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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Erbzins - Erchanger
m dem Preuß. Allg. Landr. 1,12, §. 649 und im
Sächs. Bürgert. Gesetzb. §. 2500. Gewöhnlich ver-
steht man unter E. den Vertrag, in dem jemand
dem Erblasser gegenüber auf sein Erbrecht in dessen
Nachlaß verzichtet. Das röm. Recht kannte diesen
E. nicht. Der ^ocls civil Art. 791, 1130 bestimmt
ausdrücklich, daß alle Verträge über die Erbschaft
eines Lebenden, auch wenn sie mit diesem selbst
geschlossen werden, ohne Wirksamkeit sind. Das Ge-
meine deutsche Necht, insbesondere die Praxis des-
selben, erkennt den dem Erblasser gegenüber aus-
gesprochenen, von diesem angenommenen Verzicht
an, ebenso das Preuh. Allg. Landrecht; das letztere
spricht jedoch ausdrücklich nur von dem Verzichte
der Abkömmlinge und des Ehegatten (II, 1, ß.441;
II, 2, §ß. 357, 358, 380fg.). Nicht minder kennen
den vertragsmäßigen E. zahlreiche andere Rechte,
z^B. das Bayrische Landr. III, II, §§. 2 fg., das
^ächs. Bürgert. Gesetzb. §. 2500, das württemb.
Recht und das Österr. Bürgert. Gesetzb. §. 551.
Der Vertrag, durch den jemand auf sein zukünfti-
ges Erbrecht einem Dritten gegenüber bei Lebzeiten
des Erblassers verzichtet, wird von vielen Rechten
für unzulässig erklärt, so insbesondere von dem
(^0(16 civil, dem Österr. Bürgert. Gesetzb. ß. 879,
Nr. 4, wohl auch von dein Sächs. Bürgert. Gesetzb.
8. 2563. Für das Gemeine Recht herrscht darüber
Streit; jedoch bejaht die herrschende Meinung die
Zulässigkeit, sofern der Erblasser mitwirkt. Das
Preuß. Allg. Landr. I, 11, §. 445; I, 12, §§. 649-
655; 1,16, §.442 läßt den Vertrag unter Miterben
zu, jedoch in der Regel nur, falls der Erblasser mit-
wirkt; diese Mitwirkung kann unterbleiben, wenn
der Erblasser nicht handlnngsfähig ist.
Nach dem Sächs. Bürgert. Gesetzb. z. 2560 ist
für den Erbverzichtvertrag die Form des Erbver-
trags nicht erforderlich; auch die übrigen Rechte
enthalten zumeist Formvorschriften nicht; einige
Rechte beschränkten Geltungsgebietes erfordern ge-
richtliche oder notarielle Form; das Preuß. Allg.
Landr. II, 1, §. 441; II, 2, §.484 schreibt gerichtliche
Form vor, falls ein Kind oder Ehegatte verzichten
soll. Der Verzichtende muh handlungsfähig fein.
Für das Gemeine Necht wird behauptet, auch der
Minderjährige bedürfe einer obrigkeitlichen Ver-
äußerungsgenehmigung nur für den Verzicht auf
den Pflichtteil. Nach Preusi. Allg. Landr. II, 2,
ß. 484 wird wenigstens für den Fall des Verzichtes
durch ein Kind des Erblassers Volljährigkeit und
Entlassung aus der väterlichen Gewalt erfordert.
Nach den meisten geltenden Rechten ist die Wirkung
des vertragsmäßigen Verzichtes insofern eine erb-
rechtliche, als dem Verzichtenden die Erbschaft gar
nicht anfällt. Welche Bedeutung der Verzicht auf
den Pflichtteil allein hat, wird meist eine Aus-
legungsfrage fein; hingegen enthält der Verzicht
auf das Erbrecht nach Gemeinem Rechte, dem
Österr. Vürgerl. Gesetzb. ß. 767 u. a. auch den Ver-
zicht auf den Pflichtteil. Zweifelhaft ist, ob die
Wirkung sich auch auf nicht vorhergeseyene Fälle
erstreckt, z. V. wenn ein Kind verzichtet und später
alle Kinder des Erblassers, ohne Abkömmlinge zu
hinterlassen, vor dem Erblasser versterben.
Das geltende Necht bestimmt verschieden hinsicht-
lich der Wirkung für Abkömmlinge des Verzichten-
den. Das Sächs. Vürgerl. Gesetzb. ß. 2561 gestattet,
den Verzicht zugleich ausdrücklich für die Erben
des Verzichtenden zu erklären. Nach Bayrischem
Allg. Landr. III, 11, §. 3 und dem Österr. Vürgerl.
Gesetzb. §§. 551, 732 wird stets durch den Verzicht
auch das Erbrecht der Abkömmlinge des Verzich-
tenden beseitigt. Nach Preuß. Allg. Landr. II, 2,
§§. 357, 358 gilt zwar sonst das Gleiche, jedoch
bleibt das Erbrecht der Abkömmlinge unberührt,
wenn der Verzichtende vor dem Erblasser gestorben
ist und die Abkömmlinge nicht Erben desselben ge-
worden sind. Die herrschende Meinung für das
Gemeine Necht geht dahin, das Erbrecht der Ab-
kömmlinge bleibe unberührt, wenn der Verzichtende
vor dem Erblasser stirbt, jedoch sei alsdann die er-
haltene Abfindung, soweit sie auf die Abkömmlinge
gelangt ist, zur Ausgleichung zu bringen. Das
Züricher Gesetzb. §§. 1071,1072 läßt sogar stets
die ganze "Ausrichtungssumme" zur Ausgleichung
bringen; jedoch wird im Falle des Verzichtes zu
Gunsten anderer Abkömmlinge angenommen, auch
die Abkömmlinge des Verzichtenden seien gebunden.
Der E. fand früher für den hohen Adel sehr häufig
Anwendung, um die Töchter von der Succession
auszuschließen ls. Erbtochter). Neuerlich haben die
Hausgesetze diesen Verzicht zumeist entbehrlich ge-
macht, soweit er sich nicht auf dasjenige Vermögen
erstrecken soll, welches nicht zum Familiengute gehört.
Der Deutsche Entwnrf hat den Gegenstand in den
§§. 2019-24 (Motive V, 470 fg.) geregelt; er läßt
nur den Vertrag zwischen dem Erblasser und dem
Verzichtenden zu und schließt sich sonst wesentlich an
seine Regelung des Erbvertrags an. Abkömmlinge
des Verzichtenden werden nicht gebunden, sollen
aber das von jenem Erhaltene zur Ausgleichung
bringen (§. 2023). - Vgl. Stobbe, Handbuch des
deutschen Privatrechts, §ß. 313, 314.
Grbzins, eine in Geld oder Naturalien be-
stehende gleichbleibende Abgabe, gegen welche ein
Grundstück, namentlich Bauerngut (Erbzi n s g u t),
vertragsmäßig erblich verliehen wird. Der Zins
sc6Q8u8, ca.Q0ii) steht in keinem Verhältnisse zum
Fruchtertrage, wie in der Reget bei der Erbpacht
is. d.); er ist jedoch auch keine vereinzelte Neallast,
sondern stellt ein allgemeines Abhängigkeitsver-
hältnis mit Obereigentum des Zinsherrn dar. Bei
Veränderungsfällen in herrschender oder dienender
Hand pflegt ein das Verhältnis bestätigender neuer
Erbzinslehnbrief ansgefertigt zu werden, wobei
dann eine entweder in Prozenten des Kaufpreises
oder in einem Mehrfachen des Zinses bestehende
Lehnware (lauäemium) zu zahlen ist. Die neuere
Gesetzgebung hat auch hier für Klärung der Eigen-
tumsverhältnisse des Erdzinsmannes durch Auf-
hebung des Obereigentums und Lösung der durch
dieses begründeten Abhängigkeitsvcrhältnisse ge-
sorgt. Meistens ist der Zins und die Laudemialpflicht
in eine ablösbare Geldrente verwandelt.
Grchanger, ein mächtiger Graf in Schwaben,
der unter König Ludwig dem Kinde mit seinem
Bruder Vcrchtold zum Verwalter der tönigl. Güter
und Einkünfte in Schwaben ernannt war und dort
Herzog zu werden trachtete. Ihrer Abkunft nach
waren die Brüder wahrscheinlich Enkel des Grafen
E. vom Nordgau und Breisgau. 913 erfochten sie
in Gemeinschaft mit dem Grafen Ulrich vom Argen-
gau und dem Herzog Arnulf von Bayern am Inn
einen glänzenden Sieg über die Ungarn. Ihre
Schwester Kunigunde war mit dem König Konrad
vermählt. Wegen sortgesetzter Febden mit dem
Bischof Satomo von Konstanz wurden sie 914 vom
König des Landes verwiesen, schlössen sich aber
dennoch einem neuen Aufstande in Schwaben an,