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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geometrie
bei einiger llbung dic Eigenschaften einer durch ^ ximenes beschäftigten sicb nlehr mit astron. fragen,
l^lcickung gegebenen, aber geometriscd nocb unbe-
tannten Kurve an den Eigenschaften der Gleichung
studieren, und die betreffenden analytischen Me-
tlwden haben durch dic Anwendung der Diffe-
rentialrechnung (s. d.) eine große Eleganz ge-
wonnen. Geht man zum Raum über,
so gehören zur Festlegung eines Punk-
tev drei Koordinaten (die Abstände von
drei fenkrecht aufeinander stehenden
Koordinatenebenen); eine lineare Glei-
chung Mischen diesen Koordinaten be-
deutet eine Ebene, eine quadratische
Gleichung stellt eine Fläcbe zweiten
Grades (Kugel, Kegel, Cylinder, El-
lipsoid u. s. w.) dar. Man hat auch
Gleichuugen zwischen vier Koordina-
ten geometrisch gedeutet, indem man
den Begriff eines vierdimensiona- Fig. 2.
len Raumes einführte. Da aber ein
solcher Raum nicht anschaulich vorstellbar ist. so
l^aben solche Betrachtungen auch keine anschauliche
Bedentung, sie sind nur ein Hilfsmittel, dac- dem
Analytiker die Sprache erleichtert.
Eine andere neuere Art der G. ist die projet-
tive G. oder G. der Lage. Sie betrachtet die
geometr. Gebilde bloß in Bezug auf ihre gegen-
seitige Lage, ohne ihre Ausdehnung zu messen, ihr
eigentümlich sind die Konstruktionen durch bloßes
^inienziehen, ohne daß, wie in der Euklidischen G.,
Strecken auf Geraden abgetragen und Kreisbögen
geschlagen werden. Dic G. der Lage läßt sich un-
abhängig von der Euklidischen aufbaueu, ja sie um-
faßt sogar dic Euklidische als besondern Fall.
Die darstellende oder deskriptive G. beab-
sichtigt lediglich die zeichnerische Wiedergabe körper-
licher Gebilde, was mittels der verschiedenen Pro-
jektionsmethoden (s. Projektion) geschieht. Ein be-
sonders für die Malerei wichtiger Zweig der dar-
stellenden G. ist die Perspektive (s. d.).
G. der Bewegung wird zuweilen die Kine-
matik (s. d.) genannt.
Geschichtliches. Als Begründer der G. gelten
die alten Ägypter, deren Priester bei den astron.
Studien räumlicher Begriffe bedurften. Aber auch
eine praktifche G. war ihnen in Form einer Feldmeß-
kunst bekannt, zu deren Ausbildung nach Herodot
namentlich die durch die alljährlichen Nilüberschwem-
mungen entstehenden Grenzstreitigkeiten der Grund-
besitzer Veranlassung gegeben haben. Die Regeln
diefer Fcldmeßkunst sind uns in dem zwischen 2000
und 1700V. Chr. entstandenen Papyrus Rhind, dem
ältesten mathem. Handbuch des Ägypters Ahmes,
erhalteu. (Vgl. Eisenlohr, Papyrus Rhind. Ein
während Änarimenes' Schüler Auazagoras (499
-425), der letzte der Ionischen Schule, ciuen Versuch
der Quadratur des Kreises sowie die Grundelemente
der Perspektive lieferte. Pvlhagoras (580 ^501)
gründete nach 2ljährigem Ausenthalt in Ägypten
Fig. 5.
die nach ibm benannte Schule zu Kroton in Unter-
italien. Seine wesentlichsten geometr. Entdeckungen
sind der Pythagoreische Lehrsatz (s. d.) und der Satz,
daß die Winkelsumme im Dreieck zwei Rechte beträgt.
Der bedeutendste Pythagoräer warHippokrates von
Chios (um 440), der Versasser des ersteu griech.
Elementarbuchs der Mathematik. Von ihm rühren
die Sätze über Peripherie- und Centriwinkel sowie
der Satz von den nach ihm benannten Möndchen.
Plato (429-348) erhob die G. zur Grundlage der
Philosophie und nahm keinen Schüler an, der nicht
geometr. Vorkenntnisse besaß. Ihm verdankt die
Stereometrie ibre erste Dnrchbildung. Sein Schüler
Menächmus lum 350) entdeckte die Kegelschnitte,
dic Aristäus (um 320) in fünf Büchern behandelte;
andere untersuchten die geometr. Orter.
Eine neue Epoche beginnt mit der von Euklid (um
300) begründeten Alexandrinischen schule. Euklid
faßte zum erstenmal mit einer für alle Zeiten muster-
gültigen Systematik die bisher bekannten Schätze
der reinen Mathematik in seinen "Elementen" zu-
sammen und schuf dadurch zugleich ein für weitere
Kreise zugängliches Lehrbuch. Noch heute enthalten
die in Schulen gebräuchlichen Lehrbücher der Ele-
mentargeometrie in wenig veränderter Form und
Reihenfolge die Sätze der Euklidifchen Elemente.
Selbständige Forschungen enthalten seine "Poris-
men" und "Über die Teilung der Figuren". Nach
ihm zeichnet sich Eratosthenes (276-194) durch An-
wendung der G. auf die Geodäsie aus. Archimedes
<287-2 l2) drückte zuerst Strecken durch Zahlen aus;
ferner studierte er die Spirale und Schraubenlinie.
Apollonius (um 225) ist durch sein Wert über die
Kegelschnitte sowie durch seine Berührungsaufgaben
mathem. Handbuch der alten Ägypter, Lpz. 1877.) bekannt. Heron (110) überlieferte ein Lehrbuch für
Dasselbe enthält Formeln des Flächeninhalts ebener
Figuren, ferner Anfänge der Ähnlichkeitslehre, sowie
bereits eine einfache, sür praktische Zwecke ziemlich
genaue Quadratur des Kreises. Diese geomctr. An-
fangsgründe wurden von den Griechen weiter ent-
wickelt. So gründete Thales von Milet nach seiner
Rückkehr aus Ägypten die Ionische Schule in seiner
Vaterstadt. Seiner eigenen Erfindung werden zu-
geschrieben der Beweis der Gleichheit der Scheitel-
winkel, der Beweis des zweiten Kongruenzsatzes und
die daraus entspringende Dreieckskonstruktiou, dic
ibm als Gruudlage zu einer Methode diente, vom
Hasen aus dic Entfernung der Schiffe zu messen.
Sem Schü<!n-An6^mander und dessen Schüler Ana-
^eldmesser und die Formel, die den Inhalt des
Dreiecks aus den drei Seiten berechnet. Hipparch
sum 140) und Tbeodosius (um 55) verfaßten Werke
über die für die Astronomie wichtige sphärische Tri-
gonometrie. Von den nachchristl. Griechen ragt be-
sonders Ptolemäus (87-105) hervor, der die Tri-
gonometrie weiter führte und Projektionsmethoden
für Landkarten, besonders die stereographische, aus-
arbeitete. Mit ihm hat die Hauptproduktivität der
Griechen ihren Abschluß erreicht, und die folgenden
der G. kundigen Gelehrten beschäftigen sich haupt-
sächlich mit der Abfassung von Kommentaren, so
Pappus ("(.-oiiectiolu^ iniitliomatici,"") und Euto-
cius (Kommentar zu Archimedes und Apollonius).