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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gneisgranit; Gneiß; Gneist

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Gneisgranit – Gneist

Markgrafen Alexander von Ansbach-Bayreuth und wurde hier 1782 Offizier unter dem Namen Neithardt von G., nach dem Gute in Österreich genannt, das früher seiner Familie gehört hatte. Noch in demselben Jahre ging er mit den markgräfl. Regimentern in engl. Solde nach Amerika zum Kampf gegen die aufständischen Kolonien und gewann dort neue Anschauungen über das Kriegswesen, die Vorzüge eines Volksheers und eine veränderte Kriegführung und Taktik. Nach seiner Rückkehr wurde er 1786 von Friedrich d. Gr. als Premierlieutenant in die preuß. Armee aufgenommen und in eins der neuerrichteten Freiregimenter nach Löwenberg in Schlesien versetzt. G. wurde 1790 Stabskapitän, marschierte 1793 nach Polen und wohnte dem Feldzuge von 1794 bei. In dem folgenden Garnisonleben in Jauer widmete er sich militär. und polit. Studien und marschierte 1805 mit seinem Bataillon nach Franken.

Im Kriege von 1806 wurden zuerst seine Talente bemerkt. Er nahm an der Schlacht bei Saalfeld sowie im Stabe Hohenlohes an der Schlacht bei Jena teil, wurde zum Major befördert und führte dann eine Brigade von vier in Litauen neu aufgestellten Reservebataillonen. Im März 1807 wurde er von Königsberg nach Danzig und von dort im April nach Kolberg als Kommandant geschickt, wo er, unterstützt von Nettelbeck, im Verein mit Schill durch zweckmäßige Anstalten alle Angriffe des Feindes zurückschlug und in glänzender Verteidigung, auch durch Ausfälle und Gegenarbeiten, die Festung bis zum Tilsiter Frieden hielt. Noch während der Belagerung war er zum Oberstlieutenant befördert worden und empfing den Orden pour le mérite; nach dem Frieden berief ihn der König in die Reorganisationskommission und ernannte ihn im Sept. 1807 zum Chef des Ingenieurkorps. G. entwickelte nun, mit den ausgezeichnetsten Männern, namentlich Stein und Scharnhorst, eine umfassende Thätigkeit für die Wiedergeburt des Staates und wurde 1809 zum Obersten befördert; aber von der franz. Partei verdächtigt, erbat er nach der Entlassung Steins seinen Abschied, den er auch für die Dauer des Friedens erhielt. Er bereiste hierauf England, Schweden und Rußland, wirkte inzwischen 1811 wieder in Berlin als einer der Führer der Kriegspartei und wurde vielfach zu wichtigen geheimen Sendungen gebraucht. Beim Ausbruch des Krieges kehrte er 1813 aus England zurück, wurde als Generalmajor und Generalquartiermeister des Blücherschen Korps angestellt und nach Scharnhorsts Tode Chef des Generalstabes der Schlesischen Armee. In dieser Stellung hatte er hervorragenden Anteil an den Erfolgen der Befreiungskriege. In vollkommenem Einverständnisse mit seinem Oberfeldherrn drängte er immer zur entscheidenden That und zu rücksichtsloser Einsetzung aller Kräfte im Sinne der neuen, die Vernichtung des Gegners erstrebenden Strategie; doch erwog er stets in sorgfältiger Berechnung die Kriegslage und war Meister im Entwerfen kühner, dabei aber jedes vermeidliche Wagnis ausschließender Operationspläne: so 1813 nach dem Waffenstillstande bei dem Zaudern des Kronprinzen von Schweden, so 1814 in Frankreich gegen Schwarzenbergs Ansichten den Plan zum Vormarsch auf Paris. Nach der Schlacht von Leipzig wurde er Generallieutenant. Nach dem Pariser Frieden (1814) erhob ihn der König in den Grafenstand und gestattete ihm, sich eine Domäne von 10000 Thlr. jährlicher Einkünfte auszuwählen. 1815 nach der Rückkehr Napoleons war er wieder Chef des Blücherschen Generalstabes. Er ordnete nach der Schlacht bei Ligny wegen Blüchers Erkrankung selbständig den Rückzug und zwar derart, daß die Armee zwei Tage darauf durch ihr überraschendes Erscheinen die Schlacht bei Waterloo entschied, und bewirkte durch die nachdrückliche, von ihm selbst geleitete Verfolgung, daß dieser Sieg den Widerstand Frankreichs brach und dem Kriege ein Ende machte. Als besondere Auszeichnung wurde ihm neben der Ernennung zum General der Infanterie der Schwarze Adlerorden verliehen, der in Napoleons Wagen gefunden worden war.

Nach dem zweiten Einzuge in Paris nahm er teil am Friedensschlusse und wurde zum kommandierenden General des 8. (rhein.) Armeekorps ernannt. Schon 1816 fühlte er sich indes teils aus Gesundheitsrücksichten, teils aus polit. Gründen bewogen, seinen Abschied zu fordern, der ihm gewährt wurde. Er zog sich nach seinem Schlosse Erdmannsdorf (bei Warmbrunn in Schlesien) zurück. Nach Kalckreuths Tode ernannte ihn der König 1818 zum Gouverneur von Berlin und Mitglied des Staatsrats und 1825 zum Generalfeldmarschall. Im März 1831 wurde ihm, als der poln. Aufstand sich der preuß. Grenze näherte, der Oberbefehl über die vier östlichen preuß. Armeekorps (1., 2., 5. und 6.) anvertraut. G. begab sich nach Posen und starb dort an der Cholera in der Nacht vom 23. auf den 24. Aug. 1831. Mit den umfassendsten Kenntnissen und allen Eigenschaften eines großen Feldherrn vereinigte G. die liebenswürdigste Bescheidenheit und Menschenfreundlichkeit, und sein ritterlicher Charakter, seine feine gesellige Bildung und seine Tugenden als Familienvater erwarben ihm die allgemeinste Achtung und Liebe. Am 21. Mai 1855 wurde ihm auf dem Opernplatze in Berlin ein von Rauch gefertigtes Erzstandbild errichtet. 1889 erhielt das 2. pommersche Grenadierregiment Nr. 9 den Namen Kolbergisches Grenadierregiment Graf G. – Eine namentlich an urkundlichem Material sehr reichhaltige Biographie G.s veröffentlichte Pertz (Bd. 1‒3, Berl. 1864‒69; Bd. 4 und 5 von Delbrück, 1880; eine Bearbeitung desselben gab Delbrück heraus, 2 Bde., ebd. 1882). Eine feine Charakteristik G.s enthalten die «Denkwürdigkeiten der Frau von Beguelin» (Berl. 1892).

Sein dritter Sohn Bruno, Graf Neithardt von G., geb. 3. Mai 1811, führte während des Deutsch-Französischen Krieges die 31. Brigade des 8. preuß. Armeekorps, wurde nachher Generallieutenant und Kommandant der Festung Magdeburg, später Gouverneur der Festung Ulm und nahm 1882 als General der Infanterie seinen Abschied. Er starb 2. Febr. 1889 in Naumburg.

Gneisgranit, s. Granit.

Gneiß, s. Gneis.

Gneist, Rud. von, Jurist und Politiker, geb. 13. Aug. 1816 zu Berlin, besuchte das Gymnasium zu Eisleben, studierte seit 1833 in Berlin die Rechte, wurde 1836 Auskultator und habilitierte sich 1839. Daneben war er seit 1841 erst als Assessor beim Kammergericht, dann als Hilfsrichter bei dem Obertribunal in der jurist. Praxis thätig. Von einer Reise nach Italien, Frankreich und England zurückgekehrt, ward er 1844 zum außerord. Professor ernannt. Infolge der Reaktion 1850 trat G. von seiner richterlichen Stellung zurück und widmete sich