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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Henoch; Henotheïsmus; Henotĭkon; Henri; Henriade; Henrichemont; Henrici; Henri-deux-Fayencen; Henrietta; Henriette Anna

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Henoch (Eduard Heinr.) – Henriette Anna

Dillmann (Lpz. 1851); übersetzt und erklärt wurde das Buch H. von Lawrence (1821), von Hoffmann (2 Bde., Jena 1833‒38) und Dillmann (Lpz. 1853). Neuerdings in Achmim in Oberägypten aufgefundene umfangreichere griech. Bruchstücke wurden herausgegeben von Bouriant im 9. Band der «Mémoires publiés par les membres de la mission archéologique française au Caire» (Par. 1892) und danach, mit Übersetzung, von Lods («Le Livre d’Hénoch», ebd. 1892). Ursprünglich war es wahrscheinlich in hebr. oder aramäischer Sprache geschrieben, die äthiop. Übersetzung ist aus einem griech. Texte geflossen. – Vgl. Schürer, Geschichte des jüd. Volks im Zeitalter Jesu Christi, Bd. 2 (Lpz. 1886); Goldschmidt, Das Buch H., aus dem äthiopischen in die ursprünglich hebr. Abfassungssprache zurückübersetzt (Berl. 1892).

Henoch, Eduard Heinr., Arzt, geb. 16. Juli 1820 zu Berlin, studierte daselbst Medizin, wurde 1844 Assistent seines Oheims Romberg in dessen Poliklinik, habilitierte sich 1850 als Privatdocent. 1858 wurde er außerord. Professor, 1872 Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderkrankheiten in der königl. Charité, als welcher er sich große Verdienste um die Kinderheilkunde erwarb. Außer zahlreichen Journalabhandlungen veröffentlichte er: «Rombergs klinische Ergebnisse» (Berl. 1846), «Klinik der Unterleibskrankheiten» (3 Bde., ebd. 1852‒58; 3. Aufl. 1863), «Beiträge zur Kinderheilkunde» (2 Hefte, ebd. 1861, 1868), «Vorlesungen über Kinderkrankheiten» (ebd. 1881; 6. Aufl. 1892).

Henotheïsmus, «Verehrung einzelner Götter» und Kathenotheïsmus, «Verehrung eines Gottes nach dem andern», nennt Max Müller die eigentümliche Form der ältesten ind. Religion, wonach der jedesmal angerufene und verehrte Gott als der höchste angesehen wird.

Henotĭkon (grch., «Vereinigungsformel»), Titel eines Edikts des oström. Kaisers Zeno zur Beilegung der monophysitischen Streitigkeiten (482); daher auch Titel sonstiger, die Versöhnung streitender Parteien bezweckender Schriften. Das H. verdammte die Nestorianer und Eutychianer und erklärte das nicänische Symbol für allein gültig.

Henri (frz., spr. ang’rih), Heinrich.

Henriàde (spr. ang’rĭahd), episches Gedicht auf Heinrich Ⅳ. von Frankreich (s. Voltaire).

Henrichemont (spr. ang’rischmóng), Hauptstadt des Kantons H. (158,36 qkm, 7 Gemeinden, 8765 E.), Arrondissement Sancerre im franz. Depart. Cher, auf einem die Petit-Sauldre beherrschenden Hügel, hat (1891) 1550, als Gemeinde 3763 E. H. hieß ehemals Boisbelle. 1609 wurde Sully Herr der Stadt und benannte sie nach Heinrich Ⅳ.

Henrici, Christian Friedr., als deutscher Dichter unter dem Namen Picander bekannt, geb. 14. Jan. 1700 zu Stolpen in Sachsen, studierte 1719 zu Wittenberg und 1720 zu Leipzig die Rechte. Durch sein Talent für die Dichtkunst erlangte er die Gunst der Kurfürsten August Ⅱ. und August Ⅲ., welche ihm einträgliche Ämter zuwiesen. Er wurde 1727 Aktuar bei dem Oberpostamte zu Leipzig, sodann Postsekretär, endlich Postkommissar und erhielt als solcher 1740 noch die Kreislandsteuer- und Tranksteuer-Einnehmerstelle in Leipzig sowie die Weininspektion. Er starb 10. Mai 1764. Seine Gedichte sind durch ihren derben Witz und ihre anstößig unsittliche Ausgelassenheit charakteristische Typen der heitern Gesellschaftsdichtung, wie sie bis über die

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Mitte des 18. Jahrh. hinaus als erlaubt, ja als modisch galt. Sie erschienen als «Ernstscherzhafte und satir. Gedichte» (4. Aufl., 4 Bde., Lpz. 1748‒51) und als «Sammlung vermischter Gedichte» (Frankf. und Lpz. 1768). Von seinen geistlichen Gedichten sind die bekanntesten «Liebster Jesu, willst du scheiden» und «Wer weiß, wie nahe mir mein Ende». Auch ist er der Verfasser vieler Texte zu Kompositionen von Joh. Seb. Bach, speciell zu dessen Passionsmusik. Seine «Teutschen Schauspiele, bestehend in dem Akademmischen Schlendrian, dem Erzsäufer und der Weiberprobe» (Berl. und Hamb. 1726), sind plump-satir. Farcen ohne feinern Witz.

Henrici, Ernst, geb. 1854 zu Berlin, studierte dort hauptsächlich german. Philologie und neuere Sprachen. Von 1887 an bereiste er Afrika und wurde zuletzt Leiter einer Plantage (Ernsthausen) im deutschen Togogebiet. Er veröffentlichte: «Das Deutsche Togogebiet» (Lpz. 1888) und «Lehrbuch der Ephe-Sprache» (Berl. 1891).

Henri-deux-Fayencen (spr. ang’ri dö faĭángßen), seltene franz. Fayencegefäße (Krüge, Kannen u. dgl.) aus weißlichem Thon mit eigenartigen braunen oder roten Ornamenten, häufig auch mit plastischen Verzierungen. Sie wurden vor mehrern Jahrzehnten in der Provinz Poitou gefunden und, weil einige das Monogramm König Heinrichs Ⅱ. und das seiner Geliebten, Diana von Poitiers, trugen, H. genannt. Offenbar stammen diese Fayencen aus jener Zeit; die Vermutung jedoch, daß sie in dem in jener Gegend gelegenen Schlosse Oiron (daher auch Oiron-Fayencen genannt) von dem Töpfer Charpentier gefertigt seien, ist irrig, vielmehr war der Fabriksort St. Porchaise. Wie die H. aber zu ihrer Form, Verzierung und Technik gekommen sind, ist noch unaufgeklärt.- Vgl. Bucher Die Fayence von Oiron (Wien 1879).

Henrietta, der 225. Planetoid.

Henriette Anna, Herzogin von Orléans, die jüngere Tochter König Karls Ⅰ. von England und seiner Gemahlin Henriette Marie (s. d.), wurde 16. Juni 1644 zu Exeter geboren und, einige Wochen alt, von ihrer Mutter nach Frankreich gebracht. Die Restauration der Stuarts in England (1660) führte sie in ihre Heimat zurück, doch schon 1661 ward sie mit dem Bruder Ludwigs ⅩⅣ., Herzog Philipp von Orléans, vermählt. Als Schwägerin des Königs (Madame) wurde H. A. durch ihre vornehme und geistreiche Anmut und Lebhaftigkeit bald der Mittelpunkt des Hofs; Ludwig selbst begegnete ihr mit freundschaftlicher Zuneigung. Gleichzeitig führte sie dessen geheime Verhandlungen mit ihrem Bruder Karl Ⅱ. von England. 1670 mußte sie mit dem Hofe die pomphafte Reise nach Flandern unternehmen und sich dann zu Calais nach Dover einschiffen, angeblich nur um einer Einladung ihres Bruders zu folgen. Nach zehn, unter allerlei Festlichkeiten verlebten Tagen hatte sie Karl von der Triple-Allianz abgebracht und zum Bundesgenossen Ludwigs ⅩⅣ. gegen die Niederlande und zum Partisan der kath. Restaurationspolitik, der sie mit ganzer Seele anhing, gemacht. Acht Tage nach ihrer Rückkehr aus England (29. Juni 1670) erkrankte die Prinzessin plötzlich zu St. Cloud und starb schon am folgenden Tage. Man hielt sie (gewiß mit Unrecht) für vergiftet und maß die Schuld bald ihrem eifersüchtigen Gemahl, bald dem Chevalier de Lorraine bei, dessen Verbannung sie bewirkt hatte. – Vgl. Loiseleur, Trois énigmes historiques (Par.