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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Heimführung der Braut; Heimliche Gerichte; Heimsheim; Heimskringla; Heimstättengesetze

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Heimführung der Braut – Heimstättengesetze

Auslande den Grundsätzen der Gleichstellung zuwider benachteiligt werden, soweit möglich, Entschädigung aus den im Inlande befindlichen Nachlaßbestandteilen gewährt werde. Das Preuß. Allg. Landr. Ⅰ,12, §. 40 verweist für solche Fälle auf die Anwendung der Wiedervergeltung (Retorsion).

In einem andern Sinne wird in der Rechtssprache von einem H. gesprochen, um das Recht des Staates zu bezeichnen, den Nachlaß einer Person, welche Erben nicht hinterläßt, an sich zu ziehen. Nach dein Gemeinen Rechte wie nach den meisten geltenden Rechten ist der Fiskus der Berechtigte. Nicht gleichmäßig bestimmt ist, ob der Fiskus als Erbe anzusehen ist, oder ob er nur befugt ist, den Überschuß des Nachlasses nach Befriedigung der Gläubiger und Vermächtnisnehmer sowie nach Abzug der Erbschaftslasten auf Grund eines Hoheitsrechts an sich zu nehmen. Auch da, wo der Fiskus als Erbe behandelt wird, ist meist ein Aufgebotsverfahren vorgeschrieben, von dessen Ergebnisse es abhängt, ob der Nachlaß dem Fiskus auszuliefern ist. Vgl. Preuß. Allg. Landr. Ⅱ, 16, §. 25; Code civil Art. 812‒814; Sachs. Bürgerl. Gesetzb, §. 2620; Roth, Bayr. Civilrecht §. 359, u. a. Nach dem Preuß. Allg. Landr. Ⅱ, 16, §. 20 ist das Recht des Fiskus insofern ein subsidiäres, als vorausgesetzt wird, daß nicht «moralische oder andere Privatpersonen» dieses Recht von dem Staate auf eine rechtsgültige Weise erworben haben. Eine solche Ausnahme besteht in Ansehung des Nachlasses gewisser Personen z. B. für die Stadt Berlin. Aber auch in andern deutschen Staaten finden sich derartige Ausnahmen. Armenanstalten, Kirchen u. dgl. stehen ebenfalls vielfach derartige Berechtigungen zu, insbesondere in Bayern, Sachsen, in den thüring. Staaten und sonst. Selbst Zuchthäusern wird zuweilen ein Erbrecht in Ansehung des Nachlasses der Sträflinge, welche im Zuchthause versterben, zugebilligt. Das Recht des Fiskus auf erblose Verlassenschaften (bona vacantia, herrenlose Güter) ist sehr alt; es findet sich auch in den sog. Volksrechten. In späterer Zeit ist es als Ausfluß der obern Gerichtsbarkeit angesehen worden und stand infolgedessen dem Gerichtsherrn zu.

Nicht ergriffen wird von dem H. das Autorrecht des Schriftstellers, Komponisten, Zeichners oder Urhebers eines Werkes der bildenden Künste (Gesetz vom 11. Juni 1870, §. 17; vom 2. Jan. 1876, §. 16). In Ansehung des Urheberrechts von Photographien, Mustern und Modellen, sowie des Patentrechts ist eine entsprechende Vorschrift nicht gegeben.

Der Deutsche Entwurf bebandelt den Gegenstand im §. 1974; er giebt dem Fiskus ein Erbrecht, ordnet eine vorgängige Feststellung, daß andere Erben nicht vorhanden sind, an, versagt ihm die Ausschlagung, sichert ihn aber gegen die Haftung über den Nachlaßbestand hinaus (Motive Ⅴ, 378 fg., 556).

Über das H. an Eisenbahnen, s. Eisenbahnkonzession (Bd. 5, S. 872 a).

Heimführung der Braut (lat. domum deductio), im deutschen Privatfürstenrecht der feierliche Einzug eines neuvermählten fürstl. Paars in seinen künftigen Wohnort.

Heimliche Gerichte, s. Femgerichte.

Heimsheim, Stadt im Oberamt Leonberg des württemb. Neckarkreises, am Gotzenbach, hat (1890) 1346 meist evang. E., Postagentur, Telegraph, Realschule, Wasserleitung und hauptsächlich Landwirtschaft. Im Schleglerschloß, einem im spätroman. Stil des 13. Jahrh. erbauten, geschmückten Steinhause, nahm Graf Eberhard der Milde 1395 sechs Mitglieder des Schleglerbundes, darunter drei sog. Schleglerkönige, gefangen, nachdem er vorher H. in Brand gesteckt hatte. Das neben dem Schleglerschloß zu Anfang des 18. Jahrh. erbaute neue Schloß, jetzt Schulhaus, hat im Speisesaal schöne Fresken von dem Italiener Carloni, die Kirche interessante Grabdenkmäler. Der 965 als Heimbodesheim zuerst genannte Ort kam 1465 größtenteils, 1687 vollständig an Württemberg.

Heimskringla, das Hauptwerk des norweg. Dichters Snorre Sturluson (s. d.).

Heimstättengesetze, Gesetze, welche bezwecken, dem Bodenbesitzer und seiner Familie eine sichere Heimstätte zu geben. Der Gedanke ist hauptsächlich in Amerika entwickelt worden, und fast alle Einzelstaaten der Union, die Vereinigten Staaten selbst (1862) und Canada haben H. gegeben, welche in einzelnen Staaten Teil der Staatsverfassung geworden sind. Das älteste Heimstättengesetz, von Texas, datiert von 1839. Das ländliche oder städtische, von dem Eigentümer, Pächter oder Erbpächter bewohnte Haus, die dazugehörigen Gebäude und ein gewisses Maß dazugehörigen Landbesitzes sowie ein Inventar beweglicher Gegenstände sind für ihn und seine Familie unter gesetzlichen Schutz gestellt. Die Heimstätte ist vom gerichtlichen Zwangsverkauf wegen Schulden des Eigentümers oder Inhabers eximiert; er ist nur zulässig wegen bestimmter im Gesetz bezeichneter Schulden, z. B. rückständiger Kaufgelder oder Abgaben oder Schulden für Bauten. Ein freiwilliger Verkauf ohne Einwilligung der Ehefrau des Inhabers ist ungültig; ebenso eine Verpfändung, die überdies nur wegen bestimmter Forderungen erfolgen darf. Nach der Praxis einzelner Staaten wird der Hypothek an der Heimstätte überhaupt keine Folge gegeben. Hat der Schuldner einen das gesetzliche Maximalmaß der Heimstätte überschreitenden Besitz, so soll im Fall einer Zwangsvollstreckung die Heimstätte innerhalb jenes Maximums ausgesondert werden. Nach dem Tode des Eigentümers oder Inhabers geht die Heimstätte als gegen dessen Schulden gesicherter Nachlaß auf die Witwe und die Kinder über. In einzelnen Gesetzen ist die Registrierung der Heimstätte und Eintrag des Rechts der Ehefrau vorgesehen. Das Maximalmaß des Grundbesitzes und des Werts der Heimstätte samt Mobiliar ist in den verschiedenen Gesetzen verschieden bestimmt; Wert von 500 bis 5000 Doll.; Maß von ¼ bis 1 Acre in der Stadt oder Dorflage; des Landes von 40 bis 500 Acres. Das Heimstättengesetz der Union steht mit der Besiedelung in Verbindung. Die Exemtion gegen Zwangsverkauf wegen früherer Schulden erstreckt sich auf die ersten 5‒7 Jahre, nachher kommt das Heimstättengesetz des Einzelstaates zur Anwendung. Das Maximalmaß sind hier 160 Acres Landes, welche zum Preise von 1¼ Doll. per Acre angeboten werden oder 80 Acres Landes besserer Qualität zum Preise von 2½ Doll. per Acre. Vorläufig sind nur 5 oder 10 Doll. zu erlegen; nach 5 oder 7 Jahren wird der Kaufbrief ausgefertigt, wenn der Käufer während 5 Jahren die Heimstätte bewohnt und bebaut, auch nicht weiter veräußert hat. Amerik. Gerichtshöfe und Schriftsteller preisen den wohlthätigen Zweck und den wohlthätigen Erfolg des Heimstättengesetzes. Gleiche oder ähnliche Gesetze finden sich in Australien, Ostindien, Serbien und Rumänien. Die Idee hat