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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Erwerben; Erwerbsgenossenschaften; Erwerbsgesellschaft; Erwerbssteuer; Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften

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Erwerben – Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften

Letztere geschieht z. B. bei Knochenerweichung durch Ablagerung von Kalksalzen an der kranken Stelle, bei Hirnerweichung durch Aufsaugung des Breies und Bildung einer Cyste oder einer Narbe. Zur Beförderung dieser Heilungsvorgänge läßt sich nicht viel thun; die Hauptsache bleibt die Sorge für zweckmäßige Ernährung und für gehörige Pflege und Schonung des erkrankten Organs.

Erwerben. Vermögen erwerben heißt die Erlangung eines Vermögens, welches der Erwerber bis dahin nicht hatte, oder die Vermehrung des Vermögens um einen Betrag, welcher dem Erwerber bis dahin nicht zustand. Der Erwerb ist vornehmlich die Frucht wirtschaftlicher Thätigkeit in Verbindung mit Sparsamkeit, welche vermeidet, das ganz wieder auszugeben, was vorher erlangt war. Erworben werden kann auch ohne eine verdienstvolle Thätigkeit des Erwerbers durch Spiel, Schenkung, Erbschaft, Heirat, Preissteigerung der früher erworbenen Güter. Dem Resultat nach kann Vermögen selbst auf unerlaubte Weise durch strafbare Handlungen erworben werden, wenn der Thäter nicht entdeckt oder nicht verfolgt wird. Da das Vermögen ermittelt wird durch Abzug der Schulden von den Aktiven, so begründet Erwerb einzelner Güter oder der Umsatz von Gütern nicht notwendig einen Vermögenserwerb, so wenn ohne Gewinn oder wenn sogar mit Verlust eingekauft wird. Wer ein Darlehn aufnimmt, erwirbt das Eigentum an den ihm geliehenen Geldstücken, aber erwirbt kein Vermögen, sondern kontrahiert eine Schuld. Ja es kann ein Erwerb eines einzelnen Gutes eintreten, ohne daß ein Vermögenserwerb des Erwerbers auch nur beabsichtigt ist und beabsichtigt werden darf, so wenn jemand zwar im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung (s. Für Rechnung) kontrahiert. Der Erwerber muß hier das, was er erlangt hat, dem herausgeben, für dessen Rechnung er erworben hat. Umgekehrt kann das Vermögen ohne jeden Erwerb neuer Güter bedeutend steigen, wenn der Wert dieser Güter steigt, z. B. die Bauten einer Stadt nähern sich den bis dahin rein landwirtschaftlichen Grundstücken, welche nun dauernd und sicher Baustellenwert erlangen.

Der Erwerb von Rechten, welche die Aktiven eines Vermögens bilden, vollzieht sich hauptsächlich durch Rechtsgeschäfte, welche diesen Zweck haben. In diesen kommt der wirtschaftliche Grund des Erwerbs nicht immer zum Ausdruck. So wird Eigentum (s. Eigentumserwerb) an Waren nicht durch den Kauf erworben, sondern durch die zur Erfüllung der durch den Kaufabschluß begründeten Schuld des Verkäufers vorgenommene Übergabe des Besitzes; bei Grundstücken durch Auflassung. Diese und die Übergabe können aber sehr verschiedenen wirtschaftlichen Zwecken dienen. Eine Forderung, eine Hypothek oder Cession wird übertragen und erworben durch Cession, ohne daß in dieser zum Ausdruck kommt, ob geschenkt oder verkauft oder geliehen ist; ein Wechsel wird übertragen und erworben durch Indossament (s. d.), ohne daß aus diesem zu ersehen ist, wofür und weshalb der Wechsel giriert ist.

Nur bei der Neubegründung von Schuldverhältnissen tritt der wirtschaftliche Grund für die Erwerbung der Forderung an den Schuldner regelmäßig in dem Vertragsschlusse selbst hervor, wie bei dem Kauf, dem Tausch, dem Darlehn. Er tritt auch hier nicht hervor bei den sog. Formalverträgen, wie beim Wechsel. So verschiedene Rechte es nach dem System des Privatrechts giebt, so verschieden gestaltet sich deren Erwerb: anders beim Besitz (s. Besitzerwerb und ‑Verlust), anders beim Eigentum (s. Eigentumserwerb), anders bei der Begründung dinglicher Rechte, anders bei der von Forderungen (s. Forderungsrecht), anders bei dem Erwerb des Erbrechts (s. d.), wenn auch einzelne Erwerbsarten, modifiziert, sich bei mehrern Klassen von Rechten gemeinsam finden, wie die Ersitzung (s. d.) bei dem Eigentum und den Dinglichen Rechten (s. d.), die Übergabe (s. d.) bei Besitz und Eigentum, die Cession (s. d.) bei Ansprüchen, Forderungen, Hypotheken und Grundschulden. Es ist deshalb nicht angängig, gemeinsame Regeln aufzustellen über den Erwerb von Rechten, man muß in die Einzelheiten hinabsteigen. Früher hat man wohl die allgemeine Regel aufgestellt, jeder Erwerb eines Rechts fordere einen titulus adquirendi, und verstand darunter jene Rechtsgeschäfte, welche den wirtschaftlichen Grund des Erwerbes darstellen, wie Kauf, Schenkung u. s. w., und einen modus adquirendi, wie die Eigentums- oder Besitzübertragung. Aber die Regel trifft weder allgemein zu, noch giebt sie im besondern Fall einen richtigen Inhalt wieder. Sie ist deshalb von der Rechtswissenschaft längst aufgegeben. Dagegen unterscheidet man heute noch allgemein und für alle Klassen von Rechten derivativen oder Abgeleiteten Erwerb (s. d.) und Originären Erwerb (s. d.). Den abgeleiteten Erwerb teilt man wieder ein in Gesamtrechtsnachfolge (Universalsuccession), wenn ein Vermögen an Aktiven und Passiven als Einheit übergeht, wie bei der Erbschaft, und in Sonderrechtsnachfolge (Singularsuccession), wenn ein einzelnes Recht oder eine Summe von Rechten, aber nicht als Einheit übertragen werden.

Erwerbsgenossenschaften, s. Erwerbs-und Wirtschaftsgenossenschaften.

Erwerbsgesellschaft, eine Gesellschaft (s. d.), die als Zweck Vermögenserwerb zum Vorteil der einzelnen Mitglieder verfolgt. E. sind namentlich die Handelsgesellschaften (s. d.), doch nicht diese allein. Der Deutsche Entwurf §. 659 hat eine nicht unzweckmäßige Bestimmung dahin vorgeschlagen, daß von den Gesellschaftern einer E. (welche keine Handelsgesellschaft ist) die Anwendbarkeit der für die Offene Handelsgesellschaft (s. d.) maßgebenden Bestimmungen mit gesetzlicher Wirkung auch Dritten gegenüber vereinbart werden kann. Im Interesse der öffentlichen Ordnung haben neuere deutsche Gesetze vielfach angeordnet, daß Beamte in den Vorstand, den Verwaltungs- oder Aufsichtsrat einer E. nicht eintreten dürfen ohne höhere Genehmigung, und daß diese Genehmigung zu versagen ist, sofern die Stelle mit einer Remuneration verbunden ist. Vgl. Reichsbeamtengesetz vom 31. März 1873, §. 16, preuß. Gesetz vom 10. Juni 1874, sächs. Gesetz vom 3. Juni 1876, Württemb. Staatsdienergesetz, hess. Gesetz vom 4. Jan. 1875, braunschw. Gesetz vom 15. April 1874, oldenb. Gesetze vom 2. Jan. 1873 und 28. Dez. 1881, Anhalt. Staatsdienergesetz, Lübecker, Bremer Beamtengesetz, Hamburger Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz.

Erwerbssteuer, soviel wie Gewerbesteuer (s. d.).

Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (engl. Cooperative Societies; frz. Associations coopératives), Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemein- ^[folgende Seite]