Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Flußspat'
am Rhônegletscher, St. Gotthard); derber F. bildet mächtige selbständige Gänge zu Stolberg am Harz und Steinbach in
Meiningen. Bei dem sog. Stinkfluß von Wölsendorf in Bayern, der beim Schlagen und
Zerreiben einen auffallenden Geruch nach unterchloriger Säure entwickelt und nach Schönbeins Ansicht Antozon enthalten sollte,
wird der Geruch ebenfalls durch eine innig beigemengte Kohlenwasserstoffverbindung hervorgebracht, die durch Äther extrahiert
werden kann; nach O. Löw besteht die riechende Substanz aus freiem Fluor. Die schön gefärbten, stark durchscheinenden,
großkörnigen und stengeligen Varietäten des F. werden in England zu allerhand Schmuck und Geräten
(spar ornaments) verarbeitet und lieferten vielleicht schon den Alten das Material für die
Vasa murrhina genannten Gefäße. Als Flußmittel benutzt man ihn beim Schmelzen von
Kupfer-, Silber- und Eisenerzen sowie in der Probierkunst, woher auch der Name F. rührt. Endlich dient er zur Darstellung der
Flußsäure, zum Ätzen des Glases und zur Bereitung gewisser Glasuren und Emails, auch des Milchglases.
Flußverunreinigung. Eine der wichtigsten und schwierigsten Aufgaben der öffentlichen
Gesundheitspflege ist die rasche und möglichst vollkommene Entfernung des Unrats aus der Nähe der menschlichen Wohn- und
Arbeitsstätten. Die bequemste und billigste Art der Beseitigung ist die der Einleitung in den nächstgelegenen öffentlichen
Wasserlauf. In der That wird auch der größte Teil alles Unrats (Hausabwässer und gewerbliche Abwässer) den Flüssen und
Bächen zugeführt, ja Industrieanlagen werden zu diesem Zwecke absichtlich an Flüssen angelegt. Mit der Zunahme der
Bevölkerungsdichtigkeit, vorzüglich aber durch das Wachstum der Städte und die lokale Anhäufung einzelner Industriezweige
(z. B. der Textilindustrie in Sachsen) hat sich die Menge der Abwässer, die den Flüssen zugeleitet werden, bedeutend vermehrt,
und durch die beträchtlichen Mengen von Unrat sind einzelne Flußläufe in hohem Grade verunreinigt worden. Eine Reihe von
wirtschaftlichen und gesundheitlichen Interessen ist durch diese Frage der F. berührt worden.
Die ersten Erscheinungen starker F. haben sich in den fünfziger Jahren in dem dichtbevölkerten und industriereichen
England gezeigt. Am fühlbarsten wurde die Verunreinigung der Themse, die allen Unrat
Londons noch innerhalb der Stadt in sich aufnahm, ihn aber wegen des Einflusses der Ebbe und Flut nur ganz allmählich weiter
befördern konnte. Der durch die faulenden Stoffe im Themsewasser und in den Schlammbänken erzeugte Gestank war so
unerträglich, daß wiederholt die Sitzungen des Parlaments in dem der Themse nahe gelegenen Gebäude abgebrochen werden
mußten. Ähnliche, zum Teil sogar schlimmere Verhältnisse boten der Irwell, der die Abwässer von Manchester aufnahm, der Irk,
Mersey, Ribble u. a. dar, wie aus dem Bericht der River Pollution Commission von 1868 zu
ersehen ist.
Ebenso unerträglich wurden einige Jahre später die Zustände der Seine bei Paris, als der
Hauptsammelkanal von Clichy seinen Inhalt in die Seine ergoß. Nach dem Bericht der franz. Regierungskommission vom J. 1874
wälzte sich die Seine nach Einmündung des Kanals als grau-schwarzer, an der Oberfläche mit Fettaugen, Haaren, Tierleichen
↔ bedeckter Strom dahin; ein grauer, in voller Zersetzung und Gärung befindlicher Schlamm häufte sich am
rechten Ufer an. Alles Leben, pflanzliches wie tierisches, war hier erloschen.
Auch in Deutschland haben sich Fälle von F. bemerkbar gemacht, insbesondere in
Sachsen, in Westfalen und der Rheinprovinz. Berüchtigt sind namentlich die Zustände der Wupper und der Leine. Erhebungen
über die Ursachen der F. in Sachsen haben ergeben, daß weitaus am häufigsten die Beschaffenheit der gewerblichen
Schmutzwässer die Ursache der F. ist, nicht aber der aus den Exkrementen der Menschen bestehende Teil des Unrats, der nur
in 7 Proz. aller Fälle Veranlassung zu Klagen gab.
Trotzdem ist man in Fachkreisen noch immer geneigt, die Einleitung der menschlichen Fäkalien in die Flüsse als eine der
Hauptquellen der F. und gerade als die gefährlichste zu betrachten; bestärkt wurde man in dieser Anschauung durch die Furcht
vor den Bakterien, deren krankheiterregende Arten nur zu leicht durch die öffentlichen Wasserläufe verschleppt werden könnten.
Nach von Pettenkofer haben aber die genauesten Forschungen nirgends Anhaltspunkte dafür ergeben, daß durch Flüsse, die
Fäkalien aufgenommen haben, Epidemien oder Krankheiten überhaupt verbreitet wurden. Im Gegenteil hat in neuester Zeit
Hans Büchner nachgewiesen, daß krankheiterregende Bakterien im Flußwasser unter dem Einfluß des Tageslichts sehr schnell
zu Grunde gehen. Eine Ausnahme machen nach Koch die Cholerabacillen, die, wenn sie mit den Fäkalien in fließende Gewässer
gelangen, unter Umständen sich längere Zeit lebenskräftig erhalten und die Seuche weiter verbreiten können, weshalb bei der
Choleraepidemie in Hamburg 1892 von seiten des Reichs eine strenge strompolizeiliche Überwachung der Elbe und ihrer
Zuflüsse angeordnet wurde. Hauptursache der F. sind Fabrikanlagen, die viel organische Stoffe enthaltende Abwässer in die
Flüsse laufen lassen, vor allem Stärke-, Zucker-, Leimfabriken, Wollwäschereien, Brennereien, Brauereien u. a.
Unter dem ersten Eindruck der erwähnten Mißstände hat man allerorts sich bestrebt, durch Gesetze die F. zu beseitigen und zu
verhüten; in England sind zuletzt durch die Flußreinigungsakte von 1886 die Bedingungen, unter denen Abwässer in die
öffentlichen Flußläufe eingeleitet werden dürfen, geregelt worden. In andern Staaten, z. B. in Preußen, ist man so weit gegangen,
auf Grund eines Gutachtens der königl. wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen die Einleitung von Abwässern in
ungereinigtem Zustande, namentlich aber die Einleitung der Fäkalien in Flüsse ganz allgemein für unzulässig zu erklären. Eine
derartige allgemeine Bestimmung birgt entschieden große Ungerechtigkeiten in sich. Nicht jeder Fluß wird durch die ihm
zugeführten Abwässer verunreinigt. Es giebt Flüsse, in die seit Jahrzehnten ununterbrochen der Unrat eines ganzen Landes, wie
z. B. in den Nil, gelangt, ohne daß jemals eine F. zu stande kommt. Der Tiber hat jahrhundertelang die Schmutzwässer der Stadt
Rom aufgenommen, ohne daß das Wasser eine sichtbare Verunreinigung erfahren hat. Es rührt dies davon her, daß jeder Fluß
die Fähigkeit hat, einen großen Teil des Unrats zu verarbeiten, sich gewissermaßen selbst wieder zu reinigen. Notwendigerweise
muß der Fluß zur Selbstreinigung eine genügende Länge sowie eine entsprechende Wassermenge und Bewegungsgröße
haben. übrigens kann auch ein
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 946.