder 9,36 für 1 km Betriebslänge und
287199646 M. ^ 11276 M. für 1 km. Im Werk-
stättenbetriebe waren außerdem 60829 Beamte und
Arbeiter thätig, davon 42309 bei denpreuß.Staats-
bahnen. (S. Deutsche Eisenbahnen und Preußische
Eisenbahnen.)
Bei den Eisenbahnen Osterreich-Nngarns,
soweit sie dem Verein deutscher Eisenbahnverwal-
tungen (s. Eisenbahnvcrein) angehören (also mit
Ausnahme einiger kleiner Lokalbahnen), waren
1892 (einschließlich der im Werkstättendienst beschäf-
tigten Perfonen) bei einer mittlern Vetriebslänge
von 27056 km durchschnittlich 191793 Beamte und
Arbeiter oder 7,i für 1 Km durchschnittlicher Be-
triebslänge vorhanden; die Besoldungen und niedern
persönlichen Ausgaben betrugen 176 768116 M.
--- 6513 M. für 1 km. Hiervon entfielen aui die
öfterr. Staatsbahnen (7979 km) 5? 747 Beamte und
Arbeiter oder 7,2 für 1 km und 51916 582 M. ^
6485 M. für 1 km-, auf die ungar. Staats- und
vom Staate betriebene Privatbahnen (9958 km)