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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Gregōr

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Gregor (Heiliger) - Gregor (von Nyssa)

1801 Abt seines Ordens im dortigen Kloster San Gregorio, 1823, nachdem er eine Reihe von kirchlichen Würden durchlaufen, Ordensgeneral und 1826 von Leo XII. zum Kardinal ernannt. Nach dem Tode Pius' VIII. 2. Febr. 1831 zum Papste gewählt, hat er bis zu seinem 1. Juni 1846 erfolgten Tode das Pontifikat mit starker Hand in streng kirchlichem Geiste verwaltet und während desselben die kath. Kirche zu neuen Triumphen geführt, den Kirchenstaat aber in arge Verfassung gebracht. Nur mit österr. und franz. Hilfe konnte er der im Kirchenstaat nach der Pariser Julirevolution ausgebrochenen revolutionären Unruhen und Aufstände Herr werden; aber infolge der schlechten Verwaltung und Mißwirtschaft wuchs die innere Zerrüttung des Landes gleichmäßig mit den drückenden Staatsschulden. Hingegen war G. hervorragend für die Ausbreitung der Kirche thätig; unter seiner Regierung sind 30 neue apostolische Vikariate und 15 Missionsbistümer gegründet worden; 43 Kollegien und 30 Orden beschäftigten sich mit der Ausbildung und Aussendung von Missionaren. Den weltlichen Mächten gegenüber steigerte G. die Machtansprüche des Papsttums, meist mit Erfolg; seinen größten Triumph feierte er in dem Streite mit der preuß. Regierung über die gemischten Ehen. (S. Preußen.) In der Encyklika von 1832 verdammte er die Gewissens- und Preßfreiheit, in der von 1844 die Thätigkeit der Bibelgesellschaften. - Vgl. Wagner, Papst G. XVI. (Sulzbach 1846); Nielsen, Geschichte des Papsttums im 19. Jahrh. (deutsch von Michelsen, 2. Aufl., Gotha 1880); Nippold, Handbuch der neuesten Kirchengeschichte, Bd. 2, Geschichte des Katholicismus seit der Restauration des Papsttums (3. Aufl., Elberf. 1883).

Gregōr, Heiliger, genannt von den Armeniern Lusaworitsch, d. h. Erleuchter; grch. Phoster; lat. Illuminator, Begründer des Christentums in Armenien, nach der Legende Sohn des arsacidischen Fürsten Anak. Dieser ermordete den armenischen König Chosroes I.; von Anaks deshalb verfolgten Familie wurde nur der jüngste Knabe, Gregor, von seiner christl. Amme gerettet und in Cäsarea in Kappadocien christlich erzogen. Später nahm er Dienste unter Tiridates, dem Sohne des ermordeten Chosroes. Mit Hilfe des röm. Kaisers eroberte Tiridates 286 sein väterliches Reich wieder. Als er G. befahl, am Altar der Schutzgöttin Armeniens, Anahita, Kränze niederzulegen, weigerte er sich dessen als Christ. Deshalb ließ ihn Tiridates in eine tiefe Grube werfen, wo er 13 Jahre lang zubrachte, bis der König in Wahnsinn fiel. Dessen Schwester wurde durch einen Traum davon unterrichtet, daß G. allein im stande sei, den König zu heilen; G. ward geholt, heilte den König und taufte ihn (302), wurde darauf vom Erzbischof von Cäsarea, Leontius, zum Patriarchen von Armenien geweiht und organisierte nun die armenische Kirche. Mit dem König Tiridates reiste G. nach Rom und erhielt vom Papst Sylvester die Bestätigung seiner Patriarchenwürde. 318 weihte er seinen Sohn Aristakes zu seinem Nachfolger und zog sich in die Einsamkeit zurück, wo er nach einigen Jahren starb. - Der Verfasser dieser Legende ist Agathangelos (s. Armenische Litteratur, Bd. 1, S. 899 b). Auch die ihm zugeschriebenen Reden (armenisch, Vened. 1837; deutsch von J. M. Schmid, Regensb. 1872) rühren nicht von G. her. Auffällig ist auch, daß einer der ältesten und besten armenischen Historiker, Elisäus, der nach 450 schrieb,

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den heiligen G. nicht erwähnt, sondern ein Schreiben der Armenier ohne weiteres wiedergiebt, wonach sie ihr Christentum unter Tiridates vom Oberbischof von Rom erhalten haben wollen. - Vgl. A. von Gutschmid, Agathangelos (in der "Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft", Bd. 31, Lpz. 1877).

Nach G. nennt sich seit dem 14. Jahrh, ein Mönchsorden in Armenien. Papst Johann XXII. sandte mehrere Dominikaner nach Armenien, um die dortige Kirche für die Vereinigung mit Rom zu gewinnen. Sie errichteten ein Kloster und gewannen mehrere Klostervorsteher, die vorher der Regel des heil. Basilius (s. d.) folgten. Sie wählten G. als Schutzpatron und nannten sich Vereinigte Brüder des heiligen G. des Erleuchters.

Gregōr von Heimburg, s. Heimburg.

Gregōr von Nazianz, griech. Kirchenvater, eifriger Verfechter der nicänischen Rechtgläubigkeit, geb. um 330 in dem Flecken Arianzus bei Nazianz im südl. Kappadocien. Von seiner frommen Mutter Nonna sorgfältig erzogen, widmete er sich im syr. und impalästinensischen Cäsarea, dann in Alexandria und Athen wissenschaftlichen Studien. Um 360 kehrte G. in die Heimat zurück, empfing die Taufe und begab sich wieder zu seinem Freunde Basilius d. Gr. nach Athen. Aus ihren gemeinsamen Studien ging eine Blütenlese aus den Schriften des Origenes hervor, "Philokalie" genannt. Von seinem Vater, der Bischof in Nazianz war, wider seinen Willen 361 zum Presbyter geweiht, entzog er sich dem geistlichen Amte durch die Flucht in die Einsamkeit, und erst 374 trat er als Koadjutor seinem greisen Vater zur Seite. Nach dessen Tode begab er sich nach Seleucia und wurde 379 von den Gegnern des Arius nach Konstantinopel berufen. Hier verfocht er mit Energie und glänzender Beredsamkeit die wahre Gottheit Christi, sodaß er den Ehrentitel "der Theolog" erhielt und 380 vom Kaiser Theodosius I. zum Patriarchen ernannt wurde. An der Verurteilung der Arianer aus dem zweiten Ökumenischen Konzil zu Konstantinopel 381 nahm G. hervorragenden Anteil, bald nachher aber legte er sein Amt nieder und kehrte nach Kappadocien in die Einsamkeit zurück, wo er 390 starb. Die beste Gesamtausgabe der Werke G.s ist die der Benediktiner (2 Bde., Par. 1778, 1840); eine lat. Auswahl veranstaltete Goldhorn (Bd. 2 der "Bibliotheca patrum Graecorum dogmatica", Lpz. 1854), eine deutsche Röhm (2 Bde., in der "Bibliothek der Kirchenväter", Kempt. 1874-77). - Vgl. Ullmann, G. von Nazianz (2. Aufl., Gotha 1867); Böhringer, Die Kirche Christi und ihre Zeugen, Bd. 8 (2. Aufl., Stuttg. 1876); Benoît, St. Grégoire de Nazianze (2 Bde., 2. Aufl., Par. 1886).

Gregōr von Nyssa, griech. Kirchenvater, jüngerer Bruder Basilius' d. Gr., geb. 331 in Cäsarea in Kappadocien, gab das kirchliche Amt eines Anagnosten (s. d.) auf, um Lehrer der Beredsamkeit zu werden, kehrte aber später zum geistlichen Amte zurück und wurde 372 Bischof von Nyssa in Kappadocien. Ein Schüler des Origenes, war er einer der wissenschaftlich bedeutendsten Theologen der alten Kirche, verteidigte nicht nur energisch gegen die Arianer die Trinität und die Menschwerdung Gottes, sondern versuchte auch, vielleicht als erster christl. Dogmatiker, namentlich in seiner Schrift "Oratio catechetica magna", eine spekulative Begründung und Entwicklung des christl.