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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gnauth; Gnéditsch; Gneis; Gneisenau

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Gnauth – Gneisenau

Gnauth, Adolf, Architekt, geb. 1. Juli 1840 zu Stuttgart, besuchte das Polytechnikum daselbst, hielt sich dann auf einer Studienreise 1861‒63 in Italien auf, ging hierauf nach Wien und zum zweitenmal nach Italien, wo er 1864‒65 mit E. von Förster Aufnahmen und Vermessungen der Renaissance-Bauwerke Toscanas machte, die in dem Werk «Palastarchitektur von Oberitalien und Toscana» von Raschdorff (Berl. 1883) publiziert sind. Nach einem halbjährigen Aufenthalt in Paris wurde er 1866 als Professor an die Baugewerkschule nach Stuttgart berufen. In den Sommermonaten der J. 1867‒69 hielt er sich abermals in Italien auf, mit Anfertigung von Aquarellen (Grabdenkmäler der Renaissance) für die Arundel Society in London beschäftigt, worauf er 1870 zum Professor der Architektur am Stuttgarter Polytechnikum ernannt wurde, welche Stellung er jedoch 1872 wieder aufgab. 1875 unternahm er eine Studienreise nach dem Orient, der sich 1882 eine weitere nach Spanien und Südfrankreich anschloß. G. wurde 1876 zum Direktor der Kunstgewerbeschule in Nürnberg, 1882 zum Oberbaurat ernannt. Er starb 19. Nov. 1884 in Nürnberg. Zu seinen bedeutendern Schöpfungen gehören: die Villen Siegle und Conradi, Württembergische Vereinsbank und Kriegerdenkmal für 1870/71 in Stuttgart, Villa Engelhorn in Mannheim, Palais von Cramer-Klett in München, Palast der bayr. Landesausstellung zu Nürnberg 1882 (s. Tafel: Ausstellungsgebäude Ⅱ, Fig. 5), der 1886 vollendete Mendebrunnen zu Leipzig (s. Tafel: Brunnen Ⅱ, Fig. 3. Die Erzfiguren sind von Ungerer in München). G. war in seiner Architektur ein Anhänger einer kräftigen Hochrenaissance, wobei er neben Kühnheit im Entwurf eine reiche Phantasie im einzelnen entwickelte. Mit Bruno Bucher gab er die Zeitschrift «Das Kunsthandwerk» (Stuttg. 1874‒76) heraus.

Gnéditsch, Nikolai Iwanowitsch, russ. Dichter, geb. 2. Febr. (22. Jan.) 1784 zu Poltawa, erhielt seine Bildung im dortigen Seminar und im Charkowschen Kollegium. Von 1800 bis 1803 studierte er zu Moskau, 1803‒17 diente er im Unterrichtsministerium, mußte aber wegen körperlicher Leiden diese Stellung aufgeben. Er starb 3. Febr. (22. Jan.) 1833 in Petersburg. Berühmt wurde G. durch seine Übersetzung der Iliade in russ. Hexametern (Petersb. 1829; 3. Aufl. 1862). Von seinen übrigen Arbeiten sind zu nennen: die Übersetzung von Shakespeares «Lear» und von Voltaires «Tancred» sowie das originelle Gedicht «Roždenije Homera» («Die Geburt Homers»), die «Prostonarodnyja pěsni nyněšnich Grekov» (Petersb. 1820: «Volkslieder der modernen Griechen», Original und Übersetzung) und die Idylle «Rybaki» («Die Fischer»).

Gneis (Gneiß, Gneus), ein krystallinisch-schieferiges Gemenge aus (monoklinem und triklinem) Feldspat, Quarz und (dunklem und hellem) Glimmer. Dieses Gestein unterscheidet sich mit Bezug auf die mineralog. Zusammensetzung vom Granit nur durch sein schieferiges oder flaseriges Gefüge. Man kennt jedoch sehr viele Varietäten des G. je nach dem Vorherrschen des einen oder des andern Gemengteils, der besondern Art der Textur, der allgemeinen Färbung u. s. w. Treten große, meist als Zwillinge ausgebildete Feldpsatkrystalle (Orthoklas, Mikroklin, Mikroperthit) aus dem Gneisgemenge hervor, so entsteht ein porphyrartiger G.; schmiegen sich die Glimmerschuppen um linsenförmige Feldspate herum, so geht der Augengneis (s. d.) hervor. Neben den ausgezeichnet schieferigen Ausbildungsweisen giebt es andere, geologisch von diesen untrennbare, die bei gleicher mineralog. Konstitution völlig richtungslose Struktur besitzen und deshalb körniger G. (minder gut Granitgneis) genannt werden. Im allgemeinen pflegt man ganz ebenso wie beim Granit, den Biotitgneis (grauen G. im Erzgebirge), Muskovitgneis (roten G. ebenda), zweiglimmerigen G. und Hornblendegneis zu unterscheiden, je nachdem die Feldspate und der Quarz bloß von dunklem Magnesiaglimmer, oder bloß von hellem Kaliglimmer oder von beiden Glimmern oder von Hornblende begleitet werden. Auch die Kombination von Feldspat, Quarz und Pyroxen kehrt hier als Pyroxengneis (Augitgneis) an einigen Orten wieder. Vertritt ein talkähnliches Mineral den Glimmer, so nennt man das Gestein Protogingneis; aus diesem bestehen z. B. der Montblanc, die Grimsel und der St. Gotthard zum großen Teil. Andererseits wird auch der gewöhnliche Glimmer durch Sericit (Sericitgneis) oder Chlorit ersetzt. Übergänge bildet der G. in Glimmerschiefer, schieferigen Syenit und schieferigen Granulit. Der G. enthält außer seinen wesentlichen Gemengteilen sehr oft auch noch andere Mineralien accessorisch, so namentlich Turmalin, Granat, Andalusit, Cordierit, Pyroxen, Graphit, Eisenglanz, Rutil, Zirkon, Apatit u. dgl. Am häufigsten tritt er in Gebirgsgegenden auf, die zuweilen, wie z. B. das Erzgebirge, vorherrschend aus ihm und aus Glimmerschiefer bestehen. Oft wird er von Erzgängen durchsetzt. Reich sind die G. aller Länder an oft umfangreichen Einlagerungen fremder krystallinischer Gesteine, wie Quarzit, Hornblendeschiefer, körniger Kalkstein, Chloritschiefer, Serpentin, Graphit, Schmirgel; auch die Magneteisenvorkommnisse der Skandinavischen Halbinsel lagern vorwiegend im G. Der G. ist eins der ältesten Gesteine der Erde, ein Glied der azoischen Formation, weshalb man auch früher, wiewohl mit Unrecht, in ihm die anfängliche Erstarrungskruste der Erde zu erblicken geneigt war. Viel wahrscheinlicher ist es, daß der G. den krystallinisch umgewandelten Thonschiefer- und Grauwackeschlamm darstellt, der sich als Absatz auf dem Boden der allerältesten Meere bildete. Auch können wohl Granite durch den Gebirgsdruck eine schieferige Umformung erfahren und dem G. ähnlich werden. Der Name stammt von Freiberg, wo die Bergleute ursprünglich nur das mürbe zersetzte und anscheinend verfaulte Nebengestein ihrer Gänge G. nannten (vielleicht von gnisch im Wendischen, gnić im Polnischen, d. i. faulen), eine Bezeichnung, die später auf das frische Gestein übertragen wurde.

Gneisenau, Aug., Graf Neithardt von, preuß. Generalfeldmarschall, geb. 27. Okt. 1760 zu Schilda in der preuß. Provinz Sachsen, war der Sohn eines sächs. Artillerielieutenants von Neithardt aus einer alten österr. Familie. Seine Mutter starb bald, während der Vater bei der Reichsarmee gegen Preußen im Felde stand. Der Knabe wuchs in Schilda in den ärmlichsten Verhältnissen auf, bis ihn in seinem neunten Jahr sein mütterlicher Großvater nach Würzburg zu sich nahm und ihn in der dortigen Jesuitenschule unterrichten ließ. Nach dem Tode des Großvaters kehrte G. 1772 ins väterliche Haus nach Erfurt zurück, besuchte 1777 die dortige Universität, trat 1779 in ein zu Erfurt stehendes österr. Regiment ein, 1780 aber in den Dienst des