Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

923
Flottierende Schuld - Flourens (Gustave)
und Herschwanken einer Truppenlinie während einer
Vorwärtsbewegung; ferner das Wanken von im
Feuer stehenden Truppen bei größern Verlusten;
in der Ballistik das Abweichen eines Geschosses von
der regelmäßigen Flugbahn durch Hin- und Her-
schwanken. Flottierende Bevölkerung, die
nicht ständige Einwohnerschaft.
Flottierende Schuld, auch schwebende
Schuld, im Gegensatz zu der fundierten oder kon-
solidierten Schuld diejenigen Verbindlichkeiten des
Staates, die er entweder als stets fällige oder
nur auf kurze Fristen übernommen hat. (S. Von,
^xok6hU6r Vills und Schatzanweisungen.)
Flottille (frz.), kleine Flotte, die taktische Ver-
einigung mehrerer, aus Fahrzeugen, Kanonen- oder
Torpedobooten zusammengesetzten Divisionen unter
einem Flottillenchef. Derselbe führt als Kommando-
zcichen einen als Banner horizontal auswehenden
Stander (s.d.) im Großtopp des Flaggschiffs (s.d.).
Man unterschcidetPanz er fahrzeug-, Kanonen-
boot- und Torpedobootflottille.
Flottwcll, Adalbert von, preuft. Staatsmann,
Sohn des folgenden, geb. 3. Febr. 1829 zu Marien-
werder, widmete sich dem Studium der Rechte und
übernahm, nachdem er 1861-67 die Stelle eines
Landrats im Kreise Meseritz bekleidet hatte, 1868
als Landesdirektor die Verwaltung des Fürstentums
Waldeck, die infolge des Accefsionsvertrags vom
18. Juli 1867 an Preußen übergegangen war. Auf
den Wunsch des Fürsten Leopold trat er 1. April
1872 in die Negierung von Lippe-Detmold als
Kabincttsminister ein, um eine Vermittelung mit
der liberalen Majorität des Landes, welche die
Wiederherstellung des demokratischen Wahlgesetzes
vom 16. Jan. 1849 forderte, zu versuchen. Alle Be-
mühungen scheiterten jedoch daran, daß kein be-
schlußfähiger Landtag zu stände kam, und so legte
F. 1875 sein Amt nieder, um als Regierungspräsi-
dent von Marienwerder wieder in den preuh. Staats-
dienst Zurückzukehren. 1880 wurde er als Vezirks-
präsident von Lothringen nach Metz berufen, schied
aber 1883 aus dem Staatsdienste aus und wurde
DirektorderSchlesischenBodenkreditbankinVreslau.
Flottwell, Eduard Heinr. von, preuß. Staats-
mann, geb. 23. Juli 1786 zu Insterburg, trat
nach vollendetem Studium der Rechte 1805 als
Auskultator beim Oberlandesgericht seiner Vater-
stadt in den Staatsdienst, wurde 1808 Assessor in
Königsberg, 1812 unter Schön Regierungsrat und
Justitiar bei der Regierung zu Gumbinnen, 1816
Geh. Negierungsrat und Obcrpräsidialrat in Dan-
zig, 1825 Regierungspräsident in Marienwerdcr
und 1830, nach dem Ausbruch der poln. Revolution,
Oberpräsident der Provinz Posen. Gegenüber dem
frühern System der Nachsicht und Milde gegen die
Polen ging er Hand in Hand mit Grolman, dem
kommandierenden General in Posen, scharf gegen
sie vor und beförderte namentlich den Ankauf poln.
Güter und die Ansiedelung deutfcher Kolonisten.
Das Übergewicht des poln. Adels wurde durch Ein-
führung einer bureaukratischen Kreisvcrwaltung be-
kämpft. 1841 wurde er Oberpräsident der Provinz
Sachsen und 3. Mai 1844 zum Finanzminister er-
nannt. Schon 1846 trat er aus dieser Stellung
wieder zurück, um zunächst das Oberpräsidium von
Westfalen, fpäter vorübergehend das Oberpräsidium
der Provinz Preußen und 1850 das von Branden-
burg zu übernehmen. Als Mitglied der National-
versammlung in Frankfurt nahm er 1848 feinen
Platz auf der äußersten Rechten und vertrat diesen
Standpunkt auch in der Ersten Kammer, in die er
1849 gewählt wurde. Im Okt. 1858 übernahm er auf
den Ruf des Prinz-Regenten das Ministerium des
! Innern, kehrte aber bald in feine Stellung als Ober-
präsident von Brandenburg zurück, aus der er 1862
in den Ruhestand trat. Er starb 24. Mai 1865 zu
klotz, s. M
^^
lVerlin.
Flötzen, s. Podest.
"Flourens (spr. flurängß oder flurang), Emile,
franz.Politiker,BrudervonGustaveF., geb.27. April
1841 in Paris, begann seine Laufbahn unter dem
zweiten Kaiserreich, war 1863 - 68 Auditeur im
(Htaatsrat, dann Advokat beim Appellhof in Paris.
1870 ging er zur Republik über und war feit 1879
als Direktor im Kultusministerium an allen anti-
klerikalen Erlassen beteiligt. Im März 1885 wurde
er Präsident der Abteilung für Gesetzgebung, Justiz
und auswärtige Angelegenheiten im ^taatsrat und
Präsident des beratenden Ausschusses für die Pro-
tektorate im Ministerium des Ltusiern. Am 13. Dez.
1886 übernahm er im Kabinett Goblet das Porte-
feuille des Äußern, was einiges Auffehen erregte,
da F. sich bisher parlamentarisch nicht hervorgethan
hatte. Er zeigte jedoch so viel Geschick in der Ver-
waltung seines Nessorts, daß er es auch unter Go-
blets Nachfolgern, Nouvier und Tirard, bis April
1888 behielt. Im Febr. 1888 und wieder im Aug.
1893 wurde er in die Deputiertenkammer gewählt,
wo er sich den gemäßigten Republikanern anschloß.
F. schrieb "Or^lwiLation, ^'uäiciaii'6 6t aäminigtra-
tiv6 äs la 1"i Hncs et äs Ia LsIZi^uk äs 1814 3.1875"
(Par. 1875; vom Institut preisgekrönt).
Flourens (fpr. flurängß oder fluräng), Gustave,
franz. Communard und Schriftsteller, Sohn von
Marie Jean Pierre F., geb. 4. Aug. 1838 zu Paris,
studierte Naturwissenschaften und wurde 1863 Stell-
vertreter seines Vaters für den Lehrstuhl der Natur-
geschichte am ^0116^6 ä6 ^raucs, wo seine freisinnigen
Ansichten ihn mit dem Klerus verfeindeten, der es
bald dahin zu bringen wußte, daß feine Vorlesun-
gen verboten wurden. F. ging nach Belgien, ließ
hier u. d. T. "Iiigtoirk äs I'iimume" seinen Pariser
Lehrkursus drucken und hielt polit. Vorträge in
Brüssel und Lüttich. Nachdem er mehrere Jahre in
Konstantinopel, Griechenland und Italien zuge-
bracht, zu der Begründung der Zeitung "I^'Inä6ii6n-
äance i^IIenihue" beigetragen und sich in Kreta
eine Zeit lang der Sache der Aufständischen so ent-
schieden angenommen hatte, daß sie ihn in ihre
Nationalversammlung und zu ihrem Wortführer
am gricch. Hofe erwählten (vgl. 80uv6nii-8 ä'un ptiii-
iieiiene. (Gustave K et i'inZuri-ection eretoisE ä?
1866 - 68, Par. 1893), kehrte er 1868 nach Paris
zurück, mußte aber nach der Niederwerfung der von
ihm geleiteten Meuterei zu Belleville 7. Febr. 1870
ins Ausland flüchten. Nach dem Sturz des Kaiser-
reichs zurückgekehrt, traf er sogleich Anstalten zu
aufrührerifchen Unternehmungen gegen die Provi-
sorische Regierung und stellte sich an die Spitze von
fünf Bataillonen der Nationalgarde in Velleville
und Menilmontant. Am 7. Dez. wurde F. verhaftet
und nach dem Gefängnis von Mazas gebracht,
woraus ibn seine Tiraillcure in der Nacht vom
21. zum 22. Jan. gewaltsam befreiten. Nachdem
18. März 1871 die Commune proklamiert war, wurde
F. im 19. und 20. Arrondissement zum Mitgliede der-
selben gewühlt und zum Obersten ernannt. Als sol-
cher erhielt er 2. April den Befehl, mit einer Kolonne