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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Höfte - Hogarth
Höfte, s. Buhne.
Hoftrauer, ein Teil der Hofetikette, von der
Landestrauer (s. d.) zu unterscheiden. Es ist Sitte,
daß die einzelnen Höfe bei Todesfällen fürstl. Per-
sonen wechselseitig Trauer anlegen. Die Zeitdauer,
wie die Art dieser Trauer ist durch Trauerreglements
bestimmt; in Specialfällen wird sie durch den Ober-
ceremonienmeister mittels sog. Hofansagen den
Beteiligten bekannt gegeben. Sie ist betreffs der
Länge der Zeit ^e nach dem Range des Verstorbenen
verschieden; ber längern Zeiträumen ist eine Ab-
stufung üblich. Die Trauer findet durch das An-
legen der vorgeschriebenen Trauerkleidung (ein-
schließlich schwarzer Handschuhe, Fächer, eines Flors
u. s. w.) ihren Ausdruck; rauschende Festlichkeiten,
Theaterbesuch u. s. w. unterbleiben. Doch wird die
Trauer manchmal auf Allerhöchsten Befehl für be-
stimmte Tage abgelegt.
Hofüf, El-, arab. Stadt, s. El-Hasa.
Hof- und Gerichtsadvokaten, in Österreich
üblicher, aber nicht besonders verliehener Titel der-
jenigen Advokaten (Rechtsanwälte), welche in Wien,
Linz, Salzburg und Graz fungieren; andere österr.
Advokaten führten je nach den Behörden, bei welchen
sie zugelassen waren, den Titel Hofkriegsadvo-
katen, Gerichtsadvokaten, Landesadvo-
katen, Provinzialadvokaten, Stadtadvo-
katen, Konsistorialadvokaten. Nachdem die
Advokatenordnung vom 6. Juli 1868 den Grundsatz
ausgesprochen hat, daß das Vertretungsrecht eines
(in die Liste eingetragenen) Advokaten sich auf alle
Gerichte und Behörden sämtlicher im Reichsrate ver-
tretenen Königreiche und Länder erstreckt, hat jener
Titel eine praktische Bedeutung nicht mehr. Er wird
aber thatsächlich weiter geführt.
Hof- und Staatsbuchdruckerei, K. k., in
Wien, 1804 von Joseph Vincenz Degen (geb.
11. März 1763 zu Graz, gest. 5. Okt. 1827) gegrün-
dete, aber erst 1814 vom Staat übernommene Buch-
druckerei. Sie hob sich besonders unter der Leitung
von Alois Auer (s.d.) und umfaßt in einem eigenen
großen Gebäude (erbaut 1891) Buch-, Stein-,
Kupferdruckerei, Schriftgießerei, Kupferstechers,
Holzschneiderei, Photographie, Lichtdruck, Zink-
ätzung, Galvanoplastik, Photogravüre und Buch-
binderei mit 2 Dampfmafchinen (300 Pferdekraft),
Dampfheizung, Gas- und elektrische Beleuchtung;
sie hat 4 Rotations-, 70 Flachdruckmaschinen, 35
Kupferdruckfchnellpressen, 6 lithogr. Schnellpressen,
20 Buchdruck-, 16 lithogr. und 3 Kupferdruckhand-
pressen, 16000 Bogen stehenden Satzes, etwa 1 Mill.
Stereotypen und Galvanos, 5000 Doppelcentner
Schrift, 1500 beschäftigte Personen und Kranken-
kasse. Direktor seit 1892 ist Hofrat Ottomar Volkmer.
Hergestellt werden besonders Schriftstücke der Re-
gierung, Wertpapiere und Briefmarken. Der Ver-
lag enthält Ausgaben von Gesetzen und Verord-
nungen, Karten, Porträts, Bocks "Kleinodien des
Heiligen Römischen Reichs", Wurzbachs "Biogr.
Lexikon des Kaisertums Österreich" (60 Bde., 1850
-91) u. a.
Hofwyl, früher Wylhof, ausgedehntes Land-
gut im Bezirk Fraubrunnen des schweiz. Kantons
Bern, 10 kni nördlich von Bern, unweit München-
buchsee. Hier gründete Fellenberg (s. d.) eine Muster-
wirtschaft und mehrere Bildungsanstalten, die jedoch
bald nach des Gründers Tode wieder eingingen. Nur
die eine derselben,eine Erziehungsanstalt für Knaben,
wurde 1856-80 wieder aufgenommen. In dem
Hauptgebäude befindet sich seit 1885 das Lehrer-
seminar des Kantons Bern, früher im Kloster zu
Münchenbuchsee.
Höganäs, s. Helsingborg.
Hogarth, William, engl. Zeichner, Maler und
Kupferätzer, geb. 10. Dez. 1697 in London, lernte
anfangs das Goldfchmiedegewerbe und widmete sich
nach überstandener Lehrzeit, um seinen Lebensunter-
halt zu gewinnen, dem Zeichnen und Kupferstechen.
Am besten gelangen ihm die Blätter zu Butlers
"I1ii(1idi-a8" (Lond. 1726). Hierauf versuchte er sich,
nachdem er bei James Thornhill das Malen erlernt
hatte, in der Bildnismalerei. In dieser Zeit ent-
wickelte sich sein außerordentliches Talent, die Thor-
heiten und Laster der Menschheit in Bildern darzu-
stellen. Sein Lebenslauf der Buhlerin (l734), eine
Folge von fechs Blättern, fand fchnell 1200 Besteller.
Von den Gemälden dazu wurden vier 1755 durch
einen Brand zerstört; in einer andern Folge von acht
Blättern schilderte er 1735 das Leben eines Lieder-
lichen. Nächst diesen sind unter den Blättern, welche
er 1733 - 38 lieferte, am berühmtesten: Der Jahr-
markt in Southwark, Die Punschgesellschaft, Der
Dichter in Not und Die Komödianten in der Scheune.
Seine Neigung zu karikieren mischte sich wider seinen
Willen auch in seine ernsthaften Kompositionen,
wie dies seine Bilder: Der Teich von Vethesda, Der
barmherzige Samariter u. s. w. beweisen. In der
frühern Richtung erschien von ihm ferner 1741 Der
wütende Musikant, 1745 sein berühmtestes Werk:
Die Heirat nach der Mode in sechs Blättern, wovon
die Bilder für die Nationalgalerie angekauft sind;
1747 Die Folgen des Fleißes und des Müßiggangs,
1749 Das Thor zu Calais, 1750 Der Marsch nach
Finchley in Schottland und 1751 Die vier Grade
der Grausamkeit. 1753 gab er seine "Zergliederung
der Schönheit" (deutsch von Mylius, Verl. 1754) in
Druck, worin er die Schlangenlinie als die ange-
nehmste Form für das Auge darstellte und sogar
die Linien bestimmen wollte, welche die Form des
Schönen enthielten. Die Zeitgenossen machten sein
System lächerlich; vernünftig ist aber in seinen
lehrhaften Schriften, daß er jede Nachahmung ver-
wirft und allein das Naturstudium als Grundlage
der Kunst gelten läßt. Hierauf erschienen 1755
Die Wahl eines Parlamentsgliedes in vier Blättern
und 1762 Die Zeitläufe, eine beißende Satire auf
Pitt. Vortreffliche Leistungen sind auch seine Bild-
nisse, bei denen er auf scharfe, ungeschmückte Wieder-
gabe der Wirklichkeit in Form und Farbe ausging.
Das Beste ist sein Selbstbildnis mit dem Hunde (in
der Nationalgalerie zu London). Mehrere bedeu-
tende Gemälde H.s wurden erst im 19. Jahrh, wie-
der aufgefunden, fo eine Reihe Plafondbilder in
einem Londoner Hause, die Launen Iortunas dar-
stellend, ein Vacchuszug und Garrick bei der Probe.
Er starb 26. Okt. 1764 zu Leicesterfields und wurde
zu Chiswick begraben, wo man ihm ein schönes
Denkmal errichtete.
H., der erste große nationale Künstler der Eng-
länder, hat namentlich große Verdienste als Sitten-
schilderer und Satiriker, er will mehr moralisch als
künstlerisch wirken. Er beherrschte die Technik der
Malerei, vernachlässigte sie aber nicht selten zu
Gunsten seiner moralischen Absichten. Seine höchst
charakteristischen und ausdrucksvollen, oft an die
Karikatur streifenden Bilder sind überaus wertvoll
zur Kenntnis engl. Lebens in der ersten Hälfte des
18. Jahrh. Unter den Erklärungen seiner Werke