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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Holzschnitt - Holzschuhe
Verbreiteter. Nicht nur wurden außer Bibeln und
Andachtsbüchern auch Chroniken, Bearbeitungen
der Klassiker, Romane, Natur- und Reisebeschrei-
bungen mit Abbildungen versehen, sonderil auch Ein-
Zelbliitter, Berichte wichtiger Ereignisse, Kalender,
namentlich Karikaturen wurden darin ausgeführt.
Inzwischen hatte aber der Kupferstich eine Aus-
breitung und eine Gunst gewonnen, die dem Holz-
schnitt rasch gefährlich werden sollten. Das Zeit-
alter wendete sich ihm wie mit einem Schlage zu,
und schnell sank der Holzschnitt von seiner Höhe
herab. Von den Büchern gingen zuerst die Titel an
den Kupferstisch über, dann auch die größeren innern
Bilder, und nur Culs-de-Lampe (Schluhuignetten)
und Zierstücke blieben der H., die nun meist hand-
werksmäßig gehandhabt wurde, da alle bessern
Kräfte sich der Kupferstechkunst zugewendet hatten.
Mit dem Dreißigjährigen Kriege ging die H. fast
völlig unter und beschränkte sich wieder auf das,
womit sie 200 Jahre früher begonnen, auf Fibeln,
Spielkarten, Kalender und Buchdruckerzieraten.
Nur ihre Fähigkeit, eine sehr große Anzahl von
Abdrücken zu erleiden und sich in den gewöhnlichen
Letternsatz zu schmiegen, hielt sie überhaupt. Erst
mit dem 18. Jahrh, begann die Wiederaufnahme
der H., und zwar durch die Engländer. Als der
Vater der neuern H. in England gilt Thomas Be-
wick ls.d.). Bewick ist der Bahnbrecher des Holz-
stichs, der Begründer des modernen Ton st ichs,
welcher es auf malerische Wirkung entsprechend
dem Entwicklungsgange der modernen Kunst über-
haupt abgesehen hat.
England besitzt auch heute noch auf xylographi-
schem Gebiet Künstler ersten Ranges, wie Wright,
Volton, I. Linton, I. und M. Jackson. Auch die
amerik. Holzfchneider, wie Will. Clofson, Th.Ionson,
R. Hoskins, W. Miller, Friedr. Jüngling und die
von Deutschland übergesiedelten Heinemann und
Müller leisten Vorzügliches; ebenso die Franzosen
Reynier, Lecoste, Porret, Gerard, Lepere und Baude.
Deutschland, lange Zeit von den engl., sranz. und
amerik. Holzstechern abhängig, hat doch seine Selb-
ständigkeit geltend gemacht. Schon im 18. Jahrh,
hatten llnger, Vater und Sohn, in Berlin die Bahn
gebrochen; ihnen waren Gubitz und linzelmann da-
selbst mit schönen Leistungen nachgefolgt. Aus ihrer
Schule sind mit Auszeichnung noch die Brüder Vogel
zu nennen, die Hauptverfertiger der Abbildungen
zu den Werken Friedrichs d. Gr., die Menzel zeich-
nete. In Wien übte Vlasius Höfel die H. mit großer
Virtuosität, in Leipzig Eduard Kretzschmar, später die
Xylographische Anstalt von I. I. Weber und Flegel,
in Darmstadt Pfnorr, in Braunschweig Vieweg und
Mezger, in Düsseldorf Brend'amour, in Dresden
Hugo Bürkner und Gaber, deren Schnitte nach Ludw.
Richterfchen Zeichnungen zu den besten ihrer Zeit ge-
hören. Ferner sind zu nennen: in Stuttgart Cloß,
in München Braun & Schneider und Knesing, in
Berlin Heuer <k Kirmse, Bong, in Leipzig Käse-
berg H Örtel, Gedan, F. A. Vrockhaus u. a.
Anstatt des Zeichnens auf die Holzplatten über-
trägt man jetzt vielfach Photographien oder Zeich-
nungen photographisch auf dieselben.
Die H. und die Herstellung von Abdrücken der
Holzschnitte haben in neuerer Zeit eine Reihe von
Verbesserungen technischer Art erfahren. Diese be-
stehen hauptsächlich in vollkommenern Werkzeugen,
Hilfsmaschinen und zweckmäßig konstruierten Druck-
pressen. Mittels dieser ist es gelungen, "farbigere",
dem Kupferstich und der Radierung in der Wirkung
nahe stehende Blätter zu schaffen, während man
früher die Aufgabe der H. nur darin sah, in breiten
und tiefen Schatten und derben Kontrasten jeden
Gegenstand auf charakteristische, in die Augen fal-'
lende Weise zu veranschaulichen.
Durch die sehr vervollkommnete Methode des Ab-
klatschens oder Clichierens (s. d. und Galvano-
Plastik) wurde es möglich, nicht nur die Platten illu-
strierter Werke an ähnliche Unternehmungen abzu-
treten, sondern auch der Originalausgabe, selbst wenn
sie bis auf viele tausend Exemplare stieg, stets
scharfe und gute Abdrücke zu sichern.
Vgl. Heller, Geschichte der H. (Bamb. 1823)-.
Schaßler, Die Schule der H. (Lpz. 1866); Weigel
und Zestermann, Die Anfänge der Druckerkunst in
Bild und Schrift (2 Bde., ebd. 1866); Holzschnitte
des 14. und 15. Jahrh, im Germanischen National-
museum l2Bde., 164Tafeln,Nürnb. 1875); Muther,
Die deutsche Vücherillustration der Gotik und Früh-
renaissance (2 Bde., Münch. und Lpz. 1884); C. von
Lützow, Geschichte des deutschen Kupferstichs und
Holzschnitts <Lpz. 1891); Hirthund Muther, Meister-
holzschnitte aus vier Jahrhunderten, 15. bis 18.
Jahrh. (Münch. und Lpz. 1893). Den umfassendsten
Überblick über die Entwicklung des modernen Holz-
schnittes bietet: Die vervielfältigende Kunst der
Gegenwart, Bd. 1: Der Holzschnitt (Wien 1889).
Seit 1879 erscheinen bei I. I. Weber in Leipzig
die Meisterwerke der H. aus dem Gebiete der Archi-
tektur, Skulptur und Malerei (bis 1893:15 Bde.).
Holzschnitt, das mittels der Holzschneidekunst
(s. d.) auf einem Holzstock erzeugte Büd zur Ver-
vielfältigung durch den Druck.
Holzschnitzerei, Bezeichnung für alle aus Holz
geschnitzten Arbeiten, besonders für diejenige In-
dustrie, welche mittels des Schnitzmessers hergestellte
gröbere Arbeiten liefert, wie Holzschuhe, Schaufeln,
Rechen, Heugabeln, Mulden, Tröge, Teller, Löffel
u. s. w. (s. Holzwaren). Mit der Herstellung kunst-
voller Gegenstände befaßt sich die Holzbildhauerei
(s. d.) und die Bildschnitzerei (s. d.). (S. auch Holz-
industrieschulen.) - Vgl. Stockbauer, Die H. und
damit zusammenhängende Arbeiten (Lpz. 1887).
Holzschrauben, s. Schrauben.
Holzschreier, f. Heher.
Holzschuh, Dietrich, auch wohl Tile Kolup
genannt, einer der falschen Friedriche, die den Volks-
glauben von der Wiederkunft des Kaifers Fried-
rich II. benutzten und sich für diesen ausgaben. Zu-
erst tauchte er 1284 in Köln auf, wo er dem Gespött
des Volks preisgegeben, in eine Kloake getaucht und
dann aus der Stadt gejagt wurde. In Neuh fand er
dagegen viel Anhang. Im Sommer 1285 zog er nach
Wetzlar, wo er, im Besitz reicher Geldmittel, über
deren Herkunft nichts Gewisses zu ermitteln ist,
förmlich Hof hielt und Privilegien unter königl.
Siegel verlieh. König Rudolf von Habsburg rückte
vor die Stadt und erlangte durch Vermittelung des
Rats, daß sich H. ergab. Auf der Folter gestand er,
als Diener Friedrichs II. sich eine genaue Kenntnis
dessen, was am Hofe vorging, verschafft zu haben.
Er wurde als Ketzer verbrannt. - Vgl. Meyer, Tile
Kolup, der falsche Friedrich (Wetzlar 1868); Petri,
DerfalscheFriedrich(inder"ZeitschriftdesBergischen
Geschichtsvereins", Bd. 2, Bonn 1864).
Holzschuhe, aus Holz gearbeitete, grobe Fuß-
bekleidung, welche entweder von Hand im Wege der
Hausindustrie oder mittels Kopiermaschinen (s. d.)