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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Herzerweiterung - Herzfehler
nigte Herzthätigkeit verlangsamt und den Puls zu-
gleich regelmäßig und kräftig macht.
Eine höchst eigenartige Form der H. ist endlich
dieulceröseHerzhautentzünduna (Nnäo-
cNräiti8 uicsrosa), bei welcher es unter hohem Fie-
ber und typhusähnlichen Erscheinungen zur Ver-
schwörung und rapiden Zerstörung der erkrankten
Klappe kommt. Die Krankheit, welche nur jüngere
Personen zwischen 18 und 40 Jahren befällt, beruht
auf der Einwanderung von niedrigsten Organismen,
Bakterien, in den Blutstrom und führt unrettbar
zum Tode. (S. Herzbeutelentzündung.) In andern
Fällen bleiben auf Wucherungen an den Herzklap-
pen Bakterien aus dem Vlutstrom haften, werden
von hier mit dem Blute in andere Organe ver-
schleppt und führen durch Allgemeinvergiftung
(Pyämie) zum Tode.
Herzerweiterung (vilatatio coräiZ), die krank-
hafte Erweiterung der Herzhöhlen mit mehr oder
weniger beträchtlicher Verdünnung der Herzwan-
dungen, bildet sich immer nur dann aus, wenn die
Triebkraft des Herzens gewisse dem Blutlaus ent-
gegenstehende Hindernisse nicht mehr zu überwin-
den vermag, und gesellt sich besonders gern der
Herzhypertrophie (s. d.) hinzu. Die Ursachen der
H. sind entweder Krankheiten des Herzfleisches, ins-
besondere entzündliche Veränderungen und fettige
Entartung (s. Herzverfettung), durch welche die Herz-
wand an Kontraktilität verliert und dem Druck der
Vlutsäule nachgiebt, oder abnorme mechan. Strö-
mungshindernisse im Blutkreislauf, wie bei Herz-
klappenfehlern, chronischer Entzündung der Arte-
rien u. dgl., bei welchen gewöhnlich zunächst eine
mehr oder minder ausgesprochene Hypertrophie des
Herzens und schließlich bei Erlahmung des hy-
pertrophierten Herzmuskels eine bald schneller,
bald langsamer sich entwickelnde H. entsteht. Die
Symptome der Krankheit bestehen außer der durch
BeNopfen der Brust nachweisbaren Vergrößerung
des Herzens, in Blausucht, Herzklopfen, hochgradi-
ger Atemnot und Beklemmung, häufigen Ohnmach-
ten, Blutstockungen im Gehirn und Unterleib und
schließlich in ausgebreiteter Wassersucht; ein häu-
figer Ausgang der H. ist der Tod durch eintretende
Herzlähmung. Die Behandlung kann nur eine
symptomatische sein und beschränkt sich auf strenge
Regelung der Lebensweise, leichte und nahrhafte
Kost und sorgfältige Vermeidung aller körperlichen
und geistigen Aufregungen. Bei drohender Herz-
schwäche leisten ein Schluck Wein oder Champagner,
eine Tasse starken schwarzen Kaffees, unter Umstän-
den Digitaline oft gute Dienste.
Herzfehler (Vitia coräi8), krankhafte Abwei-
chungen von dem normalen Bau des Herzens, sind
entweder angeboren oder erworben und immer mit
mehr oder weniger schweren Störungen des Blut-
kreislaufs verbunden. Die angeborenen H.
(vitia coi-äiL con^nita.) bestehen am häufigsten in
einer abnormen Kommunikation der beiden Vor-
höfe (durch Offenbleiben des ovalen Lochs) oder
Herzkammern (durch fehlerhafte Bildung der Kam-
merfcheidewand) und geben sich, da bei ihnen im
Herzen infolge des angegebenen Defekts eine Ver-
mischung des Arterien- und Venenblutes eintritt,
durch auffallende Blausucht (s. d.) des Körpers,
Herzklopfen, Atemnot und mangelhafte Ernährung
zu erkennen. Die meisten mit dieser Hemmungs-
bildung geborenen Kinder sterben schon in den
ersten Lebensjahren; nur wenige erreichen das
Alter der Geschlechtsreife. Die erworbenen Z.
(vitia coräiZ achuiZita) entstehen immer durch eine
Entzündung der innern Herzhaut (knäoc^räitiZ,
^ Herzentzündung) und betreffen gewöhnlich den
Mappenapparat des Herzens, weshalb sie auch
als Herzklappenfehler bezeichnet werden.
Die entzündeten Klappen pflegen sehr bald zu
schrumpfen, sich zu verkürzen und mit Kalksalzen
zu inkrustieren, wodurch sie in ost steinharte Ge-
bilde verwandelt und unfähig werden, die be-
treffende Kammer- oder Pulsadermündung hin-
reichend fest zu verschließen; es entsteht eine sog.
Klappeninsufficienz, infolge deren ein Teil
des Blutes eine rückläufige Bewegung erfährt und
der ganze Blutumlauf empfindlich gestört wird.
Häusig gesellt sich zu dieser Insufficienz der Herz-
klappen auch noch eine widernatürliche Verenge-
rung (Stenose) der betreffenden Kammer- oder
Pulsadermündung, indem die geschrumpften Klap-
pensegel an ihrem sreien Nande miteinander ver-
wachsen, sodaß das Blut nur mit erhöhter Kraft
durch die verengte Kammer- oder Pulsadermün-
dung hindurchgetrieben werden kann, wodurch der
schon durch die Insufficienz gestörte Blutlauf durch
das Herz noch mehr erschwert und gestört wird.
Solche Klappenfehler finden sich am häufigsten
an der zweizipfeligen oder Mitralklappe und an
der Aortenklappe. Mit Sicherheit erkennen läßt
sich das Vorhandensein eines H. nur durch eine
genaue Physik. Untersuchung der Vrustorgane (ver-
mittelst Vetlopfens und Vehorchens), da alle sub-
jektiven Beschwerden, die sich bei H. einstellen, wie
Herzklopfen, Beängstigung und Atemnot, Vlau-
sucht, wassersüchtige Anschwellungen u. dgl., an
und für sich durchaus nichts Charakteristisches dar-
bieten, sondern fast allen Herzkrankheiten gemein-
sam sind. Übrigens tritt unter günstigen Verhält-
nissen und bei vorsichtiger Lebensweise des Kranken
gewöhnlich eine teilweise Ausgleichung (Kompen-
sation) der durch den Klappenfehler gesetzten Nach-
teile ein, indem die betreffende Herzkammer durch
eine Vermehrung ihrer Muskelsubstanz beträchtlich
vergrößert (hypertrophisch) und dadurch befähigt
wird, den durch den unvollständigen Klappenver-
schluß gesetzten Widerstand leichter zu überwinden
(s. Herzhypertrophie). Kranke mit H. können aus
diesem Grunde recht wohl ein höheres Alter er-
reichen, wenn sie eine streng geregelte und vorsich-
tige Lebensweise beobachten und durch sorgsame
Vermeidung aller Schädlichkeiten eine Erlahmung
ihres hypertrophischen Herzmuskels und damit eine
Störung der gebildeten Kompensation verhüten.
Sie müssen sich vor allen Dingen jederzeit vor
allen geistigen und körperlichen (auch geschlecht-
lichen) Anstrengungen, vor Gemütsaufregungen
jedweder Art sowie vor erhitzenden und aufregen-
den Speisen und Getränken sorgfältig hüten; ihre
Kost sei nahrhaft, doch leicht verdaulich (Milch,
Vuttermilch, Eier, leichtes Fleisch, Gemüse, MeHi-
speisen und Obst). Kaffee und Thee fowie alle ge-
würzten und blähenden Speisen sind ganz zu ver-
bieten, Wein und Bier nur in geringen Mengen
statthaft; auf regelmäßige Stuhlentleerung ist sorg-
sam zu achten. Weiterhin sind mäßige Bewegung
im Freien, trockne sonnige Wohnräume, ein lufti-
ges Schlafzimmer und hinreichender Schutz vor Er-
kältungen für Kranke mit Klappenfehlern durchaus
erforderlich, wenn sie sich wohl befinden und ein
höheres Alter erreichen wollen. Bei heftigem Herz-