Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

585
Güterverteilung - Guthe (Geograph)
trat die Funktion des Geldes verhältnismäßig mehr
in den Hintergrund, und der größte Teil der Güter-
masse cirkuliert gegenwärtig im Handel mit Hilfe der
Bank- und Kreditorganisation. Selbstverständlich
ist auch die Ausdehnung und Vervollkommnung des
Transports und der sonstigen Verkehrsmittel sür den
G. von wesentlicher Bedeutung, da dadurch das
Absatzgebiet für alle Waren erweitert wird. Als
Stockungen des G. erscheinen die Krisen (s. Absatz
und Handelskrisen).
Gütervertciluug, in der Voltswirtschaftslehre
übliche Bezeichnung für die Verteilung der wirt-
schaftlichen Güter oder der Reinerträgnisse der Volks-
wirtschaft an die einzelnen Klassen der Bevölkerung
zur Konsumtion. Das Verhältnis, in welchem diese
Verteilung erfolgt, ist sowohl sür die wirtschaftliche
Lage des Volks und der einzelnen Vevölkerungs-
tlassen als auch für die Beurteilung der volkswirt-
schaftlichen Zustände von entscheidender Bedeu-
tung. Die socialistische Kritik der bestehenden Pro-
duktions- und Verteilungsordnung hat auf die
Wissenschaft den günstigen Einfluß geübt, daß sie
zu einer tiefern Auffassung der Lehre von der G.
gelangt ist und, von der Kritik derselben aus-
gehend, auch praktische Mittel zur Milderung der
vorhandenen übel sucht. In der arbeitsteiligen
Gesellschaft mit privatem Grund- und Kapital-
eigentum findet die Verteilung des Reinertrags der
Volkswirtschaft durch mancherlei Vermittelungen
in der Weise statt, daß ein Teil den Arbeitern als
Lohn überwiesen wird, während aus dem andern
Teil die Grundbesitzer ihre Rente entnehmen und
der Rest zum Teil in den Händen der Unter-
nehmer bleibt, die daraus die Vergeltung für ihre
eigene Thätigkeit und die Verzinsuug ihres Kapitals
schöpfen, zum Teil als Zins den Kapitalisten zu-
fällt. Mittels der Grundrente und der Kapital-
zinsen können also auch solche Personen einen Anteil
am voltswirtschaftlichen Ertrage erhalten, die durch
eigene Arbeit zu der Produktion gar nichts bei-
tragen, wohl aber Produktionsfaktoren beisteuern,
welche für die Produktion und den Umlauf der wirt-
schaftlichen Güter unentbehrlich sind. So verscbicden
die einzelnen Faktoren und Leistungen sind, so ver-
schieden ist auch das Entgelt für die Leistung und
der Anteil an dem Ertrag der Produktion.
Das Princip einer gerechten G., welche darin be-
stehen müßte, den Ertrag der Produktion unter die
an der Herstellung Beteiligten so zu verteilen, daß
jedem das Produtt seiner Leistung zufällt, ist un-
durchführbar, weil sich nirgends die Erträge der ein-
zelnen Produktionsfaktorcn felbständig und abgelöst
voneinander darstellen oder berechnen lassen. Trotz-
dem wird es bei der hohen socialpolit. Bedeutung,
welche die Forderung einer angemessenen Ein-
kommensverteilung in sich trägt, Aufgabe des
Staates fein müssen, durch gesetzliche Maßregeln für
diejenigen Schichten des Volks einzutreten,' welche
ihrer wirtschaftlichen Stellung nach zu schwach sind,
ihrem in rein persönlicher Thätigkeit begründeten
Produktionsfaktor gegenüber den auch fachlich fest-
gegründeten des Kapitalisten und Grundeigen-
tümers die ihm gebührende Geltung zu verschaffen.
nberdieG. indersocialistischen Gesellschaftsordnung
s. Socialismus. (S. Arbeitslohn, Bodenrente, Ge-
winnbeteiligung, Gewerkvereine, Grundeigentum,
Unternehmer, Zinsen.)
Güterwagen, s. Betriebsmittel.
Guterz, s. Erz.
Güterzüae, s. Eisenbahnzügs.
Güteverhältnis, soviel wieWirkungsgradts.d.).
Gute Werke (lat. dun", o^i-a), nach dem Lehr-
begrisse der prot. Kirche die aus dem wahrhaften
Glauben (s. d.) oder aus einem mit Gott versöhnten
Herzen von selbst hervorgehenden sittlichen Thaten,
die jedoch, weil sie dem Gesetz Gottes nie vollkom-
men entsprechen, kein Verdienst begründen. Um der
sittlichen Selbstgerechtigkeit jeden Zugang zu ver-
sperren, hatten die Reformatoren die Wertschätzung
der G. W. bekämpft, und während Melanchthons
Schule die Notwendigkeit derselben zur Seligkeit
lehrte, behauptete Nik. Amsdorf sogar, sie seien der
Seligkeit schädlich. (S. Major, Georg.) Die luth.
Dogmatik lehnte die Notwendigkeit derselben zur
Seligkeit ab (z. B. für den Fall der Bekehrung im
Moment des Todes), hielt aber daran fest, daß
der Glaube G. W. als notwendige Früchte hervor-
bringe, wogegen die Reformierten in diesen Früch-
ten den Thaterweis des seligmachenden Glaubens
sahen. Die kath. Kirche behauptet nicht nur die Ver-
dienstlichkeit G. W. überhaupt, auch ganz abgesehen
von der innern Gesinnung, aus der sie hervorgehen,
sondern auch die Notwendigkeit, daß zur Rechtferti-
gung vor Gott Glaube und Werke zusammenwirken.
Auch lehrt sie, daß die G.W. anderer, namentlich
die "überschüssigen Verdienste" der Heiligen, den
Gläubigen zu gute kommen und als ihre eigenen
ihnen angerechnet werden können (0^u8 operatum,
s. d.). Insbesondere aber versteht man katholischer-
seits unter G. W. nicht sittliche Handlungen über-
haupt, sondern gewisse von der Kirche, sei es als
"Genugthuung" in der Beichte vorgeschriebene, sei es
als "evang. Räte" empfohlene Leistungen. (S. ^ongi-
lia 6VI.nF6iica.) AlsVußwerke übernommen, bedeu-
ten dieselben, daß der Sünder freiwillig die Hand
dazu bietet, seine gebeichtete Sünde gutzumachen,
oder auch die Kirche zu veranlassen, aus dem in
ihrer Verwaltung befindlichen "Schatz der G. W."
(s. Opera 8up6l6ro^ti0ni8) ihm einen entsprechenden
Teil als Entgelt für noch ungebüßte Sünden zu gute
kommen zu lassen. lS. Ablaß und Buße.) Als frei-
willig übernommene Leistungen dagegen begründen
die G. W. ein besonderes Verdienst vor Gott und
demgemäß ein Anrecht ans besondere Belohnungen
im Jenseits. Dem Protestantismus erscheint durch
die Lehre von der Verdienstlichkeit der G. W. in
jeder ihrer Gestalten das Evangelium von der freien
Gnade Gottes in Christus verleugnet und die Er-
lösungsreligion abermals zur Gesetzesreligion herab-
gedrückt. Der umgekehrte Vorwurf der Katholiken,
daß der Protestantismus sich gegen die sittlichen
Anforderungen an den Menschen gleichgültig oder
gar feindselig verhalte, beruht im allgemeinen auf
Mißverständnis.
Gutgewicht ist eine Zugabe zu der verkauften
Menge Ware, für welche kein Kaufpreis berechnet
wird. Das G. foll als Ausgleich für eventuelle
Verluste dienen, welche der Käufer beim Weiterver-
kauf durch Abwägen oder infolge Eintrocknens zu
erdulden hat. Ob G. oder Refaktie (s. I^i8ti) ge-
fordert werden kann, ist nach dem Vertrage oder
dem Handelsgebrauch am Ort der Übergabe zu
beurteilen (Handelsgesetzbuch Art. 352). (S. auch
Ausschlag.)
Guthe, Hermann, Geograph, geb. 22. Aug.
1825 zu Andreasberg im Harz, studierte in Göttin-
gen und Berlin und wurde 1649 Lehrer am Lyceum
zu Hannover. ltt7." wurde G. als Professor der