Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

160
Hieraticum - Hiero II.
sein, und die Bischöfe waren nur primi int6l pares,
nur dem Range, Einfluß und der Ordnung nach,
nicht nach der Qualifikation höher als die übrige
Geistlichkeit. Aber bereits im 4. Jahrh, sing man
an, mehrere besondere Weihen oder Ordinationen
einzuführen und namentlich eine besondere Weihe
der Bischöfe, denen man auch das Recht, die Ordi-
nation und Firmnng zu erteilen und das heilige
Chrisma zu bereiten, ausschließlich beilegte. Da-
durch erhoben sich die Bischöfe immer mehr zu
Herren des untergeordneten Klerus, über die
Bischöfe erhoben sich wieder die Metropoliten und
über diese die Patriarchen. Letztere aber blieben
in der griech. oder Morgenland. Kirche untereinan-
der, wenn auch nicht dem Range und Ansehen, so
doch der Machtvollkommenheit nach gleich. Im
Abendlande dagegen, wo es nur einen Patriarchen,
den Bischof von Rom gab, entwickelte sich die H.
zur Monarchie (s. Papst). Die kath. Kirche be-
zeichnet mit dem Worte H. die Stufenfolge der
Geistlichkeit und unterscheidet die Iii6i'I.rcki3. or-
äiuig und ^ui'i8äictwui8. Dem Range nach unter-
scheidet sie 0räiu68 m^ore^ und niwore"; die drei
höhcrn Weihen sind der Presbyterat, Diakonat und
Subdiakonat, welche von den niedern Weihen scharf
und mit besondern rechtlichen Folgen abgegrenzt
werden. Dieselben sind allein göttlichen Rechts
s^uris äiviin), d. h. göttlicher Einsetzung. Nach älte-
rer Theorie kommt die powstHg oi-äiuis allen Bi-
schöfen in gleichem Maße zu, dieselben übertragen
aber durch die Ordination einen Teil derselben
(insbesondere das Recht des Meßopfers) auf die
Priester; dagegen beschränkt sich die pot68t3.8 ^"^8-
diotioniä oder das Kirchenrcgiment auf Papst und
Bischöfe, welche in der durch die kirchliche Entwick-
lung bedingten Stufenfolge (Papst, Patriarchen
und Primaten, Erzbischöfe oder Metropoliten, Bi-
schöfe) die Iiiei-arcinH ^ui-iLäictioiiig bilden. Nach
derjenigen Theorie dagegen, welche im Gegensatze
zu dem sog. Episkopalsystem (s. d.) unter dem
Namen des Papalsystems (s. d.) bekannt ist,
kommt die pot63w8 ^iri8äicticmi8 dem röm. Papste
als dem Universalbischof ausschließlich zu, allen
übrigen Bischöfen aber nur als seinen Stellvertre-
tern und Bevollmächtigten, denen er einen Teil sei-
ner Gewalt so lange als er will übertragen kann.
Diese ihren Grundzügen nach schon in den Dekre-
talen des Pseudoisidor (s. d.), später insbesondere
von Gregor VII. und seinen Nachfolgern ausgebil-
dete Theorie wurde zwar jahrhundertelang in der
Kirche bekämpft, von den Päpsten aber mit seltenen
Ausnahmen folgerichtig festgehalten und schließlich
auf dem Vatikanischen Konzil 1870 dogmatisiert.
Was das Verhältnis der H. zum Staate betrifft,
so waren die Bischöfe und der Klerus im röm. Welt-
reiche Unterthanen des Kaisers, der sie einsetzen und
absetzen konnte, und so ist es in der Morgenland.
Kirche auch geblieben. Auch im abendländ. Römer-
reiche und in den Königreichen, in die dieses zer-
fiel, blieben die Landesherren die Herren der Bi-
schöfe, die ihre Vasallen waren. Selbst, die Erneue-
rung der rüm. Kaiserwürde im Abendlands änderte
daran nichts, und die neuen Kaiser behaupteten
ihre Hoheit auch anfangs über die Bischöfe von
Rom. Diese aber, besonders Gregor VII., Inno-
cenz III. und Bonifacius VIII., wendeten nun das
Princip der H. und der absoluten Gewalt des
Papstes auch nach außen, gegen den Staat, und
stellten die Ansicht auf, der Papst sei Statthalter
Gottes auf Erden, Besitzer aller Länder der Erde;
alle Kaiser und Könige hätten ihre Würden von
ihm, müßten seinen Befehlen gehorchen und könn-
ten von ihm gerichtet, abgesetzt, ihrer Länder be-
raubt und die Unterthanen von dem Eid der Treue
gegen sie entbunden werden. Hierdurch wurde die
Lehre von der absoluten Papstgewalt vollendet unv
nach dieser Lehre haben die Päpste thatsächlich meh-
rere Jahrhunderte lang die Welt beherrscht.
Der Protestantismus hob die ganze Grund-
lage der H. auf, indem er die Lehre von der göttlichen
Einsetzung des bischöfl. und priesterlichen Stan-
des und von besondern, dem Priesterstande verlie-
henen und durch die Weihe fortgepflanzten über-
natürlichen Gaben verwarf und denselben den
Grundsatz des Priestertnms aller Gläubigen nach
1 Petr. 2,5,9 gegenüberstellte. Das Amt der Geist-
lichen behielten die Protestanten als ein zur guten
Ordnung gehöriges bei, schränkten aber den Beruf
derselben ein auf das Lehren des Evangeliums und
auf die Verwaltung der Sakramente, wozu die
Geistlichen sich die nötigen Kenntnisse und Fertig-
keiten zu erwerben hätten. Die Protestanten haben
daher auch nur eine Ordination als äußere Ein-
führung ins Amt, durch welche keinerlei besondere
Gnadcngaben bewirkt werden. Die Berechtigung
der einzelnen Geistlichen zur Verwaltung des Amtes
leiten sie lediglich von der regelmäßigen Berufung
zum Amte ab. Auch sind die prot. Geistlichen der
Staatsgewalt ebenso unterworfen wie die Laien,
und es kann bei den Protestanten von einer Unter-
ordnung des Staates unter die Geistlichkeit gar nicht
die Rede sein. Nur die Anglikanische Kirche (s. d.)
hat den Satz beibehalten, daß das bischöfl. Amt eine
göttliche Institution sei, deren Berechtigung durch
die Weihe und deren ununterbrochene Succession
erteilt und fortgepflanzt werde. Die neuluth. Ver-
suche zur Wiederherstellung hierarchischer Ordnun-
gen im Protestantismus sind bisher vereinzelt und
erfolglos geblieben.
Hieraticum, soviel wie Vema (s. d.).
Hieratischer Stil, s. Archaistischer Stil.
HiLratische Schrift, s. Hieroglyphen.
Hierne, s. Hibernia.
Hieroi. (grch.Hieron), Tyrann von Syrakus,
erhielt durch seinen Bruder Gelon 485 v. Chr.
die Statthalterschaft in Gela und ward nach dessen
478 erfolgten Tode Alleinherr in dem Reiche von
Syrakus. Hierauf versetzte er 476 die Einwohner
von Naros und Katana aus ihren Städten nach
Leontini; doch wurde die Kolonie, die er nach Ka-
tana führte, das er nun Mna nannte, nach seinem
Tode von den zurückkehrenden Katanä'ern wieder
vertrieben. Ein Seesieg, den seine und die Flotte
von Kyme (Cumä) über die Etrusker 476 erfocht,
beraubte diese der Oberherrschaft in dem Tyrrheni-
schen Meere. Er besiegte 472 den Thrasydäus, der
ftinem Vater Theron in der Herrschast über Akragas
gefolgt war, und machte diese Stadt von Syrakus
abhängig. H. schätzte die Wissenschaft und Kunst und
zog Dichter wie Epicharmus, Simonides, Aschylus,
Vacchylides und Pindar, der seine in den griech.
Wettspielen errungenen Siege besang, an seinen Hof.
H. starb 467 v. (5hr. zu Ätna und vererbte sein
Reich auf seinen Bruder Thrasybul. - Vgl. Hense,
1)6 Hierons I. (Münst. 1862); Holm, Geschichte
Siciliens, Bd. 1 (Lpz. 1870).
Hieroll., Herrscher von Syrakus (275-215
v. Chr.), geb. um 306 v. Chr., der Sohn des Sy-