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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Furtim; Furtīv; Furtīva res; Furtum; Furtwangen

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Furtim - Furtwangen

propstei in Bamberg und die Reichsstadt Nürnberg, allerdings unter fortwährenden Streitigkeiten, Souveränitätsrechte ausgeübt. 1792 kam F. an Preußen, welches die Industrie des damaligen Marktfleckens mächtig förderte, 1806 an Bayern und erhielt 1818 städtische Verfassung.

Furtim (lat.), heimlicher-, verstohlenerweise.

Furtīv (lat.), heimlich, verstohlen, diebisch.

Furtīva res (lat.), entwendete Sache. Jede durch ein Furtum (s. d.) im röm. Sinne entwendete Sache kann nach gemeinem Recht so lange nicht ersessen werden (s. Ersitzung), als sie nicht in den Besitz des Eigentümers so zurückgelangt ist, daß er sie als seine Sache erkennt. Doch sind die von der F. r. gewonnenen Erzeugnisse der Ersitzung nicht entzogen. Das röm. Recht nahm die F. r. von der außerordentlichen Ersitzung, welche nur Besitz während 30 Jahre und guten Glauben, nicht einen Titel forderte, nicht aus. Das soll anders geworden sein durch die Carolina (s. d.), deren Art. 209 einige Juristen so verstehen, daß jede Ersitzung ausgeschlossen sei. Das Preuß. Allg. Landr. I, 9, §. 589 schließt die gewöhnliche Ersitzung desjenigen aus, welcher gestohlene Sachen im heutigen Sinne im guten Glauben aus erster Hand von dem Diebe erworben hat. Der Code civil, das Österr. und das Sächs. Bürgerl. Gesetzbuch haben diese Bestimmung aufgegeben.

Dagegen hat das deutsche Recht seit dem Ausgang des Mittelalters eine andere Besonderheit der gestohlenen Sachen ausgebildet. Bewegliche Sachen, welche der Eigentümer einem andern in Ausführung eines Rechtsgeschäfts übergeben hat, kann er nur von diesem, nicht von dem dritten redlichen Besitzer zurückfordern. Sachen, deren Besitz er unfreiwillig verloren hat, namentlich gestohlene Sachen, kann er auch von dem redlichen dritten Besitzer vindizieren. Dieser Rechtssatz ist übergegangen in den Code civil und das Badische Landr. Art. 2279‒2280, jedoch mit der Einschränkung, daß der Eigentümer die gestohlenen Sachen von dem Besitzer durch Zahlung des Kaufpreises lösen muß, wenn sie dieser auf dem Markt oder in einer Versteigerung von einem Kaufmann erworben hat. So auch nach dem niederländ., dem ital. Gesetzbuch und dem Schweizer Obligationenrecht Art. 206, letztere beiden mit der ausdrücklichen Einschränkung auf den redlichen Erwerber. Diesen Lösungsanspruch will der Deutsche Entwurf §. 939 dem redlichen Besitzer allgemein geben. Über Deutsches Handelsgesetzbuch Art. 306 s. Bona fides.

Furtum (lat.), Entwendung. Dieses Delikt umfaßte bei den Römern nach dem Abschluß einer geschichtlichen Entwicklung, wie sie uns im Corpus Jvorliegt, jede rechtswidrige Entziehung einer beweglichen Sache in gewinnsüchtiger Absicht (contrectatio rei fraudulosa lucri faciendi gratia vel ipsius rei vel etiam usus ejus possessionisve). Dasselbe begreift unter sich den Diebstahl (s. d.) und die Unterschlagung (s. d.) im heutigen Sinne, den Raub, welcher nur als Unterart abgeschieden wurde, die wissentlich unbefugte Annahme einer Nichtschuld und das betrügliche Einziehen fremder Forderungen unter Aneignung ihres Gegenstandes, das betrügliche Durchstreichen einer Schuldurkunde, um den Gläubiger um seine Forderung zu bringen und sich von der Schuld zu befreien (dies waren die Fälle des F. rei ipsius); ferner den Fall, wenn der Eigentümer seine Sache demjenigen, welcher sie im guten Glauben besitzt, oder demjenigen, welcher ein Zurückbehaltungsrecht an ihr ausübt, oder wenn er dem Faustpfandgläubiger das Faustpfand entwendet (F. possessionis); endlich den rechtswidrigen Gebrauch einer fremden Sache, so, wenn der Kommodatar (s. Commodatum), der Faustpfandgläubiger (s. Faustpfand), der Depositar (s. Depositum) die ihm anvertraute Sache ohne Einwilligung des Eigentümers oder in anderer Weise, als es dieser erlaubt hat, gebraucht, oder wenn jemand eine fremde Sache, nicht um sie sich anzueignen, sondern um sie wider den Willen des Eigentümers (z. B. einen Hengst zum Beschälen) zu gebrauchen, wegnimmt (F. usus). Nach den Zwölf Tafeln (s. d.) wurde der nicht ertappte Dieb auf die Privatklage des Bestohlenen außer der Rückerstattung oder dem Ersatz (worauf die condictio furtiva ging) zum Doppelten des Wertes als Strafe verurteilt (F. nec manifestum). Diese Strafklage (actio furti) wurde später auch auf alle Fälle des erweiterten Begriffs angewendet (s. Diebstahl). Daß sie in den röm. Quellen so häufig erwähnt wird, während heute auch nur von einer Diebstahlersatzklage gegen den in der Regel zahlungsunfähigen Dieb so selten Gebrauch gemacht wird, lag wohl, abgesehen von dem weiten Umfang des F., hauptsächlich an der großen Zahl diebischer Sklaven, für welche der Herr so weit haftete, als er sich durch Hingabe des Sklaven befreien konnte. Wurde der Dieb bei dem Diebstahl ertappt (F. manifestum), so wurde er nach den Zwölf Tafeln, wenn er sich nicht mit dem Bestohlenen abfand, diesem als Sklave zugesprochen, ein stehlender Sklave aber getötet. Der Prätor führte die Klage auf den vierfachen Wert ein. Unter den Kaisern konnte statt dessen Anklage auf eine öffentliche Strafe erhoben werden; in besondern Fällen (z. B. gegen Einbrecher, Diebe im Bade, Taschendiebe) war nur die Anklage zulässig. Den beim nächtlichen Diebstahl Ertappten durfte im alten Rom der Bestohlene ungestraft töten.

Im heutigen Strafrecht wird als F. possessionis der Fall bezeichnet, wenn jemand seine eigene bewegliche Sache oder eine fremde bewegliche Sache zu Gunsten des Eigentümers derselben dem Nutznießer, Pfandgläubiger oder demjenigen, welchem an der Sache ein Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrecht zusteht, in rechtswidriger Absicht wegnimmt; Strafe: Gefängnis bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe bis zu 900 M., daneben fakultativer Ehrverlust; auch der Versuch ist strafbar. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein (Deutsches Strafgesetzb. §. 289). Der am meisten praktische Fall ist der der Räumung einer Wohnung seitens des Mieters vor Zahlung des Mietzinses. – Als F. usus straft das Deutsche Strafrecht nur einen speciellen Fall des F.: an öffentlichen Pfandleihern, welche die von ihnen in Pfand genommenen Gegenstände unbefugt in Gebrauch nehmen, und zwar mit Gefängnis bis zu einem Jahre, neben welchem auf Geldstrafe bis zu 900 M. erkannt werden kann (§. 290).

Furtwangen, Stadt im Bezirksamt Triberg des bad. Kreises Villingen, 15 km im SW. von Triberg, im südl. Schwarzwalde, an der Breg und der Linie Donaueschingen-F. der Bad. Staatsbahnen, in 872 m Höhe, hat (1890) als Gemeinde 4202 E., darunter 159 Evangelische, Post zweiter Klasse, Telegraph; Aktienbank, Sparkasse, Gewerbeverein, Filiale der Landesgewerbehalle, großherzogl. Uhrmacher- und Schnitzereischule (1850) für Herstellung von Uhrgehäusen und geschnitzten Holzarbeiten, Gewerbeschule, Strohflechtschule, eine vom Gewerbeverein 1872 erbaute Gewerbeausstellungshalle mit einer