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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Güter
reich, an der Linie Ebenfurt-G. (60 Km) der Österr.
Staatsbahnen, wegen seiner reizenden Lage (482 m)
im obern Piestingthal ein gesuchter Sommeraufent-
halt sür die Wiener, hat (1890) 685, als Gemeinde
10 Gemeinden, 38 Ortschaften, 10314 E., meist
deutsche Katholiken, 215 Czechen, 462 Evangelische),
auf dem (^chloßberge die Burgruine, wo mehrere
Habsburger ihren Si^tz hatten und Friedrich der
Schöne 1330 starb; ferner ein neues, dem Grafen
.hoyos gehöriges Schloß mit schönem Park, ein 1685
gestiftetes Servitenkloster, auf dem Fricdhofe das
Grab des österr. Voltsdichters Ferdinand Raimund,
der hier seinen Lieblingsaufenlhalt hatte, zahlreiche
Mühlen, ein Kupferwalzwerk, Eisen- und Kupfer-
hammer. Auf dem nahen Mariahilfer Berge (70? m)
eine Wallfahrtskirche. Bei Muckendorf bildet die
Geschichte von G. in Niederösterreich (Wien 1870).
Güter (Frachtgüter), im Gegensatz zu Per-
sonen, alle zur Verfrachtung gelangenden Gegen-
stände. Im Eisenbahnverkehr versteht man unter
G. im weitern <^)inne - ebenfalls im Gegensatz zu
Personen - alle Gegenstände, die auf der Eisen-
bahn befördert werden. Bestehen indes, wie z. B.
in Deutschland, für die Beförderung von leben-
den Tieren, Leichen, Fahrzeugen u. s. w. besondere
Tarife (s. Eisenbahntarife, Bd. 5, S. 900a), so werden
unter G. im engern Sinne diejenigen Gegenstände
verstanden, die nicht in diesen besondern Tarifen be-
handelt sind. Diese G. werden nach verschiedenen
Gesichtspunkten eingeteilt, z. V. nach der Schnellig-
keit und Art der Beförderung: in gewöhnliches
Frachtgut, Eilgut und Expreßgut, in Stück-
g u t und Wagenladuugsgut; nach dem Verhält-
nis ihres Gewichts zum Umfange: ingewö h nliche
und sperrige G. Eilgüter haben einen höhern,
meist den doppelten gewöhnlichen Frachtsatz zu ent-
richten und werden auch mit Personenzügen beför-
dert, über Erpreßgnt s. d., über Stück- und Wagen-
ladungsgüter s. Eisenbahntarife (Bd. 5, S. 898 fg.).
Sperrige Güter nennt man diejenigen, welche
im Verhältnis zu der Menge ihres Stoffs einen
vergleichsweise sehr großen Naum beanspruchen,
wie Tische, Stühle u. s. w., und deshalb einen im
Verhältnis zu ihrem Gewicht hohen Frachtsatz zu
zahlen haben.
Ferner unterscheidet man G., die bedeckt und
die unbedeckt zu befördern sind u. s. w.
Bestimmte G. sind aus allgemein gesetzlichen
Gründen mit Mcksicht auf die öffentliche Ordnung
und die Eigentümlichkeit des Eisenbahnbetriebes von
der Beförderung auf der Eisenbahn ganz ausge-
schlossen oder nur bedingungsweise zugelassen. Zu
erstern gehören nach der Verkehrsordnnng für die
Eisenbahnen Deutschlands (§. 50), dem mit derselben
übereinstimmenden Netriebsreglemcnt des Vereine
der Deutschen Eisenbahnverwaltungen und den Be-
triebsreglements für Osterreich und für Ungarn
(s. Netriebsreglement, Eisenbahn-Verkehrsordnung,
Eisenbahnverein):
1) diedemPostzwang unterworfenen Gegenstände;
2) diejenigen Gegenstände, welche wegen ihres
Umfangs, ihres Gewichts oder ihrer sonstigen Be-
schaffenheit nach der Anlage und dem Betriebe auch
nur einer der am Transport beteiligten Bahnen
sich zur Beförderung nicht eignen;
3) diejenigen Gegenstände, deren Beförderung
aus Gründen der öffentlichen Ordnung verboten ist;
4) alle der Selbstentzündung oder Explosion
unterworfenen Gegenstände, soweit deren Beförde-
rung nicht bedingungsweise zugelassen ist, wie Nitro-
glycerin, Dynamit, Pikrinsäure Salze, Knallqueck-
silber, Präparate, die Phosphor in Substanz bei-
gemischt enthalten, geladene Schußwaffen.
Vcdingungsweife werden zugelassen:
lr. die in Anlage V der Verkehrsordnung und
eines 23. Febr. 1893 in Kraft getretenen Nachtrages
verzeichneten Gegenstände nach Maßgabe der für
ihre Annahme und Beförderung getroffenen Be-
stimmungen;
!>. Gold- und Silberbarren, Platina, Geld, geld-
werte Münzen und Papiere, Dokumente, Edelsteine,
echte Perlen, Pretiosen und andere Kostbarkeiten,
serner Kunstgegenstände, wie Gemälde, Gegenstände
aus Erzguß, Antiquitäten nach Maßgabe der be-
sondern Vorschriften jeder Eisenbahn; als geldwerte
Papiere sind nicht anzusehen: gestempelte Postkar-
ten, Postanweisungsformulare, Briefumschläge und
Streifbänder, Postfreimarken, Stempelbogen und
Stempelmarken sowie ähnliche amtliche Wertzeichen;
c. alle Gegenstände, deren Verladung oder Be-
förderung nach der Anlage und dem Betriebe einer
der beteiligten Bahnen außergewöhnliche Schwierig-
keiten verursacht;
ä. Lokomotiven, Tender und Dampfwagen, sofern
sie auf eigenen Nädern laufen; dieselben müssen sich
in lausfähigem Zustande befinden und von einem
jachverständigen Beauftragten des Absenders be-
gleitet sein.
Wer der Selbstentzündung unterworfene oder
nur bedingungsweise zugelassene Gegenstände unter
unrichtiger oder ungenauer Angabe zur Beförderung
aufgiebt oder die vorgeschriebenen ^icherheitsmaß-
regeln außer acht läßt, hat, abgesehen von der Nach-
zahlung des etwaigen Frachtunterschiedes und dem
Ersatz des entstandenen Schadens, sowie den gesetz-
lichen Strafen für jedes Kilogramm brutto einen
Frachtzuschlag von 12 M. zu erlegen.
Nach dem Verner internationalen Übereinkommen
über den Eisenbahnverkehr (s. Eisenbahnrecht 11, 3)
finden die Bestimmungen desselben auf die Beför-
derung der oben unter 1-3 erwähnten Gegenstände
keine Anwendung (Art. 2). Ferner sind nach §. 1
der Ausführungsbestimmungen zu Art. 3 von der
Beförderung ausgeschlossen: die oben unter Nr. 4
bezeichneten Gegenstände, soweit deren Beförderung
nicht bedingungsweise zugelassen ist, ferner die Ge-
genstände unter d und Leichen. In der Anlage I
zu den Aussührungsbestimmungen sind dann die-
jenigen Gegenstände aufgezählt, deren Beförderung
nur unter den daselbst aufgeführten Bedingungen
gestattet ist. Für derartige Transporte inüssen be-
sondere, andere Gegenstände nicht umfassende Fracht-
briefe beigegeben werden. Nach §. 1 letzten Adfatz
der Ausführungsbestimmungen können ferner zwei
oder mehrere Vertragsstaaten in ihrem gegenseitigen
Verkehr sür Gegenstände, welche vom internationa-
len Transport ausgeschlossen oder nur bedingungs-
weise zugelassen sind, leichtere Bedingungen verein-
baren. Von dieser Befugnis haben bereits Dentsch-
land, Österreich und Ungarn Gebrauch gemacht und
in: Juni 1892 in Budapest ein, gleichzeitig mit
dem Verner übereinkommen 1. Jan. 1893 in Kraft
getretenes Abkommen getroffen, zu welchem feit
1. April 1893 ein Nachtrag vereinbart ist; die darin
verabredeten erleichterndenVeförderungsvorfchriften
fchließen sich mit wenigen Ausnahmen an diejenigen